ARD pikiert, DFB in der Pflicht Klopps Kritik sorgt für Aufregung
08.02.2012, 16:13 Uhr
Sauer in Kiel: BVB-Coach Jürgen Klopp war zufrieden mit seiner Mannschaft und empört über den Rasen.
(Foto: dpa)
Nach dem Pokal-Viertelfinale in Kiel fordert BVB-Coach Jürgen Klopp vom DFB, Spiele ohne Rasenheizung künftig nicht mehr zu erlauben. Für seine Aussage, eine Absage der Partie auf katastrophalem Platz habe das Fernsehen verhindert, erntet er Widerspruch.

Die Platzverhältnisse in Kiel waren irregulär, weil der Platz an manchen Stellen gefroren war und an anderen nicht.
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Mit einer Schimpfkanonade auf "Football on Ice" hat Jürgen Klopp die nationalen TV-Sender aufgescheucht, den Deutschen Fußball-Bund (DFB) unter Druck gesetzt und die drei restlichen Pokal-Viertelfinals - Hertha BSC - Mönchengladbach, 1899 Hoffenheim - Greuther Fürth (beide 19 Uhr) und VfB Stuttgart - FC Bayern (20.30 Uhr/alle im n-tv.de Liveticker) - in den Hintergrund gerückt.
"Unter normalen Umständen war dieser Platz nicht zu bespielen. Aber der Schiedsrichter hatte keine Handhabe für eine kurzfristige Absage, weil es ein Live-Spiel im Fernsehen war", wetterte Jürgen Klopp trotz des standesgemäßen 4:0 (2:0) von Borussia Dortmund im Pokal-Viertelfinale bei Holstein Kiel über die irregulären Platzverhältnisse. Er wolle "ja nicht wie ein schlechter Verlierer" wirken, ergänzte Sieger Klopp, aber die Verletzungsgefahr sei "zu groß" gewesen und der DFB daher in der Pflicht.
"Im Winter gehört eine Rasenheizung dazu. Das muss Pflicht sein. Da muss der DFB reagieren. Und wenn es keine Rasenheizung gibt, muss eben woanders gespielt werden", forderte er. "Man spielt auch nicht Eishockey auf Rasen. Das ist im Profi-Fußball nicht in Ordnung." Bayer Leverkusens Trainer Robin Dutt hat Verständnis für die harschen Worte von Klopp. "Es muss erst jemand auf den Kopf fallen, damit sich etwas ändert. Ich kann sowieso nicht verstehen, warum in den Monaten zwischen Mai und August kein Fußball gespielt wird", sagte der Fußball-Lehrer.
"Einfluss ist null Komma null"
Während sich der DFB nach Klopps Tiraden "mit der Frage, ob eine Anpassung der Durchführungsbestimmungen sinnvoll wäre", beschäftigen will, wies die ARD den Vorwurf vehement zurück, auf die Austragung des Pokalspiels gepocht zu haben. "Unser Einfluss ist null, null Komma null", erklärte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. "Der Schiedsrichter stimmt sich nicht mit uns ab, und das völlig zu Recht." Balkausky widersprach auch der Vermutung, dass TV-Sender Druck auf Veranstalter von Sportereignissen ausüben, die im Fernsehen gezeigt werden. "Das ist eine große Mär. Wir entscheiden nicht, ob irgendwelche Sportveranstaltungen stattfinden."
Die Verantwortlichen der Kieler hatten alles Erdenkliche getan, um nach den Cup-Coups gegen Cottbus (3:0), Duisburg (2:0) und Mainz (2:0) auch das "Spiel des Jahres" gegen den Meister im kleinen Holstein-Stadion absolvieren zu können. Da die Arena aber über keine Rasenheizung verfügt, wurde wie vor dem Mainz-Spiel im Dezember ein 8000 Quadratmeter großes Klima-Zelt gemietet. Erst drei Stunden vor Anpfiff wurde es entfernt, und das kürzlich frisch verlegte Grün wirkte wie ein Teppich. Allerdings lag in den Nächten zuvor die Temperatur bei minus zehn bis minus 15 Grad, so dass das Spielfeld an einigen Stellen weich und an anderen "wie Beton" (Klopp) gewesen sei.
"Da brauchst Du in der Mitte Noppen, außen Bürsten - solche Schuhe gibt es gar nicht", meinte Trainer-Zeugwart Klopp. Seine Asse stellten sich wie von ihrem Trainer gefordert ("Notfalls hätten wir auch auf dem Parkplatz gespielt") den schwierigen Bedingungen und spulten ihr Programm konzentriert und routiniert herunter. Nach Toren von Robert Lewandowski (11.) und Shinji Kagawa (18.) war früh alles klar. Lucas Barrios (80.) und Ivan Perisic (87.) trafen später ebenfalls.
Dicke Luft in Hoffenheim und Berlin
Um die verbliebenen drei Halbfinal-Plätze duellieren sich noch sechs Teams. Der sportlich stagnierende Erstligist 1899 Hoffenheim, bei dem Mäzen Dietmar Hopp mit seiner offenen Kritik an Trainer Holger Stanislawski für Aufsehen gesorgt hatte, empfängt ab 19 Uhr den Zweitligisten Greuther Fürth. Ein Sieg ist Hopp Pflicht: "Wir müssen gegen Fürth gewinnen. Wer weiß, wann diese Chance wiederkommt." Das Erreichen des Endspiels in Berlin nennt Hoffenheims Finanziert gar "meinen Traum". Manager Ernst Tanner sprach von einer "historischen Chance".

Noch ganz frisch im Amt und schon unter Druck: Herthas punktloser Neucoach Michael Skibbe.
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Hertha BSC, das unter Neu-Trainer Michael Skibbe mit drei Niederlagen in die Bundesliga-Rückrunde fehlgestartet war, hat das Überraschungsteam Borussia Mönchengladbach mit Ex-Hertha-Coach Lucien Favre zu Gast. Die Favoritenrolle scheint klar verteilt, doch Skibbe hat eine eigene Rechnung. Sie lautet: "Wir sind in einem anderen Wettbewerb. Und da haben wir drei Spiele hintereinander gewonnen." Falls diese Siegesserie reißt und Herthas Traum vom Heim-Pokalfinale platzt, könnte Skibbes wackliger Stuhl schon kippen, glaubt auch er selbst: "Ich kann nicht beantworten, was passiert, wenn wir dieses Spiel verlieren." Anpfiff in Berlin ist um 19 Uhr.
FC Bayern will explodieren
Abgeschlossen wird das Pokal-Halbfinale mit dem Südklassiker zwischen dem VfB Stuttgart und dem von der Bundesliga-Tabellenspitze gestürztem FC Bayern, der im Pokal Frustbewältigung betreiben will. "Meine Mannschaft weiß, um was es geht. Wir haben im Pokal Ambitionen und wollen weiterkommen. Ich bin voller Optimismus", sagte Heynckes mit Bestimmtheit und setzt darauf, dass Franck Ribéry, Arjen Robben und Co. im Südderby "explodieren". Nationalkeeper Manuel Neuer ist jedenfalls überzeugt, "dass vorne der Knoten platzen wird".
Dies wird auch nötig sein, um die angespannte Situation beim FC Bayern nicht noch weiter zu verschärfen. Schon jetzt häufen sich nach dem Verlust der Tabellenführung die kritischen Stimmen. "Wir stehen unter Druck und haben ein bisschen was gutzumachen. Wir sind am Zug und müssen so schnell wie möglich in die Erfolgsspur zurück und eine Runde weiterkommen. Wir dürfen uns keine Fehler erlauben", forderte deshalb Neuer.
Quelle: ntv.de, sid/dpa