Kreative Lösung im Transferstau Kovac entwirft "Notfall-Plan" für FC Bayern
04.07.2019, 17:22 Uhr
In den taktischen Überlegungen von Trainer Niko Kovac spielt der flexible Joshua Kimmich eine zentrale Rolle.
(Foto: imago images / ActionPictures)
Vier neue Spieler hatte Trainer Niko Kovac zuletzt gefordert - dieser Wunsch wird dem Trainer des FC Bayern aber womöglich nicht erfüllt. Die Klubbosse legen nun die ideale Kadergröße fest - was zu gravierenden Umstellungen im Team führen könnte. Zur Freude von Joshua Kimmich.
Franck Ribéry hatte den FC Bayern ermahnt: "Investieren und nachrüsten" legte er den Verantwortlichen des Fußball-Bundesligisten erst gestern via "Sport Bild" als Handlungsempfehlung nahe. Gerade auf den offensiven Bahnen, seinem zwölf Jahre intensiv beackerten Habitat beim Rekordmeister, sieht er akuten Bedarf. Zwar seien Kingsley Coman und Serge Gnabry richtig gute Jungs, aber noch unerfahren und auch anfällig für Verletzungen. Und weil er selbst sowie auch Arjen Robben nicht mehr aushelfen dürfen, muss dringend Ersatz her. Den fordert auch Trainer Niko Kovac, insgesamt hätte er gerne noch vier Profis.

Bis Ende Juli würde Uli Hoeneß gerne alle Transferaktivitäten beim FC Bayern beendet sehen - eine große Aufgabe für Sportdirektor Hasan Salihamidzic.
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19 Feldspieler, so hatte der Kroate dem "Kicker" vergangene Woche erklärt, bräuchte es schon, um die kommende Saison stabil bestreiten zu können. Aktuell kommt er nach den Abgängen von eben Ribéry und Robben sowie Mats Hummels, Rafinha und James Rodriguez auf 17 Profis. Zieht man die kaum noch motivierten Jérôme Boateng und Renato Sanches ab, hätte er sogar lediglich 15 Mann für die Abteilungen Abwehr, Mittelfeld, Sturm, darunter auch die bislang nicht etablierten Talente Alphonso Davies und Jann-Fiete Arp. Bis zum 2. September hat der Deutsche Meister nun noch Zeit, die Kaderplätze zu besetzen. Präsident Uli Hoeneß würde es indes deutlich lieber sehen, wenn alle Aktivitäten bis Ende Juli abgeschlossen wären.
Ein bis drei Transfers muss Sportdirektor Hasan Salihamdizic also in den nächsten Wochen noch eintüten. Auf 18 Profis für das Feld habe man sich intern geeinigt, berichtet der "Kicker" nun. Eine Größe, die das Problem der in der vergangenen Saison häufiger aufkeimenden Unzufriedenheit eindämmen soll. Es bleibt eine dennoch komplizierte Aufgabe, wie der medial ausführlich begleitete Absagenhagel vermuten lässt. Zwar haben die Münchener ihr Werben um die Außenspieler Leroy Sané, Ousmane Dembélé und Callum Hudson-Odoi nach wie vor nicht eingestellt, besonders optimistisch wirken sie aber nicht. Der ebenfalls gehandelte Rodrigo, ein Mann indes fürs Mittelfeldzentrum, hat bereits Manchester City zugesagt.
Neue Rollen für Kimmich und Alaba
Kovac entwirft, so nennt es der "Kicker", bereits einen "Notfall-Plan". Eine Veränderung des taktischen Systems in Teilzeit. Die Einführung der Dreierkette mit dem unumstrittenen Abwehrchef Niklas Süle und seinen neuen, weltmeisterlichen Adjutanten Benjamin Pavard und Lucas Hernandéz. Es ist vorwiegend ein Plan, um den Mangel an starken Alternativen in der Offensive bei Bedarf korrigieren zu können. Coman und Gnabry könnte Kovac mit dieser Variante eines im Zentrum sehr kompakten Mittelfelds Pausen ermöglichen, da bei Systemen wie 3-4-2-1- oder 3-5-2 kein zwingender Bedarf an klassischen Offensiv-Flügelspezialisten besteht.
"Wenn wir keinen zusätzlichen Außenstürmer mehr bekommen, stellen wir von Fall zu Fall um", sagt Kovac. Flankiert würde die Dreier-Abwehrkette weiterhin von David Alaba auf der linken und Joshua Kimmich auf der rechten Abwehrseite. Beiden würde dann als Außenverteidiger aber eine deutlich offensivere Rolle zugedacht. Eine neue Rolle, die sie wegen ihres ausgeprägten und oft schon erfolgreich eingebrachten Drangs nach vorne mühelos erfüllen können. Ein System, was zuletzt auch in der DFB-Elf erprobt und für zukunftsfähig erachtet wurde.
Allerdings ohne Kimmich. Der hat sich nach seinen wilden Offensiv-Ausritten bei der vergeigten WM in Russland im vergangenen Jahr im zentralen Mittelfeld neben Toni Kroos festgespielt. Bundestrainer Joachim Löw sieht die Stärken des 24-Jährigen, seine Beidfüßigkeit, seine Antizipationsgabe, seine große Sicherheit im Passspiel und sein Zweikampfverhalten dort besser eingebracht. Ein Positions-Szenario, das Kovac nun auch beim FC Bayern zumindest sporadisch für möglich hält, auch wenn die "Sechs" eigentlich prominent besetzt ist: Javi Martinez (klassisch), Thiago, Leon Goretzka und Corentin Tolisso (flexibel zwischen "Sechs" und "Acht") - und Renato Sanches (klassisch) ist im Moment ja auch noch da. Anstelle von Kimmich würde dann Pavard hinten rechts verteidigen. Ein Job, den er in Russland bereits weltmeisterlich erledigt hatte. Diese Konstellation würde allerdings eine Lücke ins bayerische Dreier-Abwehrzentrum reißen.
Ob der Notfallplan wirklich greifen muss? Immer noch hallen die Worte von Hoeneß aus dem Frühjahr nach, der das große "Klotzen" mit dem "größten Investitionsprogramm" der Klubgeschichte für diesen notwendigen Umbruchsommer ausgerufen hatte. Allerdings hatte er offenbar deutlich unterschätzt, wie sehr der Transfermarkt jegliches Maß verloren hat. Vorstandskollege Karl-Heinz Rummenigge relativierte schon: "Der Markt hat eine ungesunde Größe angenommen." Gute Chancen, Stars nach München zu locken, sieht er allerdings weiterhin. Dem Klubmagazin "51" sagte er: "Barcelona hat den Slogan 'Mes que un club' - 'mehr als ein Klub'. Das trifft genauso auf den FC Bayern zu. Wir pflegen unsere Kultur. Auch in Zukunft werden wir Top-Spieler finden, die im FC Bayern mehr sehen als nur einen Fußballverein."
Quelle: ntv.de