Kaum einer pfeift auf Neuer Lahm findet das Haar in der Suppe
03.09.2011, 07:05 Uhr
Zwei glückliche Schützen: Podolski und Özil.
(Foto: dpa)
Lukas Podolski schießt beim 6:2 der deutschen Fußball-Nationalelf ein Tor, sein Team qualifiziert sich für die Europameisterschaft - und er plaudert hinterher über den 1. FC Köln. Ansonsten ist Manuel Neuer alles andere als ein rotes Tuch, und dass Philipp Lahm mitspielt, bemerkt kaum einer. Die deutschen Spieler in der Einzelkritik.
Manuel Neuer: War bei seinem 22. Länderspiel kein rotes Tuch für die Zuschauer. Nicht nur, weil er ein grünes Torwarttrikot trug. Sondern vor allem, weil das Spiel zwar in stattfand, die knapp 54.000 Zuschauer in der Mehrheit aber keine Schalker waren. So regte sich auch niemand hörbar auf, dass er, aufgewachsen in Gelsenkirchen-Buer, nun für den FC Bayern in München spielt. Ein Problem aber bleibt: Er wird kaum geprüft - und ist bei den Gegentoren machtlos. Fand’s aber dennoch gut.
"Ich hatte keine Ahnung, was mich hier in Gelsenkirchen erwartet. Aber die Fans haben mich toll empfangen. Das macht mich glücklich."
Mats Hummels: Spielte in der Innenverteidigung, obwohl viele dort Per Mertesacker erwartet hatten. Wurde als Dortmunder auf Schalke nicht ausgepfiffen. Auch sonst gab es wenig Anlass dazu, auch wenn er einen nicht ganz so souveränen Eindruck machte wie in der Meistersaison mit dem BVB. Wirkte allerdings beim zweiten Tor der Österreicher arg überrascht und fehlplatziert.
Holger Badstuber: Spielte in der Innenverteidigung, das hatte auch niemand anders erwartet. Zumal Bundestrainer Joachim Löw stets betont, wie viel er von ihm hält. Bereitete nach einer knappen halben Stunde und einem energischen Vorstoß das 3:0 durch Lukas Podolski brillant vor. Ansonsten souverän wie der Kollege Hummels, nur beim zweiten Tor der Österreicher eben nicht. Dennoch keine Pfiffe, hat aber auch nie in Gelsenkirchen gespielt.
Benedikt Höwedes: Durfte in der ersten Halbzeit auf der rechten, also der Problemseite der DFB-Elf, verteidigen. Machte das gut, auch wenn er bisweilen ein wenig übereifrig wirkte. Aber wer will ihm das verdenken, als Schalker auf Schalke? Musste zur Pause angeschlagen raus, Muskelprobleme. Für ihn kam Jerome Boateng, der andeutete, dass er gute Chancen hat, auf dieser Position zur Dauerlösung zu werden - sofern nicht Philipp Lahm demnächst dort wieder spielt. Und so lange er nicht allzu oft in die Offensive geht. Das kann er nämlich nicht so gut.
Philipp Lahm: Hatte in seinem Buch "Der feine Unterschied" keinen aktuellen Schalker kritisiert, wurde ebenfalls nichts ausgepfiffen. Spiele solide, aber unauffällig und unspektakulär. Fand ein Haar in der Suppe:
"Als Verteidiger ärgert man sich natürlich über Gegentreffer." Kaum nennenswerte Aktionen in der Offensive. Das Publikum hat wahrscheinlich gar nicht gemerkt, dass er dabei war.
Bastian Schweinsteiger: Wirkte nur bisweilen in seinem Spiel als Absicherung vor der Abwehr ein wenig arrogant, seine Pässe kamen selten nicht dort an, wo sie hätten ankommen sollen. Steigerte sich im Laufe des Spiels, lief viel und hielt der Offensivabteilung den Rücken frei. Das ist schließlich auch sein Job.
Toni Kroos: Guter Mann. Wurde vom Bundestrainer vor der Partie ausdrücklich gelobt und erwiderte die Komplimente mit einem fleißigen, guten Spiel zwischen dem defensiven Mittelfeldspieler Schweinsteiger und dem offensiven Mittelfeldspieler Mesut Özil. Wurde sechs Minuten vor dem Ende der Partie vom Dortmunder Wunderkind Mario Götze abgelöst. Dessen Einwechslung feierten die Fans geradezu frenetisch. Können also gar keine Schalker gewesen sein. Und Götzes Tor zum 6:2 – Zucker!
Mesut Özil: Die Zuschauer feierten den Ex-Schalker. Allerdings nicht, weil er ein Ex-Schalker ist, sondern weil er eine überragende Partie lieferte und zweidreiviertel Tore erzielte. Der Ball ist sein Freund, keine neue Erkenntnis, aber immer wieder schön anzusehen. Sagte hinterher brav, dass es überhaupt keine Rolle spiele, wer die Tore erzielt. Und kündigte an:
"Unser Ziel muss es nun sein, den EM-Titel zu holen. Wir wissen, was wir können."
Lukas Podolski: Plauderte hinterher mit den Journalisten schon wieder über den FC. Kölner halt. Wurde von Bundestrainer vor dem Spiel ausdrücklich getadelt. Beantwortete den Warnschuss mit einem seiner besseren Länderspiele. Und holte mit seinem 43. Tor in der Nationalelf Uwe Seeler ein. Hat sich wohlgefühlt: "Es war ein schöner Fußballabend." War mit sich zufrieden: "Ich habe das Vertrauen vom Bundestrainer und ich glaube, dass ich das bestätigt habe." Und kündigte an: "Bei der EM gehören wir sicher zum Favoritenkreis, wir wollen natürlich den Titel."
Für ihn kam eine Viertelstunde vor dem Ende, wie schon beim 3:2 gegen Brasilien, der Leverkusener André Schürrle auf den Platz. Und erzielte, wie schon gegen Brasilien, ein Tor.
Thomas Müller: Zusammen mit Özil der Beste auf dem Rasen. Lief unheimlich viel und sorgte im rechten Mittelfeld ständig für Wirbel. Bereitete zwei Minuten nach der Pause mit Köpfchen das 4:1 durch Özil vor.
Miroslav Klose: Machte das, was er immer macht: Er erzielte ein Tor. Allerdings hatte er diesmal bei Özils Schuss höchstens den kleinen Zeh am Ball, aber die Uefa entschied: sein Tor. Das 62. im 111. Spiel. Sagte hinterher: "Ich denke, dass ich den Ball am Knöchel noch berührt habe, aber letztlich ist das egal." Wenn er so weiter macht, holt er Gerd Müller doch noch ein.
Quelle: ntv.de