Historische Niederlage gegen Polen Löw-Team setzt sein Warschau-Trauma fort
11.10.2014, 23:11 Uhr
Torwart Manuel Neuer wirkt nach der Partie etwas ratlos.
(Foto: dpa)
Ausgerechnet in Warschau: Dort wo die deutschen Nationalspieler vor zwei Jahren ihre Hoffnungen auf den EM-Titel begraben mussten, kassieren sie jetzt erneut eine bittere Pleite. Für die Polen bringt die Partie dagegen eine Erlösung von einem lange währenden Trauma.
Manche Dinge brauchen länger als andere. Dass es bis zum ersten polnischen Sieg gegen eine deutsche Fußball-Nationalmannschaft aus der Sicht der Fans viel zu lange gedauert hatte, war am Samstagabend in Warschau nicht zu überhören. Als Schiedsrichter Pedro Proenca um 22.37 Uhr für Polen einen historischen Fußballabend gegen Weltmeister Deutschland perfekt machte, ging sein Pfiff in einem ohrenbetäubenden Jubelorkan unter. Schon die Tore von Arkadiusz Milik (51.) und des eingewechselten Sebastian Mila (89.) waren frenetisch bejubelt worden.

2:0 gegen den Nachbarn Deutschland zu gewinnen - das ist für die polnischen Fußballer eine große Sache.
(Foto: REUTERS)
Für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft heißt es nach dem 0:2 in Warschau hingegen: zweites Spiel, erster Dämpfer auf dem Weg zur Fußball-EM 2016. Durch die Niederlage verpasste das DFB-Team in Qualifikationsgruppe D den angestrebten Sprung auf Platz 1, den die Polen übernahmen (6 Punkte, 9:0-Tore). Irland ist mit sechs Punkten und 9:1 Toren Zweiter vor Weltmeister Deutschland (3 Punkte, 2:2). Zudem verpasste es das Team von Bundestrainer Joachim Löw, die Schmach des in Warschau verlorenen EM-Halbfinals 2012 gegen Italien zu tilgen.
Am Ort der bislang letzten deutschen Pflichtspielniederlage endete für den Weltmeister eine Serie von 18 Pflichtspielen ohne Niederlage. Für Bundestrainer Joachim Löw, der gegen Italien 2012 eine der schwersten Niederlagen seiner Karriere erlitten hatte, darf Warschau weiterhin nicht als enttraumatisiert gelten. Polen nutzte derweil die Gunst der Stunde feierte gegen einen wenig weltmeisterlichen Weltmeister das Ende einer tiefschwarzen Serie: Nach 81 Jahren und 18 vergeblichen Anläufen bedeutete das 2:0 den ersten Sieg über Deutschland überhaupt.
Es fehlen Ideen und Tempo
Der Erfolg war nicht unverdient, aus Sicht der deutschen Mannschaft aufgrund eines klaren Chancenplus' aber auch unnötig. Mehr als die Niederlage dürfte Löw deshalb beschäftigen, dass die Umbauarbeiten in seinem durch Verletzungen und Rücktritte personell gebeutelten Weltmeisterteam langsamer vorangehen als erhofft. In Abwesenheit von WM-Stammspielern wie Sami Khedira und Mesut Özil und nach dem Rücktritt von jahrelangen Fixpunkten wie Philipp Lahm und Miroslav Klose misslang in Warschau der Versuch, wie zum Quali-Start gegen Schottland vorerst mit fußballerischem Pragmatismus zum Erfolg zu kommen.
Allerdings machte sich das DFB-Team das Leben in Warschau selbst schwer. Gegen wie erwartet tief stehende und auf Konter lauernde Polen fehlten in der ersten halben Stunde Ideen und Tempo, um hinter die Abwehrreihe zu kommen. Erst nach einer Chance für Thomas Müller, der nach einem abgefälschten Schuss das 1:0 auf der Fußspitze hatte, übernahm das DFB-Team die Spielkontrolle.
Zum Pechvogel avancierte dabei Debütant Karim Bellarabi, der in der deutschen Startelf den Vorzug vor Lukas Podolski erhalten hatte. In der 37. und 45. Minute hätte der Leverkusener sein Premierenspiel mit einem Tor krönen können. Stattdessen wurden die Fehlversuche für Bellarabi der Auftakt zu einem Fußballabend, an dessen Ende er mehr Torschüsse abgegeben hatte als die gesamte polnische Mannschaft, aber wie das gesamte DFB-Team dennoch ohne Treffer blieb.
Ein Abend für die Ewigkeit
Der fiel in der 51. Minute etwas überraschend auf der Gegenseite. Nach Flanke von Lukasz Piszczek köpfte Arkadiusz Milik zum 1:0 ein. DFB-Keeper Manuel Neuer und Innenverteidiger Jérôme Boateng machten dabei keine gute Figur. Insgesamt leistete sich die DFB-Abwehr trotz der Rückkehr von Mats Hummels immer wieder Unsicherheiten. Vor allem Linksverteidiger Erik Durm wirkte wie schon gegen Argentinien mehrfach überfordert und ließ sich zu leicht ausspielen.
Auch vor dem 2:0 durch den polnischen Joker Sebastian Mila verlor Durm das entscheidende Duell gegen Robert Lewandowski, der dann mit viel Übersicht das vorentscheidende Tor vorbereitete. Zu diesem Zeitpunkt hätte es in Warschau aber auch schon 1:1 stehen können, doch Podolskis Volleyschuss landete in der 82. Minute nur an der Latte. Es war die beste Chance auf den Ausgleich in Warschau, der zumindest einen Punkt für den häufig zu ungestüm anrennenden Weltmeister bedeutet hatte. So feierte am Ende Polen einen Abend für die Ewigkeit.
Quelle: ntv.de