Fußball

Khedira droht das WM-Aus, DFB-Elf in Not Löw muss den Unersetzlichen ersetzen

Das Kreuz mit dem Bandriss: Die WM-Teilnahme ist für Sami Khedira ernsthaft in Gefahr.

Das Kreuz mit dem Bandriss: Die WM-Teilnahme ist für Sami Khedira ernsthaft in Gefahr.

(Foto: imago sportfotodienst)

Das Kreuzband ist durch, Sami Khedira fällt ein halbes Jahr aus. Ob das mit der WM was wird? Unwahrscheinlich. Jetzt hat der Bundestrainer ein Problem, auch andere Kandidaten für die Sechserposition sind verletzt. Ein Anruf beim BVB könnte der DFB-Elf helfen.

Italien - Deutschland 1:1 (1:1)

Italien: Buffon - Abate, Barzagli (ab 71. Ogbonna), Bonucci, Criscito - Marchisio, Montolivo, Pirlo (ab 82. Cerci), Motta - Osvaldo (ab 53. Candreva), Balotelli. - Trainer: Prandelli
Deutschland: Neuer - Höwedes, Boateng, Hummels, Jansen - Lahm, Khedira (ab 67. Sven Bender) - Müller (ab 87. Lars Bender), Kroos, Schürrle (ab 59. Reus) - Götze (ab 60. Özil). - Trainer: Löw
Schiedsrichter: Benquerenca (Portugal)
Tore: 0:1 Hummels (8.), 1:1 Abate (28.)
Zuschauer: 49.000

Sami Khedira muss sofort gemerkt haben, dass etwas Schlimmes passiert ist. Nach seinem missglückten Foulversuch gegen Andrea Pirlo lag er plötzlich selbst am Boden - und winkte sofort die Helfer herbei. Die trugen ihn vom Platz und brachten ihn ins Krankenhaus. Sein Kollege Jérome Boateng berichtete von einer gedrückten Stimmung in der Kabine. Die Diagnose kam dann am Morgen nach dem 1:1 (1:1) der deutschen Fußball-Nationalelf in Mailand gegen Italien. "Innenbandriss und Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie." Nun muss Sami Khedira um seine Teilnahme an der Weltmeisterschaft bangen.

Die ersten Prognosen klingen nicht gut, wenn es darum geht, ob der 25-Jährige von Real Madrid rechtzeitig für Brasilien wieder fit ist. Und nur darum geht es. Normalerweise fällt ein Spieler mit einem Kreuzbandriss sechs Monate aus. Bis zur WM im Juni nächsten Jahres sind es sieben Monate. Wenn Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt sagt, "wir haben die Hoffnung, dass er zu Beginn der WM wieder gesund ist", klingt das eher wie eine Beschwörung als eine valide Diagnose. Joachim Löw wirkt ebenfalls geknickt, wenn er sagt: "Das ist ein bitterer Rückschlag für Sami und uns alle." Auch der Bundestrainer hofft noch: "Er ist auf und neben dem Platz eine ganz große Kämpfernatur und Persönlichkeit. Er denkt immer positiv. Das wird ihm helfen."

"Das ist irgendwie die Grenze"

Aber was ist Sami Khedira als Antreiber auf der Sechserposition im defensiven Mittelfeld für die deutsche Mannschaft wert, wenn er ein halbes Jahr nicht ernsthaft Fußball gespielt hat? Gerade er, der zwischen beiden Strafträumen pendelt, der von seiner Dynamik, seinen kraftvollen Antritten und seiner Kompromisslosigkeit im Zweikampf lebt? Selbst wenn er die Faustregel außer Kraft setzt, dass ein Profi genau noch einmal die Zeit braucht, die er verletzt war, um zu seiner Form zu finden - Joachim Löw sollte sich nicht darauf verlassen, dass Sami Khedira das bis zur WM schafft. Zumal der Bundestrainer erst in der vergangenen Woche - auch mit Blick auf die ebenfalls verletzten Angreifer Miroslav Klose und Mario Gomez - über seine Patienten gesagt hatte: Wenn sie spätestens zur Rückrunde einsteigen und dann fünf Monate bis zur WM durchziehen könnten, sei das gerade noch so in Ordnung. "Das ist irgendwie die Grenze."

Sami Khedira wird diese Grenze weit überschreiten. Und Löw gehen die Kandidaten für diese Schlüsselpositionen aus. Dortmunds Ilkay Gündogan, der nach seinem überragenden Länderspiel beim 2:1 gegen Frankreich in Paris Anfang Februar schon als Nachfolger von Bastian Schweinsteiger gehandelt wurde, ist seit Monaten verletzt und wird voraussichtlich erst zu Beginn der Rückrunde wieder spielen können. Schweinsteiger selbst wurde gerade am rechten Sprunggelenk operiert, auch er nimmt wohl erst im kommenden Jahr einen neuen Anlauf nehmen. Einzig Toni Kroos ist eine ernsthafte Alternative. Und jetzt fällt auch noch Khedira aus. Nicht erst nach der Partie am Freitag beim 1:1 in Mailand, als er bis zu seiner Verletzung neben dem großartigen Italiener Andrea Pirlo auf dem Rasen des Giuseppe-Meazza-Stadions überragte, lautet das Fazit: Jetzt hat Joachim Löw ein echtes Problem - will er an seinem 4-2-3-1-System mit der Doppelsechs vor der Viererabwehrkette festhalten. Und das will er. Zumindest hat er nie etwas anderes behauptet. Er muss den Gesetzten, wenn nicht gar den Unersetzlichen ersetzen.

Was ist eigentlich mit Kevin Großkreutz?

Also muss Löw sich nach anderen Lösungen umschauen. Zwei davon hat er im aktuellen Kader, beide durften gegen Italien spielen: Der Dortmunder Sven Bender kam nach 67. Minuten für Sami Khedira in die Partie, Zwillingsbruder Lars Bender, der für Bayer Leverkusen spielt, ersetzte für die letzten fünf Minuten Thomas Müller. Die Benders können das. Aber bisher hatte der Bundestrainer die Benders eher als Backup eingeplant - und nicht als Stammspieler. Bleibt noch die Lösung mit Kapitän Philipp Lahm. Zwar hatte Löw direkt nach der Partie in Mailand versichert, dass sein Kapitän demnächst ganz sicher wieder auf der rechten Abwehrseite verteidigen werde. Schließlich gelte: "Wenn alle fit sind, haben wir auch im Zentrum klasse Spieler." Da wusste er noch nicht, wie es um Sami Khedira steht.

Nun ist das mit der Aufstellung einer Fußballmannschaft ein bisschen so wie bei den Dominosteinen, die alle umfallen, wenn der erste kippt. Denn die Frage ist: Wer ersetzt Lahm rechts, wenn der wie beim FC Bayern unter Josep Guardiola im defensiven Mittelfeld spielt? Da könnte ein Anruf bei Borussia Dortmund helfen. Dort spielt ein Mann namens Kevin Großkreutz seit Wochen ausgesprochen stark - als rechter Verteidiger. Seit heute ist er ein ernsthafter Kandidat. Noch ist es nicht zu spät.

Quelle: ntv.de

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