Dortmunds Klassensprecher nur zweite Wahl Löw zeigt Hummels die Grenzen auf
10.09.2013, 15:13 Uhr
"Bei der Nationalmannschaft ist er ja noch nicht ganz so lange dabei": Mats Hummels.
(Foto: REUTERS)
Mats Hummels gilt als Anführer der Dortmunder in der DFB-Elf. Nun sitzt der Innenverteidiger nur noch auf der Bank, auch wenn es in der WM-Qualifikation gegen die Färöer geht. Der Dortmunder ist an einem wichtigen Punkt seiner Karriere.
Das mit der stehenden Null im WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich war für alle Beteiligten eine feine Sache. Und so wirkten die deutschen Nationalspieler allesamt zufrieden, als sie am späten Freitagabend nach dem souveränen 3:0 erst durch die Interviewzone der Münchner Arena und dann zum Bus des DFB-Teams schlenderten. "Das war wichtig und gibt uns Selbstvertrauen", sagte Jérome Boateng. Nur einer wollte nicht reden und ging wortlos von dannen. Aber was sollte Mats Hummels auch zum Spiel sagen, dem ersten seit März ohne Gegentor? Er saß ja die ganze Zeit auf der Bank.
Dafür redete Bundestrainer Joachim Löw nach der Partie: "Mats Hummels ist ein sehr guter Innenverteidiger. Ich habe ihn in den letzten Spielen bei Dortmund gesehen. Vielleicht hat er noch nicht die Sicherheit. Jérome Boateng hat aufgrund seiner Spiele bei Bayern diese Chance verdient." Nur: Mit dem Münchner Boateng hatten die meisten gerechnet. Dass Per Mertesacker, der Kapitän des FC Arsenal, neben ihm in der Zentrale verteidigte, war die eigentliche Überraschung. Der machte wie Boateng seine Sache gut. Löw erklärte Mertesacker wegen seines Ballgewinns im Mittelfeld sogar zum Urheber des dritten Tores, das der Münchner Thomas Müller erzielte: "Das ist offensives Verteidigen, was Per da gemacht hat." Eigentlich die Stärke von Mats Hummels, der als der Inbegriff des modernen Abwehrspielers gilt: souverän im Zweikampf, intelligent im Spielaufbau, sicher im Passspiel.
Wenn es schlecht läuft, ist es ein Wendepunkt
Wenn die DFB-Elf heute (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) in Torshavn gegen die Färöer spielt, geht es wieder um die Qualifikation zur Weltmeisterschaft, die in gut neun Monaten in Brasilien beginnt. Und wieder wird Mats Hummels auf der Bank sitzen. Das ist keine Krise. Aber es ist schon so, dass der Dortmunder mit seinen 24 Jahren an einem wichtigen Punkt in seiner Karriere angelangt ist. Wenn es schlecht läuft für ihn, ist es ein Wendepunkt. Denn bisher ging es für ihn nur bergauf. Dass er sich dabei das Image des Besserwissers und, wie die "Süddeutsche Zeitung" jüngst schrieb, Klassensprechers der Dortmunder Fraktion in der Nationalelf erarbeitet hat, hilft ihm jetzt nicht wirklich weiter.
Seit der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine galt er als Stammspieler - nachdem er Mertesacker verdrängt hatte. Mats Hummels wirkte stets wie einer, dem alles gelingt, der alles im Griff hat. Bis auf Antonio Cassano bei der Niederlage im Halbfinale gegen Italien vielleicht. Und der das auch selbstbewusst nach außen trägt. Das wird nun gegen ihn verwendet. Da mag viel Häme im Spiel sein, wie das nicht nur im Fußball so ist, wenn einer nicht mehr die Leistung bringt wie bisher. Im jüngsten Bundesligaspiel mit Borussia Dortmund beim 2:1-Sieg in Frankfurt wechselte sein Trainer Jürgen Klopp ihn nach schwacher Leistung und einer Gelben Karte zur Halbzeit aus. Ihn, den Unantastbaren.
Nicht der Prototyp des idealen Ersatzspielers
Prompt berichtete die "Bild"-Zeitung, beide hätten sich im Training gestritten. Darüber, dass der Abwehrspieler die Übungen demonstrativ lustlos absolviert habe. Manager Michael Zorc bescheinigte Mats Hummels jüngst, nicht die allerbeste Phase zu haben. Und nun also der Bundestrainer, der in dieser Woche noch einmal nachlegte. "Mats hat große Führungsqualitäten", sagte Löw dem Kölner "Express". Und ließ das große Aber folgen: "Bei der Nationalmannschaft ist er ja noch nicht ganz so lange dabei. Hier gibt es andere Führungsspieler, die Hierarchie ist eine andere als beim BVB." Dem "Münchner Merkur "sagte er, Hummels sei "ein sehr guter Innenverteidiger, der ein paar Dinge noch lernen kann". Klingt ein wenig, als wolle da jemand den vorlauten Klassensprecher zurechtstutzen. Und auch Konkurrent Mertesacker ließ es sich nicht nehmen, elegant darauf hinzuweisen, dass Mats Hummels nicht als einer gilt, der sich klaglos mit der Rolle als Ersatzspieler zufrieden gibt.
Er nannte zwar keinen Namen, mahnte aber den Teamgeist der Reservisten an. "Jeder geht anders damit um. Wichtig ist, dass man merkt, dass jeder das respektiert und den anderen den Erfolg gönnt. Jeder muss sich dem Team unterordnen. Wer das nicht kann, mit dem funktioniert es auch nicht bei der WM." Er, bemerkte Mertesacker süffisant, wisse schon "seit ich vier bin, dass immer nur elf spielen können und der Rest dahinter darauf brennen muss, wieder zu spielen".
Doch zumindest der Bundestrainer machte ihm auch Mut. "Die Entscheidung fällt jetzt noch lange nicht. Sie fällt immer in der Vorbereitung eines Turniers, weil man dort vier Wochen zusammen ist. Dort werden die Karten nochmal neu gemischt." Auch Mertesacker weiß: "Einspielen geht erst kurz vor dem Turnier los. Erst dann kristallisiert sich heraus, wer erste und zweite Wahl ist." Wohl wissend, dass er und der Kollege Boateng die Nase vorne haben. Im Moment.
Quelle: ntv.de, mit dpa und sid