Fußball

Mehr Erleichterung als Triumph Löws Sehnsucht nach Harmonie

Joachim Löw im Aviva-Stadion in Dublin.

Joachim Löw im Aviva-Stadion in Dublin.

(Foto: dapd)

Die deutschen Fußballer geben mit dem Kantersieg in Irland ihre Antwort auf die Diskussionen der jüngsten Zeit und überzeugen, Luxusdebatte hin, Teamgeistfrage her, mit schönem Spiel. Nur Bundestrainer Joachim Löw wirkt wenig enthusiastisch und spricht von einer schwierigen Phase.

Fast schien es so, als habe der Bundestrainer das schon mit dem Schlusspfiff abgehakt. Klar war er zufrieden. "Wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht und verdient gewonnen - auch in der Höhe. Wir haben die richtige Balance gefunden. Wir wussten, dass wir den Ball schnell laufen lassen, aber auch geduldig warten müssen." Aber tiefe Freude darüber, dass die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Dublin soeben auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien zugegeben überforderte Iren mit 6:1 (2:0) geschlagen hatte und nun mit neun Punkten die Qualifikationsgruppe C anführt, strahlte Joachim Löw nicht aus.

Irland - Deutschland 1:6 (0:2)

Tore: 0:1 Reus (32.), 0:2Reus (40.) , 0:3 Özil (55. Foulelfmeter), 0:4 Klose (58.), 0:5 Kroos (61.), 0:6 Kroos(83.), 1:6 Keogh (90.+2)

Irland: Westwood - Coleman, O'Shea, O'Dea, Ward - McCarthy, Andrews, Fahey(ab 52. Long) - McGeady (ab 69. Keogh), Walters,Cox (ab 84. Brady)

Deutschland: Neuer- Boateng, Mertesacker, Badstuber, Schmelzer - Khedira(ab 46. Kroos), Schweinsteiger - Müller, Özil, Reus (ab 66. Podolski) - Klose (ab72. Schürrle)

Schiedsrichter: Rizzoli (Italien)

Zuschauer: 50.000

Vielleicht, weil er weiß, dass die Mannschaft des italienischen Trainer Giovanni Trapattoni an diesem Freitagabend kein echter Prüfstein war. Das ließ er dann auch durchblicken. "Der Gegner hat ein bisschen einfallslos gespielt, mit 80-Meter-Bällen irgendwie nach vorne. Irland spielt aber sicher auch nicht den richtig guten Kombinationsfußball."

Dabei hätte der Bundestrainer durchaus Gründe gehabt, ein wenig gelöster zu wirken. Sechs Tore zum Beispiel, schön herausgespielte zudem. Das Spiel in Dublin erinnerte zumindest phasenweise schon sehr an den Spaßfußball, den die DFB-Elf in vielen Partien seit der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika zelebriert hatte. Oder die Erkenntnis, dass sein Team Gegner solch kleineren Kalibers nach Belieben beherrscht. Angesichts der Tatsache, dass sich die Schweden, am Dienstag in Berlin nächster Gegner und mutmaßlicher Hauptkonkurrent um Platz eins, zuvor zu einem 2:1 auf den Färöern gequält und die Österreicher in Kasachstan nur ein torloses Remis erreicht hatten, keine Selbstverständlichkeit. Grund zur Freude ist auch, dass einer wie Marco Reus, der bei der Europameisterschaft im Juni über den Status eines Ergänzungsspielers nicht hinauskam, auf sehr guten Weg ist, zu einer festen Größe zu werden. Und das nicht nur, weil er zwei Tore geschossen hat, sondern auch, weil er, schnell und technisch gut wie er ist, über die linke Seite stets für Unruhe im Strafraum des Gegners sorgt.

"Normal, dass man schwierige Phasen durchmacht"

Doch Joachim Löw sprach lieber davon, dass er unbedingt die nächste Partie gegen Schweden gewinnen will. "Das Pflichtspieljahr mit zwölf Punkten abzuschließen, wäre klasse." Als wollte er sagen: Dann ist endlich Ruhe im Karton. Zumindest bis zum 22. März nächsten Jahres, wenn in Astana die fünfte Qualifikationsbegegnung gegen Kasachstan ansteht. Die Kritik nach dem schmerzlichen EM-Aus im Halbfinale mag da noch nachwirken, vor allem aber die jüngste Diskussionen um die angebliche Verhätschelung der Nationalspieler, die Debatte über Unstimmigkeiten innerhalb der Mannschaft bei der Europameisterschaft - und die Erkenntnis, dass er einen Fehler gemacht hat. Ohne Not und über das übliche Maß hinaus hatte Joachim Löw vor der Partie in Irland den Dortmunder Linksverteidiger Marcel Schmelzer öffentlich kritisiert und ihm die internationale Reife abgesprochen. Kurz: All die Nebengeräusche, oder das, was die sportliche Leitung der Nationalelf gerne als solche bezeichnet, scheinen doch lauter in den Ohren des Bundestrainer zu klingen, als er öffentlich zugeben mag.

Auch wenn er zweimal betonte, diese Themen seien "innerhalb der Mannschaft kein Gesprächsstoff" gewesen. In der Causa Schmelzer ruderte er auf der Pressekonferenz nach dem Sieg auf Nachfrage dann noch einmal zurück. "Er hat gut gespielt, seine Aufgabe absolut erfüllt." Und was seine Aussage betreffe, er müsse halt mit ihm zusammenarbeiten, das er sich keinen neuen Außenverteidiger schnitzen könne, da sei er womöglich etwas missverstanden worden. Und so sagte Joachim Löw, Trainer der zweitbesten Mannschaft der Welt, nach dem Kantersieg in Dublin: "In sechs oder sieben Jahren Amtszeit ist es normal, dass man schwierige Phasen durchmacht." Klang so, als sehne er sich nach ein wenig mehr Harmonie.

Quelle: ntv.de

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