VfB-Legende Karl Allgöwer Mayer-Vorfelders Albtraum trotzt dem Alter
05.01.2017, 15:41 Uhr
Da schaut Maradona nur hinterher: Stuttgarts Karl Allgöwer im Uefa-Pokalfinale 1989 gegen den SSC Neapel.
Mit dem VfB Stuttgart wird Karl Allgöwer Deutscher Meister, Pokalsieger und erreicht das Uefa-Pokalfinale. Doch nicht nur beim VfB ist er eine Legende. Der Ex-Freistoßkünstler äußert sich gern zu politischen Fragen - und legt sich dafür notfalls mit den Großen an.
Karl Allgöwer war immer für seine Meinungsfreude und klaren Aussagen bekannt, über seinen Ehrentag will er aber nur wenige Worte verlieren. Sein 60. Geburtstag an diesem Donnerstag sei für ihn nichts Besonderes, sagt der frühere Fußball-Nationalspieler und Star des VfB Stuttgart. "Ob ich nun 59, 60 oder 61 bin, das zählt für mich nicht. Entscheidend ist nur, wie ich mich jetzt fühle", sagt der in Gingen an der Fils lebende Schwabe. Aus dem Rampenlicht des Fußballs und der Medien habe er sich längst verabschiedet. "Andere haben das nicht geschafft. Ich brauche den ganzen Zirkus nicht."
Dabei hätte einer wie er auch jetzt noch viel zu erzählen. Zum Beispiel, warum der VfB 1984 mit ihm und Mitspielern wie Guido Buchwald oder Karl-Heinz Förster deutscher Meister wurde, 1986 zudem mit Jürgen Klinsmann im DFB-Pokalfinale und 1989 sogar im Uefa-Pokalfinale stand - aber heute in der 2. Bundesliga kickt. Er werde dazu nichts sagen, sagt der wegen seines harten Schusses auch "Knallgöwer" genannte einstige Publikumsliebling. Dann heiße es nur wieder, da wolle sich einer wichtig machen.
Dabei zählt der frühere Freistoßspezialist zu den ganz Großen in der Geschichte des VfB und zu den wenigen, die schon als Spieler eine eigene Meinung hatten und diese auch äußerten. Die Quote von 129 Toren in 338 Bundesligaspielen für Stuttgart zwischen 1980 und 1991 ist für einen offensiven Mittelfeldspieler bemerkenswert - wie auch die Tatsache, dass ihm neben Fußball politische Fragen wichtig waren.
Legendäre Konflikte mit Mayer-Vorfelder
Der Vize-Weltmeister von 1986 erlebte als Spieler den Kalten Krieg und den Eisernen Vorhang, also die Trennung von Ost und West. "Wenn wir damals in der DDR spielten, wurden wir behandelt wie der letzte Dreck. Da haben wir gesagt: Wir Sportler müssen Brücken bauen." Allgöwer engagierte sich in den 1980er Jahren für die Friedensbewegung und lehnte die Kernenergie ab. Er bot damit in Stuttgart das Kontrastprogramm zum damaligen VfB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder, dem konservativen CDU-Politiker, der in Baden-Württemberg zunächst Kultus- und dann Finanzminister war.
Legendär sind beim VfB die Konflikte mit "MV" um politische Fragen, aber auch personalpolitische Themen des Vereins - weshalb sich Patriarch Mayer-Vorfelder einmal zu der Aussage hinreißen ließ: "Könnten wir ihn ins Ausland verkaufen, würde ich ihn höchstpersönlich mit der Schubkarre zur Grenze fahren." Den damals erfolgreichen Weg der Roten aus Bad Cannstatt sind beide dennoch gemeinsam gegangen. Auch wenn Allgöwer das nicht auf eine spezielle Vereinstreue seinerseits zurückführt. "Treue gibt es nicht im Profifußball, das ist ein knallhartes Geschäft", sagt der selbstständige Kaufmann, der sein Geld seit dem Karriereende unter anderem mit Kundenveranstaltungen im Sport verdient.
Bescheidener Publikumsliebling
Aufgrund der hohen Ablösen, die Vereine damals auch nach dem Auslaufen eines Profivertrags verlangen konnten, sei ein Wechsel nie möglich gewesen. An seinem Geburtstag werden sich viele VfB-ler wieder fragen, warum der authentische und meinungsfreudige Allgöwer nicht in die Vereinsführung eingebunden wurde. Gefordert wurde das mehrfach.
Beim Neujahrsempfang vor gut einem Jahr stellte ihn der mittlerweile beurlaubte Sportvorstand Robin Dutt unter großem Beifall zwar als Berater vor, den Kontakt zu ihm suchte er daraufhin aber nicht.
Heute geht Allgöwer wieder nur als Privatmann ins Stadion, "in der 2. Liga aber nicht mehr bei jedem Spiel". Für die Zukunft wünscht sich der Jubilar einfach Gesundheit. "Dann kommt lange nix." Feiern will er seinen Geburtstag übrigens "privat im kleinsten Kreis. Ich habe kein Bedürfnis, den Sechzigsten jemandem mitzuteilen."
Quelle: ntv.de, Matthias Jung, dpa