"Extra-Motivation" im Afrika-Cup Militärputsch macht Fußball zur Staatssache
02.02.2022, 07:35 Uhr
Im Achtelfinale siegte Burkina Faso nach Elfmeterschießen, im Viertelfinale in der regulären Spielzeit.
(Foto: imago images/NurPhoto)
Das Halbfinale des Afrika-Cups lässt die Nationalelf von Burkina Faso vom größten Triumph ihrer Historie träumen. Doch statt sich auf den Fußball zu konzentrieren, blickt die Auswahl gebannt in die Heimat. Dort hat das Militär die Macht übernommen und Kontakt zum Team aufgenommen.
Sie träumen vom Titel, sie haben den größten Triumph in der Fußballgeschichte ihres Landes vor Augen - doch die bangen Blicke der Nationalspieler Burkina Fasos richten sich derzeit nur wenig auf den Sport. Denn in ihrer Heimat, dort, wo Familien und Freunde leben, ist die Lage nach einem Militärputsch in der vergangenen Woche unübersichtlich, die politische Situation angespannt.
Die Gedanken kreisen in diesen Tagen natürlich vor allem um das, was derzeit rund 2000 Kilometer entfernt passiert. Aber, so glaubt Mittelfeldspieler Adama Guira, ein Finaleinzug beim Afrika-Cup in Kamerun könnte zumindest "zur Beruhigung der Situation" beitragen. Und so soll gegen Senegal am Mittwoch (20 Uhr/DAZN) unbedingt der Sprung ins Endspiel gelingen - im besten Fall dann auch noch der erste Triumph bei der Kontinentalmeisterschaft.
"Das würde unseren Familien viel Freude bereiten, all den Menschen, die hinter uns stehen. Wir sind uns dessen bewusst und werden auch alles tun, um ihnen eine Freude zu machen", sagte Guira vor dem Halbfinale. Die Menschen in der Heimat würden trotz der Situation im Land die Mannschaft verfolgen und hätten Vertrauen in die Spieler. Trainer Kamou Malo sprach von einer "Extra-Motivation in bewegenden Zeiten", die Mannschaft wolle das Volk zum Lächeln bringen.
Nach wochenlangen Unruhen in dem westafrikanischen Land hatte sich das Militär am 24. Januar an die Macht geputscht - einen Tag, nachdem das Nationalteam sich ins Viertelfinale gekämpft hatte. Die Verfassung sei außer Kraft, die Regierung und das Parlament seien aufgelöst, teilten die Putschisten um Junta-Chef Paul-Henri Sandaogo Damiba nach der Übernahme mit.
Bevölkerung ist offenbar eher für den Putsch
Der Militärboss hatte sich zudem vor dem überraschenden Erfolg im Viertelfinale gegen Tunesien (1:0) am vergangenen Samstag bei der Mannschaft gemeldet. Er habe seine Unterstützung zugesagt, erklärte Malo. Mit dem Militärführer gesprochen zu haben, sei "eine Ehre für uns", meinte Guira.
Unter anderem eine Delegation der Vereinten Nationen befindet sich derzeit für Gespräche in der Hauptstadt Ouagadougou. Auch ein Treffen mit dem abgesetzten Präsidenten Roch Marc Christian Kaboré, der seit dem Machtwechsel unter Hausarrest steht, soll laut der Nachrichtenagentur AFP stattgefunden haben. Inzwischen sagte das Militär angesichts des Drucks aus dem Ausland die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung zu.
Der Putsch wird von der Bevölkerung eher befürwortet, vor allem junge Menschen feierten und hoffen auf einen Neustart, berichtete AFP. Ein Grund dafür seien unter anderem die Tausenden Todesopfer durch die Zunahme dschihadistischer Angriffe, die auch Malo ansprach. Die Befürworter des Machtwechsels beklagen die fehlende Kontrolle des schwachen Staates und den Vormarsch der Dschihadisten im Land.
Die Nationalmannschaft hofft, mit ihren Auftritten für Ablenkung sorgen zu können. Nationaltrainer Malo hatte den Menschen in der Heimat bereits den Halbfinal-Einzug gewidmet. Das Volk mache schließlich "schwierige Zeiten" durch, betonte er: "Ich sage, dass unsere Mannschaft ein Abbild unseres Volkes ist, wir werden stehen bleiben, koste es, was es wolle."
Quelle: ntv.de, tsi/sid