Fußball

Kobel nach Peinlich-Patzer top Nur ein Dortmunder wehrt sich gegen Leipzigs Übermacht

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Beim Bundesliga-Gipfel in München leitet Dortmunds Torhüter Gregor Kobel mit einem denkwürdigen Lapsus die deutliche Niederlage ein. Im Viertelfinale des DFB-Pokals bei RB Leipzig beweist der Schweizer, dass er der zurzeit beste Torhüter der Bundesliga ist. Seinen Klub kann er trotzdem nicht retten.

Manchmal reichen zwei Worte, um die Tragweite einer Situation vollumfänglich auf den Punkt zu bringen: "Schöne Scheiße!", mit dieser aus seiner Sicht durchaus zutreffenden Kurzanalyse beschrieb Gregor Kobel nach dem Gipfeltreffen von München die Szene, mit der er die Niederlage von Borussia Dortmund beim Branchenführer eingeleitet hatte. Der Torhüter hatte beim überaus harmlosen Pass von Münchens Manndecker Bayerns Dayot Upamecano mit voller Wucht am Ball vorbeigesenst und konnte nur noch entsetzt hinterherschauen, als das Spielgerät unter dem Gejohle der Bayernfans ins Tor hoppelte. Ein Lapsus der groben Sorte, der mit Sicherheit Eingang in jeden Saisonrückblick finden wird. Doch damit nicht genug der Demütigung: Weil Kobel den Ball bei seiner Slapstick-Einlage leicht touchiert hatte, wurde die Aktion auch noch als Eigentor verewigt.

Für Kobel war es ein eigenartiges Déjà-vu. Ein ähnlicher Fehler war ihm beim 0:2 in der Hinrunde bei Union Berlin passiert - ebenfalls direkt nach einer Verletzungspause. "Er hat uns in dieser Saison so oft den Arsch gerettet, deswegen können wir nicht sauer sein", betonte Nationalspieler Emre Can. BVB-Trainer Edin Terzić hielt ebenfalls ein flammendes Plädoyer für seine Nummer eins. "Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser Mann der Grund ist, dass wir in München als Tabellenführer antreten konnten. Gregor ist vielleicht der mit Abstand beste Torhüter dieser Saison in der Bundesliga."

Das kann man durchaus so stehen lassen, selbst wenn man kein Angestellter des börsenorientierten Fußballunternehmens Borussia Dortmund KGaA ist. In Abwesenheit des ewigen Welttorhüters Manuel Neuer ist Kobel auf seiner Position zur profiliertesten Fachkraft gewachsen, die in Deutschland unter Vertrag steht. Kobel hat nicht nur in den heimischen Wettbewerben, sondern auch in der Champions League herausragende Spiele abgeliefert, daran ändern auch die beiden Aussetzer in Berlin und München nichts.

Watzke prophezeit Top-Leistung

Auch von Hans-Joachim Watzke erhielt Kobel Rückendeckung. "Greg wird uns die nächsten Spiele wieder gewinnen. Es geht weiter. Und zwar am Mittwoch", sagte Dortmunds Geschäftsführer. Mehr Rückendeckung aus allen möglichen Richtungen geht kaum. Terzić sprach in der Pressekonferenz im Vorfeld des Pokalspiels in Leipzig davon, er halte Kobel "für einen der besten Torhüter im europäischen Fußball. Das habe ich ihm auch nochmal vor der Mannschaft gesagt.

Als Trainer habe er im Verlaufe der Trainingswoche bei seinem Keeper "nullkommanull" Verunsicherung festgestellt, Kobel werde schon in Leipzig "für uns wieder ein entscheidender Faktor" sein. So war es dann auch, Kobel war beim überaus deutlichen 0:2 (0:1) in der sächsischen Metropole der mit Abstand beste Dortmunder, oder - um es auf den Punkt zu bringen - der Einzige, der eine Leistung zeigte, mit der man große Herausforderungen wie ein Pokal-Viertelfinale positiv gestalten kann. Der Rest der Dortmunder Mannschaft wirkte gegen wie entfesselt aufspielende Leipziger komplett überfordert.

Zuspruch erhielt Kobel im Vorfeld des Pokalspiels auch vom ehemaligen Nationaltorhüter Uli Stein: "Wir sind Menschen, Menschen machen Fehler", schrieb die HSV-Legende in ihrer Kolumne im Fachblatt "Kicker". Und weiter: "Der Umgang damit, die schnelle Verarbeitung ist entscheidend." Die Überprüfung, ob die Verarbeitung eines solch gravierenden Lapsus bereits nach vier Tagen möglich ist, erfolgte in der Leipziger Arena.

Und wie: Während die bemitleidenswert unterlegenen Dortmunder Feldspieler ihren Gegnern von der ersten Minute hinterherliefen, bekam Kobel wesentlich mehr Arbeit, als ihm lieb sein konnte. Die Gastgeber aus Sachsen erspielten sich hochkarätige Chancen im Minutentakt, die der Keeper des BVB allesamt entschärfte. Beim Schuss von Linksverteidiger Raum in der 12. Minute unter anderem mit einer Fußabwehr, die ohne weiteres in der Kategorie Weltklasse einsortiert werden darf.

Mit Abstand bester Dortmunder

Dass Leipzig 22 Minuten benötigte, um den längst überfälligen Führungstreffer zu erzielen, lag allein am mit Abstand besten Dortmunder: Gregor Kobel. Nach dem Schlusspfiff formulierte es der vollkommen bediente Terzić so: "Gregor allein hat dafür gesorgt, dass wir nur mit 0:1 hinten lagen. Wir können uns bei ihm bedanken. Er und der Gästeblock waren die einzigen, die wir heute aus der Kritik rausnehmen können."

Das sprach für den Keeper und gegen seine Kollegen, die den über 90 Minuten überlegenen Gastgebern nichts entgegenzusetzen hatten. Die Leipziger, die zuvor in drei ganz schwachen Partien nicht einen Treffer zustande bekommen hatten, schossen sich aus ihrer Minikrise, weil sie den Rasen mit einer Leidenschaft beackerten, von der alle Dortmunder Feldspieler an einem gebrauchten Abend meilenweit entfernt waren.

Freuen konnte sich der Schweizer über die für ihn persönlich nach schwierigen Tagen so positiv verlaufene Rehabilitierung nicht. Im Gegenteil, die Enttäuschung sei "riesengroß", gab Kobel bei Sport1 zu Protokoll, "wir haben uns so viel vorgenommen, aber wir haben heute die riesige Chance auf einen Titel vergeben". Die ewige Mentalitätsdebatte, die den BVB seit Jahren begleitet, mochte der Torhüter nicht wiederbeleben. Er glaube nicht, "dass wir jetzt in die alten Muster verfallen. Das waren jetzt zwei Spiele, die nicht gepasst haben. Da müssen wir uns jetzt möglichst schnell als Mannschaft rauskämpfen."

Von drei Wettbewerben sind mit der Champions League und dem DFB-Pokal zwei verloren. Es bleibt nur noch der Kampf um die Meisterschaft gegen den Dauermeister aus München, der nach dem Sieg im Gipfeltreffen wieder von seiner angestammten Position an der Tabellenspitze grüßt. Bereits am Samstag geht es im Kampf um den letzten verbleibenden Titel weiter, dann kommt Union Berlin zum Spitzenspiel ins Ruhrgebiet. "Dann müssen wir bereit sein", sagt Gregor Kobel: "Aus diesem Loch müssen wir uns jetzt rauskämpfen."

Quelle: ntv.de

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