Aus des Trainers ist besiegelt RB führt Hasenhüttl durch die Manege
16.05.2018, 12:01 Uhr
So war skurrilerweise Ralph Hasenhüttls Auftritt als Stürmer beim Abschiedsspiel von Klubikone Dominik Kaiser am Sonntag sein letzter bei Rasenballsport.
(Foto: imago/opokupix)
Was treibt RB Leipzig für ein Spiel mit Trainer Ralph Hasenhüttl? Eine Vertragsverlängerung gibt es nicht, das Ende der Zusammenarbeit ist beschlossen. Aber warum nur? n-tv.de analysiert die Gründe für das jähe und skurrile Ende.
Nieselregen ging am Mittwochmorgen am Trainingszentrum von RB Leipzig am Cottaweg nieder. Ein Rasenmähertraktor tuckerte auf einem Nebenplatz; Nachwuchsspieler verließen das Internat, um zum Training zu gehen. Und Ralf Rangnick fuhr gegen 8.30 Uhr auf das Vereinsgelände. Aufschrift auf dem Garagentor: "Vorsicht, freilaufende Bullen!" Scheinbar alles wie immer an der Akademie im Leipziger Westen. Doch hinter der grau-gläsernen Fassade gingen die Chef-"Bullen" dieser Tage tatsächlich aufeinander los. Und Cheftrainer Ralph Hasenhüttl wurde am Nasenring durch die Manege geführt. Wie n-tv aus Vereinskreisen erfuhr und inzwischen auch vom Verein bestätigt wurde, wird der Vertrag mit dem Coach umgehend aufgelöst. Darauf hätten sich beide Seiten verständigt.
Nachtrag, 13.57 Uhr: Fußball-Bundesligist RB Leipzig und Trainer Ralph Hasenhüttl gehen ab sofort getrennte Wege. Dies teilte der Verein mit. Demnach haben sich beide Seiten auf Hasenhüttls Wunsch auf eine Vertragsauflösung geeinigt.
Dabei hatte Manager Ralf Rangnick am Sonntagabend noch bekräftigt, dass die Leipziger mit dem Österreicher in die neue Saison der Bundesliga gehen wollen. Doch ein neues Angebot legt Rasenballsport dem 50-Jährigen nicht vor. So hätte der Chefcoach enteiert in die neue Spielzeit gehen müssen. Als lame duck, oder besser: lame bull sozusagen. Zwar war es letztlich Hasenhüttl, der angesichts dieser Umstände um eine Vertragsauflösung bat. Doch dass der stolze Fußballlehrer einen Abschied auf Raten ohne Rückendeckung der Klubspitze nicht mittragen würde, war abzusehen und ist nur konsequent von ihm. So war skurrilerweise Hasenhüttls Auftritt als Stürmer beim Abschiedsspiel von Klubikone Dominik Kaiser am Sonntag der letzte bei Rasenballsport - n-tv.de analysiert die Gründe für das jähe Ende:
1. Sportlich-fachliche Gründe
Als Kapitän Willi Orban nach dem 6:2-Erfolg zum Saisonabschluss bei Hertha BSC Bilanz zog, sagte er treffend: "Jeder hat Fehler gemacht: Wir Spieler, wir als Mannschaft, vielleicht auch das Trainerteam. Aber darum geht es ja: Dass wir das im nächsten Jahr besser machen." Wie für jeden anderen im Klub - auch für Rangnick - war die Champions- und Europaliga-Belastung für Hasenhüttl Neuland. Dass der Trainer nicht alles richtig machen wird - ebenso wenig wie Rangnick etwa bei Transfers in der Winterpause alles gelang - war klar. Nicht umsonst hatten sie bei RB schon vor der Spielzeit riesigen Respekt vor dieser Herausforderung.
Hasenhüttls Rotationsexperimente und das damit verbundene Personalmanagement gehören ebenso kritisch ausgewertet wie die Matchpläne in entscheidenden Spielen, verlorene Stabilität in der Defensive aufgrund fehlender Automatismen und einer ausgeprägten Standard-Seuche sowie die generelle Moderation des in Leipzig überstrapazierten Themas Dreifachbelastung. Dazu gehört auch, dass der Europapokal-Neuling von der gewohnten Pressing-Gegenpressing-Spielidee abwich und sich auf der Suche nach neuen Ballbesitz-Wegen bisweilen verirrte. Auch, dass das Team in der Phase nach dem Ausscheiden aus der Europaliga für vier Spiele in sich zusammenbrach und so die Champions League verspielte, muss sich der nach der zehrenden Saison ebenso ausgelaugte Trainer vorhalten lassen.
Doch für die jüngste Mannschaft der Bundesliga und der Champions League ist es nicht unnormal, dass auf Höhenflüge auch mal ein jäher Absturz folgt. Vielmehr spricht die Tatsache, dass er die Mannschaft aus diesem spielerischen und mentalen Tief geführt hat und Rang sechs erreicht hat, für den gebürtigen Grazer. Dass RB die letzten beiden Saisonspiele mit 4:1 gegen Wolfsburg und 6:2 gegen Hertha gewonnen hat, war auch ein Plädoyer der Spieler für den Trainer. Ebenso hoch im Kurs wie bei vielen in der Mannschaft steht "Hasi" auch beim Großteil der Fanszene, die den Trainer in Berlin ebenso wie beim Abschiedsspiel von Kaiser euphorisch feierte.
2. Verfehlte Ziele?
Mehr als einmal hatte Rangnick vor Saisonbeginn betont, dass er mit Rang zwölf in der Bundesliga und dem Europapokal-Viertelfinale mehr als zufrieden sei. Vorbild: Premier-League-Klub Leicester City. Doch nun hat es den Anschein, als nähmen die Klubbosse Hasenhüttl übel, dass er "nur" Rang sechs und damit die erneute Qualifikation für den Europapokal erreichte. Dass ihnen nur drei Punkte zur erneuten Champions-League-Teilnahme fehlen, die in Spielen gegen Mainz oder den 1. FC Köln verloren gingen, grämt die Bosse. Müsste man schlechte Laune beschreiben, bräuchte es nur zweier Bilder von Rangnick und Klubboss Mintzlaff nach dem letzten Spiel in Berlin. Neben dem Renommee, in der Königsklasse dabei sein zu dürfen, geht es dabei vor allem ums Geld. Etwa 30 Millionen Euro gingen den Managern so durch die Lappen. Geld, das RB dringend gebraucht hätte, um zu wachsen und Schulden bei Investor Red Bull abzutragen. Dennoch konterkariert der Anspruch Champions League die zu Saisonbeginn geäußerten Ziele.
3. Machtgefüge Hasenhüttl-Rangnick-Mintzlaff
Eine Beziehung, heißt es, ist nur stabil, wenn sie auch in schwierigen Zeiten trägt. Doch dieses Gefühl hatte Ralph Hasenhüttl nicht. Vielmehr war zu beobachten, wie sich der stolze Steirer seit der Winterpause Stück für Stück von der Leipziger Klubführung emanzipierte. Damit ist gar nicht unbedingt Ralf Rangnick gemeint, sondern auch Vorstand und Geschäftsführer Mintzlaff, der dem Trainer offenbar nicht die Rückendeckung gab, die er sich gewünscht hätte.
So entwickelten sich rund um die Winterpause zwei unterschiedliche Lesarten: Mintzlaff und Rangnick wollten mit aller Macht in die Champions League. Hasenhüttl plädierte für eine behutsamere und demütigere Klubentwicklung, bei der der Zwischenschritt Euro-League-Qualifikation ein durchaus ambitionierter ist. Nach einem 0:0 in Stuttgart etwa nahm der Trainer die Mannschaft in Schutz, während die Bosse brodelten. Hasenhüttl vermittelte mehr als einmal den Eindruck, als sähe er seine Leistungen und die der Mannschaft auch klubintern nicht recht beurteilt. Bereits im März sagte Mintzlaff der "Sport-Bild": "Der Trainer muss sich überlegen, wie seine Zukunft aussieht, ob die Philosophie des Vereins weiterhin zu ihm und seinen Vorstellungen passt, wie wir investieren und in welche Spieler. Und dann müssen wir schauen, ob das deckungsgleich mit unserer Ausrichtung ist." Da hatte RB Leipzig gerade den FC Bayern geschlagen.
4. Verhandlungen mit dem FC Bayern
Apropos Bayern München: Dass Ralph Hasenhüttl bereits im Winter mit dem FC Bayern sprach, machte er jüngst im ZDF-Sportstudio öffentlich. Doch der Trainer teilte den Bayern-Bossen lediglich mit, dass er für die Aufgabe beim Rekordmeister noch nicht bereit sei. Bei RBL wurde das intern offenbar dennoch als Vertrauensbruch gewertet, über den vor allem Mintzlaff nicht hinwegsehen konnte.
Fazit: Rangnick betonte erst am Sonntagabend: "Wir sind mit Ralph und seiner Arbeit mehr als zufrieden." Heißt im Umkehrschluss: Der Bruch hat vor allem zwischenmenschliche Gründe, nicht zuerst sportlich-fachliche. So wird eine tragfähige und auf Langfristigkeit angelegte Beziehung zwischen Trainer, Team, Fans und Klubführung unnötigerweise zerstört. Für den Klub RB Leipzig, der geführt wird wie ein Unternehmen, wirkt das unprofessionell. Bei aller berechtigten Kritik auch am Trainer: Hasenhüttl und die Mannschaft hätten es verdient gehabt zu zeigen, dass sie aus der fordernden ersten Europapokal-Saison gelernt haben. Doch nun ist das Aus besiegelt.
Quelle: ntv.de