Vom DFB zum Hamburger SV? Sammer muss Farbe bekennen
19.01.2011, 16:52 UhrDie angestrebte Verpflichtung von Matthias Sammer als Sportchef wird für den Hamburger SV zu einer Hängepartie. Der Aufsichtsrat der Hanseaten will ihn und buhlt öffentlich um den 43-jährigen Fachmann, doch der DFB hält seinerseits mit Lobesworten dagegen. Was keiner weiß: Was will Sammer eigentlich?
Der Hamburger SV geht im Poker um Matthias Sammer zum Angriff über, der DFB holt zum Konter aus - nun muss der Umworbene selbst die Karten auf den Tisch legen. Sieht er seine Zukunft als Sportdirektor beim Deutschen Fußball-Bund oder möchte er doch in gleicher Funktion zum ambitionierten Bundesligisten aus dem Norden wechseln? Öffentlich schweigt Sammer. Beim Verband will man den 43-Jährigen offenbar trotz der großen Charmeoffensive aus der Hansestadt nicht kampflos ziehen lassen. Eine Hängepartie droht.
"Der erklärte Wunsch des DFB ist es, dass er uns als Sportdirektor mit seinem Engagement und seiner Kompetenz erhalten bleibt", sagte Wolfgang Niersbach. Ob Sammer überhaupt an einem Engagement beim HSV interessiert ist, scheint nach den Ausführungen des DFB-Generalsekretärs fraglich: "Für den DFB ist die Situation unverändert: Auch nach einem Telefonat zwischen Matthias Sammer und mir gibt es für uns kein Signal, dass der bis 2013 laufende Vertrag aufgelöst werden soll."
Forsche Töne aus Hamburg
Bei den Hamburgern scheint man über einen anderen Kenntnisstand zu verfügen. Anders können die forschen Ankündigungen der Hanseaten nach der konstituierenden Sitzung des neu zusammengesetzten Aufsichtsrats am Dienstagabend kaum interpretiert werden. "Wir hoffen, dass wir die Sache innerhalb von wenigen Tagen dingfest machen können", sagte der neue Chefkontrolleur Ernst-Otto Rieckhoff. Sein Vertreter Alexander Otto bestätigte derweil Gespräche mit Sammer und lobte den potenziellen neuen Sportchef in höchsten Tönen.

Bislang bilden Trainer Armin Veh (l.) und Sportchef Bastian Reinhardt die Führungsspitze beim HSV. Das soll sich ändern.
(Foto: dpa)
"Wir sind von seiner konzeptionellen Stärke, der sportlichen Vision und seiner Leidenschaft im und für den modernen Fußball voll überzeugt", sagte der Unternehmer: "Sollte es eine Möglichkeit geben, in gegenseitigem Respekt und Einverständnis eine vorzeitige Freigabe von Matthias Sammer beim DFB zu erwirken, hat der HSV-Aufsichtsrat einstimmig beschlossen, Herrn Sammer ein Angebot zu unterbreiten."
Kein Signal von Sammer
Sammer selbst schweigt. Dass sich der ehemalige Dortmunder Meistertrainer in seiner Rolle beim DFB aber noch uneingeschränkt wohlfühlt, wird von vielen Beobachtern bezweifelt. Mit Bundestrainer Joachim Löw hatte sich der als äußerst ehrgeizig bekannte Perfektionist im vergangenen Jahr ein Kompetenzgerangel über die Zuständigkeit für die U21 geliefert, bei dem er nach einem Machtwort von Verbands-Boss Theo Zwanziger den Kürzeren zog.

Beim DFB steht Sammer trotz der von ihm mit verantworteten Erfolge im Jugendfußball im Schatten der Nationalmannschaftsleitung.
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Dabei ist Sammer ein maßgeblicher Anteil am Aufschwung des deutschen Nachwuchsfußballs nicht abzusprechen. Seit er im April 2006 seinen Dienst beim DFB antrat, wurden die Strukturen im Jugendbereich kontinuierlich verbessert. "Wir können das Interesse des HSV nachvollziehen, schließlich sind auch wir von den Qualitäten unseres Sportdirektors restlos überzeugt", sagte Niersbach. In Sammers Amtszeit fielen bisher die Erfolge bei den Europameisterschaften der U17 (2009), der U19 (2008) und der U21 (2009). Ob er sich langfristig mit der Rolle im Hintergrund und ohne Kompetenzen in Richtung des A-Teams zufrieden geben will, ist zumindest ungewiss.
HSV als willkommene Alternative?
Die ambitionierten Hamburger, die seit 1987 auf einen Titelgewinn warten, könnten sich als willkommene Alternative erweisen. Zuletzt hatte sogar Franz Beckenbauer dem HSV zu einer Verpflichtung Sammers geraten. "Es gibt keinen Besseren als ihn", sagte der 65-Jährige. Für eine Entscheidung müsste sich nun aber der frühere Nationalspieler selbst erklären. Sollte er den Hamburgern absagen, wäre es der Außendarstellung des Vereins alles andere als förderlich. Sammer weiß, dass der HSV seit Jahren um eine klare Linie ringt und sich permanent zwischen Auf-, Ab- und Umbruch befindet. Ob dieses Innenleben mit mit seinen ehrgeizigen Zielen in Einklang zu bringen ist, bleibt fraglich.
Auch bei der Suche nach einem neuen Sportdirektor als Ersatz für den 2009 verabschiedeten Dietmar Beiersdorfer hat sich der Verein nicht mit Ruhm bekleckert. Sie verkam vielmehr zu einer Posse und auch damals war der DFB beteiligt. Nachdem sich der HSV nach monatelanger Suche endlich mit dem DFB-Chefscout Urs Siegenthaler einig gewesen war, meldete der Verband erst im letzten Moment Bedenken an und der Vertrag platzte noch. Den Job bekam schließlich Ex-Profi Bastian Reinhardt, der sich mit einem Praktikum in der HSV-Geschäfststelle empfohlen hatte.
Quelle: ntv.de, sid