Der Bundesliga-Check: Ingolstadt Sind die doch gar nicht so blöd?
28.07.2015, 10:10 Uhr
Der "Alpen-Klopp", Ralph Hasenhüttl, will mit seinen "Schanzern" die Liga überraschen.
(Foto: imago/DeFodi)
Werksverein oder nicht Werksverein, das ist hier die Frage. Bundesliga-Neuling Ingolstadt wehrt sich vehement gegen sein Geldadel-Image. Große Ziele haben sie trotzdem in der Audi-Stadt.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, dichtete Hermann Hesse. Der FC Ingolstadt 04 startet in dieser Saison als 54. Verein in die Bundesliga - doch viele Fußballfans wittern einen faulen Zauber. Noch so ein Werksverein ohne Seele, aber mit vollen Kassen, so lautet der Verdacht gegen den Emporkömmling. Was Präsident Peter Jackwerth regelmäßig auf die Palme treibt: "Wir sind kein Werksklub", sagt er immer wieder. "Deswegen weigere ich mich auch, über dieses Gelaber zu diskutieren." Ob es ihm gefällt oder nicht: Das Thema wird Jackwerth und seinem Klub erhalten bleiben – umso wichtiger ist es, sportlich für Schlagzeilen zu sorgen.
Was gibt’s Neues?
Schon elf Jahre nach Vereinsgründung haben die "Schanzer" sich aus der 5. Liga bis in die Elite des deutschen Fußballs katapultiert - beachtlich, Audi-Millionen hin oder her. Den Status des Neulings will Trainer Ralph Hasenhüttl für sich nutzen: "Uns kennt in der Liga noch keiner, wir können die anderen Teams überraschen." Auch als Aufsteiger will der Österreicher nicht von seinem Stil abrücken, der ihm den Spitznamen "Alpen-Klopp" eingebracht hat: hoch stehen, aggressiv pressen, schnell umschalten. Angst ist bei dieser Taktik ein schlechter Ratgeber – und ohnehin ein Fremdwort für Hasenhüttl: "Ich glaube nicht, dass wir zum Prügelknaben oder Punktelieferanten werden", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
In die erste Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte geht der FCI übrigens mit einem neuen Trikotsponsor: Media Markt ziert die Brust des Aufsteigers, sie wissen schon, "Ich bin doch nicht blöd!". Bleibt zu hoffen, dass der Verein nicht so blöd ist, sich zu einem der legendär dämlichen Fußball-Werbespots von Media Markt hinreißen zu lassen.
Auf wen kommt es an?
Bitte einmal weglesen, Peter Jackwerth: auf Audi. Um in der Werksklub-Debatte die Übersicht zu behalten, lohnt ein Blick auf die Vereinskonstruktion. Der Klub entstand 2004 durch eine Fusion der Lokalrivalen ESV und MTV Ingolstadt. Der ortsansässige Autobauer Audi steckt bis heute Millionen in das Projekt, ihm gehören über Tochterfirmen 20 Prozent der Profiabteilung sowie das Stadion und das Trainingsgelände, er beschickt die Hälfte des Aufsichtsrats. Das Argument von Jackwerth: Dem Verein verbleibt doch ein Anteil von 80 Prozent, beim FC Bayern sind es nur 75 Prozent, und die nennt doch auch keiner Werksklub. Stimmt, aber der Rekordmeister könnte theoretisch auch ohne Audi, Allianz und Adidas auskommen. Der FCI wohl kaum ohne Audi. Und wenn sich in der Winterpause abzeichnet, dass Hasenhüttls Team ein bis zwei gute Spieler fehlen, wer würde daran zweifeln, dass sich irgendwo die nötigen Millionen finden lassen?
Noch eine Frage, die in diesem Zusammenhang nicht ganz unproblematisch ist: Was passiert, wenn Ingolstadt am 33. Spieltag noch drei Punkte zum Klassenerhalt fehlen? Dann sind im Audi-Sportpark die Bayern zu Gast – an denen Audi 8,3 Prozent der Anteile hält.
Was fehlt?
Eine gewachsene Fankultur. Das Stadion fasst nur rund 15.500 Zuschauer, in der Aufstiegssaison war es ganze drei Mal ausverkauft, im Schnitt kamen 9900 Anhänger. Ein Grund, warum Mainz' Manager Christian Heidel vergangene Saison ätzte, ein Duell Ingolstadt gegen Hoffenheim werde wohl kaum die Massen elektrisieren. Ralph Hasenhüttl ficht das nicht an. Er erinnerte sich in einem Interview mit "Spox" an Spiele in seiner aktiven Zeit vor nicht einmal 2000 Zuschauern in Mainz. Über die letzten 15 Jahre hätte sich am Bruchweg aber viel entwickelt. "Daher sollen sie uns doch bitte auch die Chance geben, einen ähnlichen Weg bestreiten zu dürfen." Dass der FCI wachsen wird, daran sollen keine Zweifel aufkommen. "Wenn wir es schaffen, in der Bundesliga zu bleiben, und davon gehe ich aus, werden wir uns auf Sicht auch in Sachen Stadion vergrößern müssen", sagte Hasenhüttl der "SZ". Und der Österreicher denkt schon weiter: "Ich denke, dass da noch viel, viel mehr geht. Ich weiß nicht, wo das Limit ist."
Wie lautet das Saisonziel?
An Selbstvertrauen mangelt es Hasenhüttl schon mal nicht und auch nicht am Vertrauen in seine Aufstiegsmannschaft. Sie hat den Verein in die Bundesliga geführt, sie soll ihn auch darin halten. Bislang verstärken nur vier Neuzugänge den Kader, der bekannteste heißt Elias Kachunga, der in der vergangenen Saison beim SC Paderborn auf sich aufmerksam gemacht hatte. "Wir haben mit diesem Kader eine lange Zeit zusammengearbeitet, die Spieler wissen genau über die wichtigsten Abläufe in unserem Spiel Bescheid", sagte Hasenhüttl. "Ich hoffe, dass das auch in Negativphasen, wenn wir merken, dass wir an Grenzen stoßen, unser größtes Pfund bleibt. Dass wir immer in der Lage sind, zusammenzustehen."
Die n-tv.de Prognose
Der FC Ingolstadt hat das Potenzial, eine große Überraschung zu schaffen – genau das wäre der Klassenerhalt. Trainer Ralph Hasenhüttl hat seiner Mannschaft ein klares System verpasst und setzt auf eine eingespielte Einheit. Dazu kommt: Wenn der Kader doch noch qualitativ verbessert werden soll, verfügt der FCI mit Audi über einen Joker.
Quelle: ntv.de