Fußball

DFB-Azubis im Schnellcheck Strammer Max

Starker Debütant: Philipp Max.

Starker Debütant: Philipp Max.

(Foto: dpa)

Ein Sieg, das tut gut. Und sonst so? Sonst liefert das Testspiel des DFB-Teams gegen Tschechien dem Bundestrainer einige wichtige Erkenntnisse. Erfreulich: Deutschland hat einen sehr starken Linksverteidiger! Nicht so erfreulich: Das Déjà-vu mit dem Chancenwucher.

Was ist im Leipziger Fußball-Stadion passiert?

Ein Klassiker war zu Gast und kaum einer hatte ihn gesehen. Nein, nein, da waren keine "dunklen Wolken", zumindest nicht jene, die die deutsche Nationalmannschaft dieser Tage so depressiv bis wütend machen. Kaum einer hat ihn (diesen Klassiker) gesehen, weil kaum einer da, also im Stadion, sein durfte. Immer noch wütet Corona so heftig, dass Geisterspiele wieder angesagt sind. Wie viele Leute ins Stadion gekommen wären, wären die Umstände normal? Nun, eine äußert müßige Schätzung. Aber angesichts der kritischen Distanz zwischen Publikum und dem ehemals liebsten Kind der Deutschen wäre es vermutlich nicht rappelvoll geworden. Zumal dieses Duell (nicht nur wegen des experimentellen Charakters) längst nicht mehr in der Tradition der ganz großen Dramen zwischen Deutschland und Tschechien (und der Tschechoslowakei) steht. Und jaja, die gab es tatsächlich, im EM-Finale 1976 unter anderem ein bitterböses für das DFB-Team und im EM-Finale 1996 dann ein bitterböses für die Tschechen. Nun, ein bitterböses Drama wurde es an diesem Mittwochabend für keine der beiden Mannschaften, nach 90 gespielten Minuten (plus Nachspielzeit) stand ein eher mauer 1:0 (1:0)-Erfolg für die Azubi-Elf von Joachim Löw, früh herausgeschossen durch Luca Waldschmidt (13.).

Teams & Tore

Tor: 1:0 Waldschmidt (13.)
Deutschland:
Trapp - Tah, Koch, Rüdiger - Baku, Gündogan (ab 46. Dahoud), Neuhaus, Max (ab 68. Schulz) - Hofmann (ab 20. Amiri), Waldschmidt, Brandt; Trainer: Löw.
Tschechien: Pavlenka - Mateju, Brabec, Jemelka, Novak (ab 46. Soucek) - Holes, Barak (ab 68. Kral) - Kopic (ab 78. Ondrasek), Dockal (ab 68. Darida), Cerny (ab 46. Jankto) - Krmencik (ab 46. Vydra); Trainer: Silhavy.
Schiedsrichter: Andris Treimanis (Lettland)
Zuschauer: keine (in Leipzig)

Das Experiment im Spielfilm

0. Minute, TREFFER FÜR MICHAEL BALLACK: Noch keine fünf Minuten auf Sendung, da landet RTL-Experte Michael Ballack seinen ersten Treffer. Personalentscheidungen, so sagt der ehemalige "Capitano", kommuniziere Joachim Löw nicht immer deutlich und klar. Es ging nun, bitte nicht falsch verstehen, nicht um ihn oder seinen alten Kumpel Torsten Frings. Es ging diesmal, Sie ahnen es, um die wundgelegene Debatte, ob Mats Hummels, Thomas Müller und Jérôme Boateng nicht doch mal spielen sollten.

13. Minute, TOOOOOR FÜR DEUTSCHLAND, 1:0 Waldschmidt: Das war wirklich sehr schön. Und sehr löblich. Fast wie früher im Sportunterricht in der Grundschule, wo der Abschluss erst gestattet war, wenn alle Spieler der eigenen Mannschaft am Ball waren. Nun, dieses Klassenziel wurde nicht erreicht. Aber zumindest hatten Debütant Ridle Baku (erste Vorlage), Florian Neuhaus (Schuss abgewehrt), Philipp Max (Torvorlage) und Luca Waldschmidt (Tor) sehr relevante Anteile an der Führung. Zuvor waren auch Ilkay Gündogan, der Kapitän, und Jonas Hofmann noch involviert.

25. Minute: Seit Jahren versuchen Experten dem Bundestrainer den Kollegen Max in die Nationalmannschaft zu singen. Doch Löw, der lehnte ab. Aber warum eigentlich? Denn dieser Mann, der hat 'ne Waffe im Fuß, die sonst keiner hat: den strammen Max! Und wieder feuert der Fußballer der PSV Eindhoven den Ball scharf vors Tor - ohne Ertrag. Zwei Spieler der Bewerber-Elf verpassen den zweiten Treffer hauchzart.

28. Minute: Waldschmidt sieht Gündogan, Gündogan sieht das Tor. Sofort zieht er ab, scheppert seinen Schuss aber in ein heranrauschendes tschechisches Abwehrbein.

32. Minute: Oha, was war das? Václav Jemelka spielt einen unglaublichen Fehlpass quer durch den eigenen Sechzehner genau in die Füße von Julian Brandt. Der Dortmunder steht alleine vor Pavlenka, kann sich die Ecke aussuchen und jagt die Kugel dann satte zehn Meter rechts vorbei. Da fragen wir gerne nochmal: Oha, was war das?

War Mist, weiß er selbst.

War Mist, weiß er selbst.

(Foto: REUTERS)

43. Minute: Brandt korrigiert seinen "Was-war-das"-Aussetzer brillant. Unter Druck dreht er sich fein aus dem Pressing und spielt den perfekten Ball auf Neuhaus, der direkt perfekt auf Nadiem Amiri weiterleitet. Der verweigert in der Folge gleich zweimal das 2:0 aus besten Positionen. Steffen Freund (RTL-Experte) sagt: Wenn er zu EM will, muss er ein Tor machen.

52. Minute: Die Hand "Bůh" (tschechisch für Gott, ob ein "s" fehlt, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen) bleibt vom Schiedsrichter unentdeckt. Tomáš Souček hatte sie gereckt und den Ball gespielt. Aber wo kein VAR, dann kein Elfmeter.

77. Minute: Neuhaus findet den strammen Florian im Fuß und knallt den Ball aus 18 Metern aber so was von gnadenlos an die Unterkante der Latte, heiliger Bimbam, dass da nichts kaputtgegangen ist!

82. Minute: Sie vermissen eine tschechische Topchance? Dann haben wir hier die erste. Und ist existenzbedrohend für das deutsche Remis. Matěj Vydra köpft eine Flanke aus dem Halbfeld aus kurzer Distanz per Aufsetzer zum Tor, Torwart Kevin Trapp reagiert überragend. Die Abwehr sah zuvor ein bisschen blöd aus.

Was war gut?

Ach, die erste Halbzeit war einfach richtig gut. Dafür, dass die Mannschaft noch nie so zusammengespielt und nur einmal trainiert hat, klappten viele Dinge erstaunlich gut. Stark angeleitet vom überraschend lauten Kapitän Gündogan und vom überragenden Neuhaus griff das Pressing früh und effektiv. So gab's viele Ballgewinne, so wurden die eigenen Ballverluste schnell korrigiert. Über clevere Seitenverlagerungen wurden die Außenverteidiger-Debütanten Max und Baku in gute Situationen gebracht, die sie mit Flanken oder klugen Anspielen an und in den Strafraum gewinnbringend abschlossen.

Es waren Angriffe, die auch der FC Bayern gerne und gut spielt. Dabei war an diesem Abend nicht ein Spieler des Rekordmeisters auf dem Platz, ein paar werden allerdings für die anstehenden Duelle in der Nations League gegen die Ukraine und Spanien nachreisen. Die Abwehr, die zuletzt die akute Problemzone der deutschen Braut war, sie wirkte deutlich stabiler als zuletzt, bekam aber auch nur wenig zu tun und hatte auch wieder ein paar Wackler drin. Bester Mann in der Dreierkette war Robin Koch, der sich mit seiner sehr robusten Spielweise, angeeignet in der Premier League, als Alternative für die Top-Elf mehr und mehr aufdrängt. Das gilt überraschend auch für Neuhaus. Der hat zwar im zentralen Mittelfeld mit Joshua Kimmich (verletzt), Toni Kroos (geschont) und Ilkay Gündogan die denkbar härteste Konkurrenz, belebt das Spiel aber mit seiner mutigen, zielstrebigen und galligen Spielweise. Wirklich ein guter Mann!

Was war nicht gut?

Zwei Dinge waren nicht gut: Zum einen das Déjà-vu mit dem Chancenwucher und zum anderen die einfachen Fehler in der Abwehr. In den vergangenen Spielen waren es ja ruhiger geworden, um die Torphobie, die einst im Team von Löw grassierte. Aber in Leipzig war sie plötzlich wieder da. Statt mit einem 3:0 in die Pause zu gehen - dank Brandt und Amiri wäre das absolut möglich gewesen - beginnt hinten raus wieder das große Zittern. Statt eines frühen, souveränen Erfolgs, muss Keeper Kevin Trapp kurz vor Spielende noch spektakulär den Ausgleich verhindern. Auffällig: Den Klub-Reservisten Antonio Rüdiger und Jonathan Tah fehlte gelegentlich das Timing im Duell oder bei hohen Bällen. Gegen einen stärkeren Gegner wäre das ganz sicher bestraft worden.

Der Corona-Aufreger des Tages

Torhüter Oliver Baumann hatte die Nationalmannschaft am Nachmittag verlassen und sich in häusliche Quarantäne begeben. "Hierbei handelt es sich mit Blick auf bekannt gewordene Coronafälle in Hoffenheim, deren gesamte Mannschaft sich inzwischen in Quarantäne begeben hat, um eine Vorsichtsmaßnahme", schrieb der DFB auf seiner Homepage: "Baumann wird nicht für die anstehenden Länderspiele zur Verfügung stehen." Im Kreise der Nationalmannschaft wurde der 30-Jährige laut DFB-Auskunft seit seiner Ankunft in Leipzig am Montag zweimal negativ getestet. Bei der TSG waren Ex-Nationalspieler Sebastian Rudy, Robert Skov, Munas Dabbur, Ishak Belfodil und ein Mitglied des Trainerteams positiv auf Covid-19 getestet worden. Zuvor hatte es bereits unter anderem Hoffenheims Topstürmer Andrej Kramaric erwischt.

Stimmen zum Spiel:

Joachim Löw: "Es ist so, dass wir in der Konstellation wahrscheinlich nicht mehr zusammenspielen. Trotzdem war es so, dass die Jungs sich reingehängt haben, von daher kann man zufrieden sein. In der ersten Halbzeit haben wir es gut gemacht, aber in der zweiten hätten wir das 2:0 nachlegen müssen." Zu Philip Max: "Es freut mich sehr, dass er so gut reingekommen ist, auch, dass Waldschmidt getroffen hat. Ich denke, insgesamt kann man mit den Neuen zufrieden sein. In der ersten Halbzeit hatten wir mit Ilkay Gündogan mehr Spielqualität. Aber insgesamt war es engagiert von allen."

Florian Neuhaus: "Man hat schon gesehen, dass wir so noch nie zusammengespielt haben. Aber wir haben das gut verteidigt. Jetzt wollen wir am Samstag definitiv gegen die Ukraine gewinnen."

Quelle: ntv.de

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