Bis zu 80 Teams aus ganz Europa Super League stellt neuen Zehn-Punkte-Plan vor
09.02.2023, 11:03 Uhr
Das Stadion des FC Barcelona.
(Foto: IMAGO/Panthermedia)
Eine europäische Fußball-Liga als Alternative zu Champions League & Co.? Real Madrid, der FC Barcelona und Juventus Turin stehen noch immer hinter diesem Plan. Eine Sportmarketingagentur präsentiert nun einen Zehn-Punkte-Plan, wie dieser Wettbewerb funktionieren soll.
Drei Klubs bekennen sich weiterhin offensiv zum Plan, eine europäische Super League ins Leben zu rufen: Real Madrid, der FC Barcelona und Juventus Turin. Die Sportsmarketingagentur A22, die mit diesem Vorhaben betraut ist, hat nun "Zehn Grundsätze für eine europäische Fußballliga" präsentiert in einem Papier, das ntv.de vorliegt. Diesem zufolge hat A22-Chef Bernd Reichart seit Oktober des vergangenen Jahres "mit rund 50 europäischen Fußballvereinen gesprochen" und dabei den Eindruck gewonnen, dass es "Zeit für einen Umbruch" ist. "Die überwiegende Mehrheit teilt die Einschätzung, dass das Fundament des europäischen Fußballs wegzubrechen droht."
Die Ergebnisse dieser Gespräche fasst A22 in zehn Punkten zusammen - verweist aber zunächst darauf, dass ohne ein entsprechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Pläne vermutlich hinfällig wären. In dem Verfahren geht es demzufolge um "das Monopol der UEFA über den Vereinsfußball". Dieses hatte der Generalanwalt am EuGH im Dezember für rechtmäßig erklärt, da es dem EU-Recht nicht widerspreche. Eine Entscheidung des Gerichts steht noch aus, aber folgt der EuGH der Einschätzung des Generalanwalts üblicherweise.
Sollten die Richter tatsächlich dabei bleiben, bräuchte die Super League eine Zulassung der UEFA - oder die Klubs müssten einen Wettbewerb aufziehen, der komplett außerhalb der aktuellen Konstruktion stattfindet. Was in der Praxis wohl bedeuten würde, dass sich die Super-League-Teilnehmer aus ihren nationalen Ligen verabschieden müssten und auch nicht mehr an den UEFA-Europapokalen Champions League, Europa League und Conference League teilnehmen könnten. Englische Klubs bleiben nach Londons EU-Austritt davon zwar unberührt und könnten unabhängig vom Urteil an der Super League teilnehmen. Jedoch hat die Premier League bereits beschlossen, dass dies den Abzug von 35 Punkten zur Folge hat und darüber hinaus noch zusätzliche Strafen möglich sind.
Reichart wird deshalb in der A22-Mitteilung zitiert, dass es zunächst darum gehe, "auf Grundlage dieses Urteils ein neues, nachhaltiges Modell für europäische Vereinswettbewerbe zu entwickeln, die zumindest den Klubs aller 27 EU-Mitgliedstaaten offenstehen". Basieren sollen diese Wettbewerbe dann auf folgenden zehn Grundsätzen.
- Sportliche Leistung soll die Grundlage des Wettbewerbs bilden. Entgegen der ursprünglichen Planungen gebe es keine dauerhaften Mitglieder, sondern "60 bis 80 Mannschaften in mehreren Spielklassen".
- Nationale Ligen sollen das "Fundament des Fußballs" bilden. Die Klubs sollen "wie bisher Teil der nationalen Wettbewerbe" bleiben und diese sogar gestärkt werden, indem die Super League "zusätzliche Ressourcen" generiert. Also Geld, das über die Spielklassen-Pyramide verteilt wird. Das ist auch bei der UEFA so, allerdings profitieren dort vor allem die (regelmäßigen) Champions-League-Teilnehmer überproportional.
- Stabile und nachhaltige Einnahmen sollen die Wettbewerbsfähigkeit steigern. "Um europäische Vereine konkurrenzfähiger zu machen, bedarf es zusätzlicher finanzieller Mittel sowie strikt durchgesetzter Regeln für finanzielle Nachhaltigkeit", schreibt A22. Den Teilnehmern sollen 14 europäische Spiele garantiert werden.
- Die Gesundheit der Spieler soll in den Fokus genommen werden. "Spielergewerkschaften müssen mit einbezogen und der Dialog der Sozialpartner EU-weit gefördert" und die Zahl der Spieltage im aktuellen Kalender nicht erweitert werden.
- Finanzielle Nachhaltigkeit soll streng kontrolliert werden. "Die Ausgaben der Klubs dürfen nur auf den erwirtschafteten Mitteln beruhen und nicht auf wettbewerbsverzerrenden Kapitalspritzen", heißt es. Einen ähnlichen Effekt soll eigentlich das Financial Fairplay der UEFA haben, das sich in der Praxis aber bislang nicht dahingehend bewährt hat, einen fairen Wettbewerb herzustellen. Von den drei eingangs genannten Klubs befinden sich mit dem FC Barcelona und Juventus Turin aktuell zwei in finanziellen Schwierigkeiten, den Italienern wurden deshalb jüngst 15 Punkte abgezogen.
- Der neue Wettbewerb soll der beste der Welt sein. Als Maßstab nennt A22 "jüngere Generationen, die von global expandierenden US-Sportarten und digitalen Unterhaltungsangeboten in ihren Bann gezogen werden" und die stattdessen auch weiterhin für den Fußball gewonnen werden sollen. Dafür sei es notwendig, dass die besten Spieler der Welt "während der gesamten Saison regelmäßig gegeneinander antreten". Kritiker allerdings sehen darin eine Inflation von Topspielen - wenn alles ein Superstar-Duell ist, ist nichts mehr ein Superstar-Duell.
- Das Fanerlebnis soll verbessert werden. "Der Besuch von Auswärtsspielen sollte übergreifend unterstützt werden", auch von einer Vereinheitlichung der Stadionvorgaben ist die Rede.
- Mehr Geld für den Fußball der Frauen, "indem er mit den Männerwettbewerben ins Zentrum gestellt wird". Das Geld soll allerdings nicht nur in die Profiklubs fließen, "sondern auch an der Basis" Wirkung zeigen.
- Die Solidaritätszahlungen sollen steigen. "Mindestens 400 Millionen Euro pro Jahr" sind laut A22 dafür vorgesehen, unter anderem "für nicht-teilnehmende Klubs sowie für soziale Zwecke". Eine unabhängige Kontrolle dieser Geldflüsse ist demnach vorgesehen.
- Die "Werte und Gesetze der Europäischen Union müssen respektiert werden", ist der finale Punkt des Vorschlags. Schlichtungssysteme müssten innerhalb der EU verbleiben, Sportschiedsgerichte allein über Sportangelegenheiten entscheiden. "Alle anderen Streitigkeiten müssen von zuständigen Gerichten verhandelt werden und alle Fälle sollten unter Aufsicht des Justizsystems der EU stehen."
Unter diesen Vorschlägen und Erkenntnissen finden sich zahlreiche bedenkenswerte Punkte. Die Umsetzung der hehren Vorhaben aber bleibt unkonkret. Das ist der Übersichtlichkeit der Mitteilung zwar dienlich - lässt aber auch viele Fragen offen.
Quelle: ntv.de, tsi/sue