FC Bayern besser als Deutschland? Taktikdebatte stört Titel-Vorfreude
04.04.2013, 20:29 Uhr
(Foto: dapd)
Am Samstag kann der FC Bayern in Frankfurt vorzeitig Deutscher Meister werden, zum 23. Mal. Doch vor dem Spiel sorgt eine Debatte um Taktik und Vergleiche mit dem DFB-Team für Unruhe, die ausgerechnet Dauer-Mahner Matthias Sammer losgetreten hat. Der fühlt sich missverstanden. Dennoch diskutiert sogar der Bundestrainer mit.
Der Rathausbalkon ist vom Eis befreit, Bayern München bereitet sich auf die 23. Fußball-Meisterschaft vor. Doch in die Vorfreude auf den Titel mischt sich eine lästige Taktikdebatte. Ist der FC Bayern besser als Deutschland? Hat der Rekordmeister es im Champions-League-Spiel gegen Juventus Turin besser gemacht als die Nationalmannschaft mit acht Bayern im EM-Halbfinale gegen Italien mit sechs Turinern? Er habe "überhaupt niemanden miteinander verglichen", sagt Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer, an dessen Analyse des Spiels gegen Juventus sich die Debatte entzündet hatte.

Matthias Sammer fühlt sich falsch verstanden, ihm dürfte die Diskussion besonders unangenehm sein. Er mahnt ja immer zu Ruhe.
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Ein Vergleich sei auch gar nicht möglich, betonte Bundestrainer Joachim Löw in der "Bild"-Zeitung, "schon wegen der unterschiedlichen Besetzung. Die italienischen Nationalspieler Balotelli und Cassano zum Beispiel sind gar nicht bei Juventus. Und Pirlo (der Regisseur beider Mannschaften, d.Red.) hatte diesmal einen selten schwachen Tag." Aber, sagte Löw, "der FC Bayern hat es sehr gut gelöst". Nichts anderes habe er am Dienstagabend sagen wollen, betonte Sammer. "Es so darzustellen, als hätte ich die Nationalmannschaft kritisiert, ist Krawall".
Nach dem 2:0 der Münchner im Viertelfinal-Hinspiel hatte er Parallelen zwischen der Spielanlage der Turiner und der Italiens beim 2:1-Sieg gegen die DFB-Auswahl vor neun Monaten beschrieben. "Das was uns ein bisschen kaputt gemacht hat beim Spiel gegen Italien war in Spielzügen ja die gleiche Strategie von Juve", sagte er, "und wir haben es besser verteidigt, inklusive Pirlo weggenommen."
Ist das ein Vergleich? Nein, meinte Sammer, ein solcher sei auch "unzulässig". Er habe lediglich die Begegnung "taktisch analysiert und gesehen, dass die Spielanlage, das Aufbauspiel, wie es Juve gespielt hat, mir in der Form das letzte Mal im EM-Halbfinale bei den Italienern begegnet ist". Er habe jedoch nie gesagt, "wir haben es besser oder schlechter gemacht". Dies habe er Löw auch in einem Telefonat erläutert. "Mein Eindruck war der eines vollständigen Verständnisses von seiner Seite", sagte Sammer über das Gespräch.
Alles Mannschaften auf Topniveau
Sammers Nachfolger als DFB-Sportdirektor, Robin Dutt, wollte in der Münchner tz "nur sehr ungern die eine sehr gute Mannschaft gegen die andere sehr gute Mannschaft aufwiegen". Weil Klubs anders als Nationalteams die Möglichkeit hätten, sich eine Weltauswahl zusammenzustellen, sei ein Vergleich "unrealistisch". Der FC Bayern und Deutschland seien "absolute Top-Mannschaften", die auf einem Niveau mit dem FC Barcelona, Real Madrid oder Welt- und Europameister Spanien anzusiedeln seien, ergänzte Dutt.
Pirlo selbst erklärte, er sei von der Nationalelf gut zugedeckt worden, von den Bayern aber noch besser. "Als wir gegen Deutschland gespielt haben, habe ich schon eine harte Deckung gespürt. Aber dieses Mal war alles noch mehr auf mich fokussiert. Die Bayern haben ein richtig großes Spiel abgeliefert und wir waren unterirdisch", sagte er zu Sport1.
Italien 2012, immer wieder
Italien 2012 - diese Debatte holt Löw und den DFB immer wieder ein. Damals hatte sich der Bundestrainer entschlossen, die Kreise von Andrea Pirlo durch die Hereinnahme von Bayern-Profi Toni Kroos (für Marco Reus) zu stören. Kollege Jupp Heynckes war am Dienstag gezwungen, ab der 16. Minute ohne den verletzten Kroos auszukommen. Mit dem lauffreudigen Thomas Müller hinter der kampfstarken Spitze Mario Mandzukic nahm der FC Bayern Juve aber dennoch die Luft und zwang Pirlo zu ungewöhnlich vielen Fehlern im Spielaufbau.
Sammer lobte jetzt "dieses extreme Arbeiten gegen den Ball" und "das Verteidigen in der vordersten Linie - ohne, dass dabei Freude am Spiel oder Kreativität verloren gehen". Im Rückspiel am 10. April in Turin müsse der FC Bayern "den Beweis antreten, dass wir es noch einmal so gut machen können". Und auch im Spiel am Samstag (15.30 Uhr/im n-tv.de Liveticker) bei Eintracht Frankfurt müsse man sich "daran messen lassen, wie wir gegen Juve gespielt haben".
Am Ende könnte dann die nach dem 9:2 gegen den Hamburger SV noch vertagte Meisterfeier nachgeholt werden. Bei einem eigenen Sieg in Frankfurt sind die Bayern durch, ansonsten darf Borussia Dortmund nicht gegen den FC Augsburg gewinnen. Wenn es mit dem Titel klappt, sei ein Gläschen erlaubt, sagte Sammer, die echte Feier aber müsse nachgeholt werden - "weil am Mittwoch wieder Turin wartet".
Quelle: ntv.de, sid