Fußball

"Die Kirsche auf der Torte" Toppmöller genießt EL-Coup mit Düdelingen

Der Jahresetat bei Düdelingen liegt bei rund 2,5 Millionen Euro. EL-Gegner Milan plant mit dem Hundertfachen.

Der Jahresetat bei Düdelingen liegt bei rund 2,5 Millionen Euro. EL-Gegner Milan plant mit dem Hundertfachen.

(Foto: imago/Majerus)

Als erster luxemburgischer Verein schafft Düdelingen den Sprung in die Gruppenphase der Fußball-Europaliga. Der deutsche Trainer Dino Toppmöller hat seine eigene Vorstellung, wie die Spiele laufen sollen. Verstecken und Mauern gehören aber nicht dazu.

AC Milan, Real Betis Sevilla und Olympiakos Piräus - allesamt namhafte Fußball-Klubs, die in Gruppe F um den Einzug in die K.-o.-Phase der Europaliga spielen. In einem Atemzug wird nun auch der luxemburgische Vertreter F91 Düdelingen genannt. Als erster Klub des Landes nimm er an der Gruppenphase eines europäischen Wettbewerbs teil. Die Auslosung war "das letzte I-Tüpfelchen, die Kirsche auf der Torte", sagt der deutsche Trainer Dino Toppmöller im Gespräch  mit n-tv.de. An diesem Donnerstag (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) geht es gleich gegen die Mailänder, die mit vier Punkten aus drei Spielen schlecht in die Saison der italienischen Serie A gestartet sind. Außergewöhnlich", "unbeschreiblich", "historisch" - in der 20.000-Einwohner-Stadt mangelt es nicht an Euphorie. Dabei ist das Erreichen der Gruppenphase nicht nur auf die laufende Saison zurückzuführen. "Da muss man etwas weiter ausholen", sagt Toppmöller.

Dino Toppmöller ist seit Sommer 2016 Trainer in Düdelingen.

Dino Toppmöller ist seit Sommer 2016 Trainer in Düdelingen.

(Foto: imago/Newspix)

Er trainiert die Mannschaft seit mehr zwei Jahren. Und sein Team hat sich entwickelt. 2016 kann Düdelingen gegen den aserbaidschanischen Klub Qarabag Agdam in der Qualifikation zur Champions League noch wenig ausrichten. Ein Jahr später ist gegen Apoel Nikosia ebenfalls in der zweiten Runde Schluss, doch das Spiel hinterlässt ein anderes Gefühl bei Trainer und Team. "Gegen Nikosia haben wir Lehrgeld gezahlt. Wir sind mit zwei 0:1-Niederlagen ausgeschieden, obwohl wir die bessere Mannschaft waren."

In der Champions-League-Qualifikation in dieser Saison hatten die Luxemburger gute Werte gegen den ungarischen Klub MOL Vidi FC aus Székesfehérvár - mehr Ballbesitz, mehr Abschlüsse. Doch am Ende steht das erneute Aus. "Das war ein Schlüsselerlebnis für uns. Da hab ich an die Jungs appelliert, dass wir drei Mal nah dran und auf Augenhöhe waren", sagt der 37 Jahre alte Toppmöller. Der Anspruch war, nun in der Europaliga-Qualifikation eine Runde weiterzukommen. Und bei einer Runde blieb es nicht. Nach dem kosovarischen Klub KF Drita folgten international bekannte Teams wie Legia Warschau und CFR Cluj - Düdelingen schaltete beide aus.

Sonderurlaub für die Teilzeitprofis

"Wir haben je nach Spiel an ein paar taktischen Stellschrauben gedreht, aber wir haben stets gesagt: Wir wollen mutig sein, von hinten rausspielen - selbst wenn der Gegner uns anläuft - und mit Flachpässen vorwiegend durchs Zentrum nach vorne kommen. Dass wir dann fußballerisch so gut sind, hat die gegnerischen Mannschaften sicher überrascht", sagt Toppmöller, der einst unter anderem für die Frankfurter Eintracht in der zweiten Liga spielte. Für die Qualifikation habe der Verein einiges geopfert und Top-Spieler in der Liga geschont. Das müsse sich aber nun wieder ändern, um die Doppelbelastung verkraften zu können, sagt der Sohn des bundesligabekannten Trainers Klaus Toppmöller. "Jetzt sind wir in der Gruppenphase und das wollen wir genießen, egal, wie es dann ausgeht. Für uns hat die Liga Priorität, weil wir nächstes Jahr wieder international spielen wollen."

Der Ex-Dortmunder Marc-André Kruska zieht bei Düdelingen die Fäden im Mittelfeld.

Der Ex-Dortmunder Marc-André Kruska zieht bei Düdelingen die Fäden im Mittelfeld.

(Foto: imago/Majerus)

Abschenken will der "absolute Nobody" gegen die Top-Klubs aus Italien, Spanien und Griechenland aber nichts. Vielmehr hält Toppmöller an seinem Plan fest: "Wir versuchen uns perfekt auf die Gegner vorzubereiten. Wir wissen, dass Higuain ein guter Spieler ist, aber wir wollen dann nochmal genauer hinschauen: Wie sind seine Laufwege und in welche Räume bewegt er sich gerne. Da wollen wir gut vorbereitet sein und das gibt den Spielern auch eine gewisse Sicherheit." Motivieren muss er seine Mannschaft ohnehin nicht, eher für Lockerheit sorgen, wie Toppmöller sagt. Doch der Verein muss sogar noch kleine logistische Hürden nehmen. Die internationalen Heimspiele kann Düdelingen nicht im eigenen Stadion austragen, da es die Uefa-Richtlinien nicht erfüllt. Gespielt wird nicht in der Provinz, sondern im 20 Kilometer entfernten Josy-Barthel-Stadion in der Stadt Luxemburg, wo auch die Nationalmannschaft ihre Spiele austrägt, das mit seinen 8000 Plätzen gegen Milan natürlich ausverkauft ist.

In den kommenden drei Monaten soll sich das Team voll auf Fußball konzentrieren. "Wir haben noch ein paar Studenten in der Mannschaft und sechs Spieler, die noch arbeiten gehen", beschreibt Toppmöller die noch nicht ganz profihaften Bedingungen des luxemburgischen Meisters. Eine Lösung scheint aber schon gefunden: "Ich denke, wir werden da mit dem einen oder anderen Arbeitgeber eine Art unbezahlten Urlaub eingehen, wo der Verein dann dafür aufkommt." Im Kader stehen aber nicht nur unbekannte Kicker. Der Ex-Dortmunder Marc-André Kruska, Ex-Schalker Levan Kenia und der ehemalige Lyon-Verteidiger Milan Bisevac haben bereits in höchsten europäischen Ligen gespielt.

Düdelingen will Milans Offensivstars beschäftigen

Doch bei aller Vorbereitungen darf die fußballerische Klasse der kommenden Gegner nicht außer Acht gelassen werden. Das weiß auch Toppmöller, der genaue Vorstellungen hat, wie sich sein Team gegen Milan präsentieren soll. Gegen Mannschaften, die es gewohnt seien, den Ball zu haben, müsse man selbst zu längeren Ballbesitzpassagen kommen und nicht hektisch versuchen, den Ball nach vorne zu bringen. "Higuain, Suso und Calhanoglu - die haben nicht so viel Bock auf Defensivarbeit. Das wollen wir dann ausnutzen. Wir wollen mitspielen und uns nicht um den Sechszehner verschanzen."

Toppmöller will der Marschroute aus den erfolgreichen Qualifikationsspielen treu bleiben. Das könne zwar zu mehreren Gegentoren führen , "aber das kann dir auch passieren, wenn du dich hinten reinstellst. Wir wollen lieber Spaß am Spiel und ein paar Phasen im Spiel haben, die uns gehören". Insgeheim hofft Toppmöller, in der Gruppenphase mit seinem Team erneut für eine Überraschung zu sorgen. "Aber ich würde mich schon freuen, wenn wir mutig sind und unabhängig vom Ergebnis eine gute Leistung zeigen", räumt er ein. "Ich hoffe, dass die Nervosität und der Respekt nicht zu groß ist, wenn wir auf dem Platz sind."

 

Quelle: ntv.de

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