Fußballaufruhr in Spanien "Trikot-Gate" treibt Piqué zum Radikalschritt
10.10.2016, 13:23 Uhr
Genug ist genug: Gerard Piqué will sich nur noch bis 2018 den Anfeindungen aussetzen, die er bei Länderspielen erdulden muss.
(Foto: imago/Agencia EFE)
Spanien bebt: Welt- und Europameister Gerard Piqué will nur noch bis zur Fußball-WM 2018 im Nationalteam spielen. Damit reagiert er auf immer obskurere Vorwürfe, in denen ihm wiederholt Vaterlandsverrat unterstellt wird.
Gerard Piqué wurde Weltmeister, er wurde Europameister. In Barcelona nennen sie den Abwehrspieler in Anlehnung an den deutschen Fußball-Kaiser ehrfurchtsvoll "Piquenbauer", seine Frau ist ein weltbekannter Popstar. Doch in weiten Teilen Spaniens wird der stolze Katalane nicht geliebt, sondern oft sogar verachtet und beschimpft - und darauf hat Piqué nun keine Lust mehr.
"Es gibt Menschen, die glauben, es sei besser, wenn ich nicht hier wäre", sagte der tief enttäuschte 29-Jährige nach dem 2:0 (0:0) in Albanien: "Die WM 2018 in Russland wird mein letztes Turnier mit der Nationalmannschaft sein." In zwei Jahren ist Piqué erst 31. Über den Rücktritt habe er zwar "schon lange" nachgedacht. "Die Entscheidung ist nicht heute gefallen", sagte der Innenverteidiger. Doch die Vorkommnisse während des WM-Qualifikationsspiels und danach waren "der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat", sagte Piqué.
Piqué, der Vaterlandsverräter?
In Shkodër war der Abwehrchef in einem Langarm-Trikot aufgelaufen, im Übrigen nicht als einziger Nationalspieler. Piqué hatte aber die langen Ärmel abgeschnitten, um ein wärmendes, bequemeres Funktionsshirt (mit langen Ärmeln) darunterziehen zu können. So weit, so normal.
Doch sofort nach dem Anpfiff entlud sich in den sozialen Medien ein Sturm der Entrüstung. Die Piqué-Gegner echauffierten sich, der Innenverteidiger habe die Ärmel von einem Kurzarm-Trikot abgeschnitten - genau über der Stelle, wo auf der luftigeren Trikot-Version eigentlich die spanischen Nationalfarben als Ringe die Ärmel zieren. Piqué, der Vaterlandsverräter.
"Was heute passiert ist, passt zu dem, was in den vergangenen Jahren passiert ist", sagte er. Weil der in Barcelona geborene Innenverteidiger nie einen Hehl aus seiner Liebe zu Katalonien machte, jenem wirtschaftlichen Teil Spaniens, der am liebsten ein eigener Staat wäre, wurde er immer wieder ausgebuht. Jede Kleinigkeit wird Piqué zur Last gelegt.
"Von alledem hat er genug"
Ein ähnliches Beben hatte er verursacht, als er während der EURO 2016 vor der Partie gegen Kroatien angeblich bewusst den Mittelfinger zeigte - während die spanische Nationalhymne lief. Bei der Marcha Real soll er zudem immer wieder zu Boden gucken. Ein weiterer Affront? "Von alledem hat er genug", schrieb die Madrider Sportzeitung "Marca" und listete die Skandälchen um den Weltklassespieler auf, der mit dem FC Barcelona dreimal die Champions League gewann.
Der spanische Verband RFEF sah sich genötigt, eine Pressemitteilung zum Trikot-Wirbel zu veröffentlichen. Die spanischen Zeitungen ruderten inzwischen zurück. "Wir sollten uns alle ein wenig beruhigen", sagte Spaniens neuer Nationaltrainer Julen Lopetegui, der lieber den sportlichen Wert des Siegs in Albanien hervorheben wollte.Denn weil Italien überaus glücklich 3:2 (1:0) in Mazedonien gewann, bleibt es in der Gruppe G beim erwarteten Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Fußballgrößen.
Quelle: ntv.de, Jan Mies, sid