Fußball

Schiedsrichter zu schlecht? VAR-Debatte frisst Schwedens Fußball auf

Bekennender VAR-Nicht-Fan: Zlatan Ibrahimovic.

Bekennender VAR-Nicht-Fan: Zlatan Ibrahimovic.

(Foto: IMAGO/Bildbyran)

VAR? Abschaffen, sagen manche. Schweden hat ihn gar nicht eingeführt, als einzige größere Liga in Europa. Doch jetzt hat der neue Verbandschef Fredrik Reinfeldt die Frage "VAR oder nicht" neu aufgeworfen - und vertieft die Spaltung des schwedischen Fußballs.

"Gott" hat es wie immer vorher gewusst. Der Video Assistant Referee, kurz VAR, funktioniere einfach nicht, klagte Zlatan Ibrahimović schon 2019. "Was hat der da oben gemacht?", schimpfte Schwedens Fußball-Heiliger in seiner USA-Zeit über einen unaufmerksamen Videoassistenten: "Einen Kaffee mit Magic Johnson getrunken?"

In Ibrahimovics Heimat sind die Vorbehalte gegenüber dem technischen Hilfsmittel bis heute weit verbreitet: Die schwedische Allsvenskan ist unter den 30 höchstplatzierten Ligen Europas die einzige, die sich dem VAR noch immer verweigert. Sie ist damit in "bester" Gesellschaft mit Fußball-Zwergen wie Gibraltar, Andorra oder San Marino, die zu den 18 der 55 UEFA-Länder zählen, die auf das Hilfsmittel verzichten.

"Der VAR ist unsere Zukunft"

Doch jetzt hat der neue Verbandschef Fredrik Reinfeldt, von 2006 bis 2014 Ministerpräsident, die Frage "VAR eller inte VAR?" (VAR oder kein VAR) neu aufgeworfen - und die Spaltung des schwedischen Fußballs vertieft. "Der VAR ist unsere Zukunft", sagte Reinfeldt dem Sender SVT und behauptete, nur "ein paar Fans" würden dies anders sehen. Die Diskussion sei wegen der Abwehrhaltung der Interessengruppen nie ehrlich geführt worden.

Der Aufschrei derselben war unüberhörbar. 18 der 32 Profiklubs haben gültige Beschlüsse ihrer Mitgliederversammlungen, sich gegen die Einführung des VAR zu stellen - darunter Topvereine wie der zweimalige UEFA-Cup-Sieger IFK Göteborg und Rekordmeister Malmö FF oder Hammarby IF mit Anteilseigner Ibrahimović. Kein einziger Klub tritt aktiv pro VAR auf.

Fan-Chef ist frustriert

Isak Eden, Chef der Fanvereinigung Svenska Fotbollssupporterunionen (SFSU), findet die Haltung von Verbandsboss Reinfeldt "ein bisschen frustrierend". Der Standpunkt der organisierten Anhänger wie der Klubs sei "klar: Wir wollen den VAR nicht!" Mit seiner Begründung spricht er vielen Anhängern auch in Deutschland aus der Seele: "Er raubt dir das eigentliche Gefühl und das Erlebnis."

Die Frage wühlt auf, auch weil sie an das ureigene Verständnis der Verbandsdemokratie rührt. Der schwedische Fußball ist stolz darauf, wichtige Angelegenheiten nicht von oben herab zu entscheiden. Analog zum 50+1 in Deutschland regelt die "51-procentsreglen" die Stimmenverhältnisse innerhalb der Klubs. Sich womöglich darüber hinwegzusetzen, sei "sehr gefährlich", warnt Fanvertreter Eden.

"Unsere Mission ist es, so fair wie möglich zu sein"

Mehr zum Thema

Doch nicht nur Reinfeldt wäre dafür. "Die Schiedsrichter in Schweden brauchen den VAR, weil sie zu schlecht sind", sagte Verteidiger Lars Saetra von Kalmar FF. Tatsächlich wollen laut einer SVT-Umfrage 84 Prozent der Erstliga-Referees die Unterstützung. "Unsere Mission ist es, so fair wie möglich zu sein", sagte der schwedische FIFA-Schiedsrichter Mohammed Al-Hakim, "wenn eine Technologie uns dabei helfen kann, sollten wir sie nutzen." Zumal einige seiner Kollegen international den Anschluss verlieren, weil sie dort mangels VAR-Ausbildung nicht mehr pfeifen dürfen.

Sogar der gerne belächelte Nachbar Norwegen hat seit dieser Saison den Video-Schiri. In Schweden soll im November ein Gremium mit Vertretern der (Regional-)Verbände und Klubs neu entscheiden. Frühestens 2025 könnte der VAR dann doch noch kommen - egal, was "Gott" davon hält.

Quelle: ntv.de, tno/sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen