Sechs Dinge, die wir am 17. Spieltag gelernt haben Verfolgerchen kapitulieren vorm FC Bayern
23.12.2013, 11:03 Uhr
"In mir wächst die Zuversicht, dass wir die richtigen Schlüsse ziehen. Dann kann das Scheiß-Ende von 2013 ein Super-Anfang für 2014 gewesen sein": Jürgen Klopp.
(Foto: dpa)
Stellen Sie sich vor, es ist Fußball-Bundesliga - und der FC Bayern spielt nicht mit. Wie zum Abschluss der Hinrunde. Ein Trauerspiel! Da ist der Kater aus dem Haus, und was machen die Mäuse? Kriechen unter den Tisch.
1. Die Bayern sind lieber Weltmeister
Wir wissen nicht, ob Sie davon gehört haben - aber der FC Bayern ist jetzt Weltmeister. Weil sie müde den chinesischen und den marokkanischen Meister routiniert geschlagen haben, dürfen sie sich jetzt so nennen. Was sie mit Vergnügen tun. Die Namen der Gegner klangen zwar so wenig glamourös wie es ihre Art Fußball zu spielen dann auch war. Aber dafür können die Münchner und ihr Trainer Josep Guardiola ja nun ausnahmsweise nichts. Sie besiegen einfach die Gegner, die man ihnen vorsetzt. Derweil durfte die Bundesliga an ihrem 17. Spieltag schon einmal testen, ob es national nicht auch ohne die Bayern geht. Fazit: Klar geht das. Die Stadien waren voll, die Fernsehsender haben übertragen und spannend war's auch. Bayer Leverkusen verteidigt die Tabellenführung, die Mönchengladbacher überholen die Dortmunder und klettern auf Rang zwei, der VfL Wolfsburg ist nun Vierter, gefolgt vom starken Aufsteiger aus Berlin. Nur dass die Liga sich trotz allem nicht ansatzweise von den übermächtigen Bayern emanzipiert hat.
2. Wenn die Bayern nicht spielen, verliert der Tabellenzweite
Im Zusammenhang mit den Fußballern von Bayer Leverk usen fällt häufig und gerne der Begriff Komfortzone. Wir wissen, zumindest aus eigener Anschauung, nicht so genau, was das ist. Stellen aber fest: Sie haben nach der Niederlage gegen Eintracht Frankfurt am 16. Spieltag nun auch zum Abschluss der Hinrunde verloren, dieses Mal beim SV Werder Bremen. Das hat zur Folge, dass sie aus Mangel an Konkurrenz zwar immer noch erster Verfolger des FC Bayern sind. Aber bei sieben Punkten Rückstand von Verfolger zu sprechen klingt so, als wollten wir die Sache künstlich spannend halten. Zumal die Münchner ihre Partie beim VfB Stuttgart am 29. Januar noch nachholen. Immerhin sorgten die Leverkusener für den rührendsten Moment des Spieltags. Bremens Trainer Robin Dutt war nach dem nicht erwarteten Sieg, nun 19 Punkten und Tabellenplatz elf so ergriffen, dass er sich bei der Pressekonferenz bewegt für die außerordentliche Unterstützung der Fans bedankte. "Was hier in Bremen abläuft, gibt es nicht so oft in der Bundesliga. Das ist Wahnsinn. Wir haben gekämpft und sind alle einfach nur glücklich nach einem unglaublich schwierigen Jahr." Dann reichte es noch zu einem gepressten "Frohe Weihnachten". Beinahe hätte er geweint.
3. Wenn die Bayern nicht spielen, verliert der Tabellendritte
Was zur Folge hat, dass die Borussia aus Dortmund nun nur noch auf Platz vier steht. Noch einmal fürs Protokoll: Bis zum FC Bayern sind es jetzt 12 Punkte, gewinnen die Münchner in Stuttgart, sogar 15. Macht am Ende der Saison satte 30 Zähler. Klingt nicht gut, ist es auch nicht. Der in der Liga inflationär gebrauchte Begriff der Krise ist hier durchaus angebracht. Nach der 1:2-Niederlage gegen eine gutes Team aus Berlin, das vor allem leidenschaftlich verteidigte, sagte Trainer Jürgen Klopp: "Das Gute an diesem letzten Drittel des Jahres ist, dass es nun vorbei ist." Wohl wissend, dass seine Mannschaft nun nicht nur gegen die Hertha, sondern auch gegen die Bayern, Leverkusen, Mönchengladbach und in Wolfsburg verloren hat. Also gegen die Klubs, die in der Tabelle auf den Plätzen eins bis sechs stehen. "25 Punkte Rückstand auf Bayern wird es nicht wieder geben", hatte Vereinschef Hans-Joachim Watzke vor der Saison gesagt. Was im Sommer bescheiden klingen sollte, ist jetzt ein ehrgeiziges Ziel.
Die Herthaner hingegen freuen sich über eine überragende Hinrunde, Platz sechs ist nicht nur für einen Aufsteiger mehr als respektabel. Und auch die Berliner haben ihre ganz eigene, rührende Geschichte zu erzählen. Weil Stammtorhüter Thomas Kraft und auch Ersatzmann Sascha Burchert verletzt sind, durfte der 18 Jahre junge Marius Gersbeck vor 80.645 Zuschauern sein Debüt geben. Erst patzte er gegen Marco Reus, dann rettete er den Berlinern den Sieg. Hinterher war Gersbeck dort, wo er auch sonst zu finden ist. "Als er zu den Fans über den Zaun geklettert ist, hab ich gedacht, er kommt nicht mehr zurück", sagte Trainer Jos Luhukay über den Mann, der bei den Heimspielen der Hertha in der Ostkurve des Olympiastadions steht. Nun haben auch die Berliner ihren Kevin Großkreutz, einen Fan im Trikot auf dem Platz.
4. Wenn die Bayern nicht spielen, gewinnt auch der Tabellenvierte nicht
Und der Tabellenfünfte auch nicht. Borussia Mönchengladbach und der VfL Wolfsburg haben nämlich gegeneinander und unentschieden gespielt. Was den Borussen reichte, um an den Dortmundern vorbei auf Platz drei zu klettern. Auch wenn sie nun nicht mehr von sich behaupten können, alle Heimspiele in dieser Spielzeit gewonnen zu haben: Andererseits: Zum Auftakt der Rückrunde am 24. Januar ist der FC Bayern zu Gast. Dann wäre die Serie eh gerissen. Eine Prognose, der sich Trainer Lucien Favre natürlich nicht anschließen konnte. Er war sauer, dass es gegen den Tabellenfünften aus Wolfsburg nicht zu einem Sieg gereicht hat. "Du musst das 2:1 unbedingt halten. Das ist wieder eine gute Lehre. Es ist ein gutes Signal, wenn wir so enttäuscht sind." Die Wolfsburger haben derweil die beste Hinrunde der Vereinsgeschichte hinter sich, besser auch als in der Saison 2008/2009, als sie unter Felix Magath die Deutsche Meisterschaft gewannen. "Die Freude ist unterkühlt norddeutsch. Aber die Mannschaft hat Gier nach Erfolg. Der Weg geht weiter", kündigte Trainer Dieter Hecking an. Ob die Bayern nun doch noch zittern müssen?
5. Wenn die Bayern nicht spielen, gewinnt auch der Sechste nicht
Dafür haben sie sich beim FC Schalke 04 dazu durchgerungen, auch nach der Winterpause mit Trainer Jens Keller weiterzumachen. Am wenig erbaulichen 0:0 beim in dieser Hinrunde damit komplett sieglosen 1. FC Nürnberg (Rekord!) kann es nicht gelegen haben. Vielleicht hat Schalke nachdenklich gestimmt, dass es auch ohne Keller überhaupt nicht lief beim Gastspiel in Franken und man hinter Aufsteiger Hertha BSC und außerhalb der internationalen Startplätze überwintert. Der Trainer war magen-, darm-, grippe- und überhaupt geschwächt im Hotel geblieben und musste dort mit ansehen, wie die in der Hinrunde komplett sieglosen Nürnberger (Rekord!) Ralf Fährmann zum Spieler der Partie machten. Ralf Fährmann, den Schalke-Keeper. Der parierte, einmal in Form, nach Abpfiff gleich noch Fragen nach einem möglichen Abschied seines Coaches. Immerhin ist Keller nicht nur für die dpa gefühlt "der Trainer mit den meisten Entlassungen in der Bundesliga". Fährmann aber fand: "Der Trainer bereitet uns die Woche über auf die Gegner gut vor. Ich denke, so wird es auch in Zukunft sein." Am Sonntagabend teilte der Verein nach seiner großen Hinrundenanalyse dann mit, dass er ähnlich denkt wie Fährmann. Über Twitter wurde ganz neumodisch verkündet: "Alle Themen wurden konstruktiv und offen besprochen, dabei auch klar analysiert, was es zu verbessern gilt. All dies wird das Trainerteam mit Jens Keller mit Beginn der Rückrundenvorbereitung am 3. Januar konsequent anpacken." Die Tabelle verrät: Es gibt einiges zu tun beim Ligasiebten.
6. Wenn der Schiedsrichter Fehler zugibt, verliert Markus Gisdol
Zum Schluss mal etwas komplett anderes: Winkmann, Guido, kennen Sie den? Sollten Sie, auch wenn er rein gar nix mit dem FC Bayern zu tun hat. Denn Guido Winkmann hat nach dem Bundesligaspiel zwischen Braunschweig und Hoffenheim etwas Bemerkenswertes getan. Er hat Fehler zugegeben, und zwar welche, die er selber gemacht hat. Vor versammelter Presse räumte der 40-Jährige ein, dass er Braunschweig erst ein regelkonformes Tor weggepfiffen und der Eintracht dann einen regelwidrigen Elfmeter zugepfiffen hatte. Kenner sprechen dabei auch von einer Konzessionsentscheidung. Jedenfalls: Nach einer Hinrunde, in der die Referees beklagenswert regelmäßig durch bemerkenswerte Fehler - "Phantomtor", Wembley-Tor, Debatten um Handelfmeter, katastrophale Abseitsentscheidungen – für Frust bei Fans und Vereinen sorgten, ein sehr löblicher Schritt. Immerhin findet selbst DFB-Schiedsrichterboss Herbert Fandel, qua Amt eigentlich oberster PR-Mann der Gilde, "dass wir mit dem Verlauf der Hinrunde insgesamt nicht rundum zufrieden sein können". Die bislang unterentwickelte Fähigkeit zur öffentlichen Selbstkritik der Referees ist da ein löblicher Ansatz. Nur bei Hoffenheims Coach Markus Gisdol ist diese Erkenntnis noch nicht angekommen, er wetterte nach dem Spiel: "Wir müssen heute drei Elfmeter bekommen. Wenn das der Schiedsrichter einfach nicht sieht, dann frage ich mich, ob das Bundesliga-Niveau ist." Eine Frage, die wir an dieser Stelle gerne an Gisdol zurückgeben.
Quelle: ntv.de