Fußball

Rulli sorgt für Titel-Premiere Villarreals Held der epischen Elferschlacht

21 Elfmeter, alle drin. Der 22. entscheidet dann aber das Finale der Europa League. Im Mittelpunkt des Geschehens zwischen Manchester United und dem FC Villarreal stehen die beiden Torhüter - für die der lange Abend nicht unterschiedlicher enden könnte. Der deutlich Unbekanntere hat die Nase vorn.

Er hüpft auf und ab, die Hände an die Latte gestreckt. Dann wird Geronimo Rulli für einen Moment ganz ruhig, überprüft genauestens seinen Stand auf der Torlinie. Schiedsrichter Clement Turpin pfeift, Rulli hüpft erneut leicht, David De Gea läuft an, schießt mit links. Rulli bleibt recht lang stehen, entscheidet sich für seine linke Torwartecke - und wehrt De Geas nicht besonders harten oder platzierten Schuss ab. Rulli fällt auf die Knie, dreht sich in Richtung der hinter ihm stehenden Fans, reißt die Arme zum Jubel nach oben und seine Teamkollegen vom FC Villarreal rennen auf den 29-Jährigen zu.

Manchmal ist Fußball so schön, so bitter, so einfach: Dieser eine gehaltene Elfmeter entscheidet über Sieg und Niederlage. Und Rullis Klub hat gerade die Europa League gewonnen. Zum ersten Mal, den letzten Titel gab es in der Saison 2004/05 als die Spanier den UI-Cup-Sieg, den sie schon in der Vorsaison geholt hatten, erfolgreich verteidigten. Zu lange her, als dass einer der an diesem Abend in Danzig Anwesenden daran teil hatte.

Manchester United ist unterlegen, Torwart De Gea die tragische Figur des Spiels. Eines sehr denkwürdigen, eines gar epischen. Denn der verschossene Elfmeter des Manchester-Keepers war der 22. der Partie. 21 Elfmeter vorher gingen ins Tor, auch der von Rulli geschossene unmittelbar vor dessen Parade. 120 Minuten zuvor hatten keinen Sieger hervorgebracht. In der regulären Spielzeit hatte Gerard Moreno (29.) für Villarreal getroffen, Edinson Cavani (55.) war der zwischenzeitliche Ausgleich für das Team von Trainer Ole Gunnar Solskjaer gelungen. Es folgte eine Verlängerung ohne Tor. Und dann eben das Elfmeterschießen, nein, das Elfmeter-Drama. Jeweils fünf Schützen treten an, alle verwandeln. Die Verlängerung des Elfmeterschießens steht an, wieder treffen alle. Dann also die beiden Torhüter. Rulli kann vorlegen und wenige Minuten später jubeln. Anpfiff um 21 Uhr, Abpfiff um 23:56 Uhr. 11:10 im Elfmeterschießen lautet der Endstand.

"Noch nie einen glücklicheren Tag als heute"

"Es ist unglaublich. Ich kann es nicht mit Worten beschreiben", sagt Rulli nach dem Spiel. "Ich hatte noch nie einen glücklicheren Tag als heute." Sein Trainer Unai Emery kennt das Gefühl des Triumphes dagegen bereits. Und zwar mehrfach, der Sieg mit Villarreal ist der vierte Europa-League-Sieg für den Spanier. Niemand kann mehr Titel in der zweithöchsten Spielklasse Europas vorweisen. Dass ihm der Erfolg mit Villarreal gelingt, ist wohl der ungewöhnlichste Triumph seiner Sammlung. Der 49-Jährige übernahm das "Gelbe U-Boot", wie Villarreal von seinen Fans genannt wird, vor dieser Saison. Seine vorherigen Arbeitgeber FC Arsenal warf er mit den Spaniern im Halbfinale aus dem Wettbewerb.

"Wir wollten diesen Titel unbedingt - schon die ganze Saison. Und jetzt haben wir ihn", sagt Emery nach dem Spiel. "Ich bin stolz auf dieses Projekt", erklärt er. "Jetzt feiern wir", kündigt er an. "Ich werde es genießen und mich dann erholen. Und dann müssen wir uns vorbereiten." Denn zum Pokal gibt es die Qualifikation für die Champions League in der kommenden Saison. Einen Wettbewerb, den Villarreal anders nicht erreicht hätte. In der Liga ist der Klub nur Siebter, dürfte also in der neuen European Conference League antreten. Doch Rulli sei Dank wird es stattdessen die Königsklasse.

Eben jenem Keeper, der sich mit einem gehaltenen Elfmeter in den Blickpunkt wirft. Da wird schon mal eben hervorgekramt, dass Rulli einst bei Manchester City unter Vertrag stand, dem Stadtrivalen des jetzigen Finalgegners. Für zweimal einen Tag übrigens; wurde der Argentinier doch direkt nach dem Kauf im August 2016 an Real Sociedad ausgeliehen und nach dem Leih-Ende gewinnbringend an denselben Klub verkauft. Für Villareal spielt Rulli seit September 2020, das Finale ist sein größtes Spiel und er schafft es, Fans zum Ausrasten und weinen zum Bringen. Nicht nur vor dem Fernseher, auch im Stadion, denn 9500 dürfen live dabei sein. Sie sorgen zusätzlich zum spannenden, engen Spiel für Enthusiasmus. Fußball mit Fans im Stadion, mit echter Kulisse, die auch am TV rüberkommt, da rückt die Pandemie für knapp drei Stunden zur Seite.

Da könnte Villarreal wieder auf Manchester United treffen. Die Engländer haben sich als Liga-Zweiter qualifiziert. Eigentlich eine erfolgreiche Saison also. Doch der verpasste Titel überlagert die Zufriedenheit. "Es ist keine erfolgreiche Saison", sagt Trainer Ole Gunnar Solskjaer. "So ist das im Fußball. Manchmal entscheidet ein Schuss eine Saison."

Quelle: ntv.de

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