Fußball

Der schlechteste Letzte Europas Voodoo-Zauber bei Crystal Palace

Bei Crystal Palace gelingt derzeit nichts: 7 Spiele, 0 eigene Tore, 17 Gegentore.

Bei Crystal Palace gelingt derzeit nichts: 7 Spiele, 0 eigene Tore, 17 Gegentore.

(Foto: REUTERS)

Fans von Crystal Palace sind zu bemitleiden. Die Mannschaft bricht einen Negativrekord nach dem anderen. Qualität, Ordnung und Einsatz - alles fehlt. Auch sonst geht schief, was schiefgehen kann, findet der Autor.

Es ist Länderspielpause, der Vereinsfußball ruht. Doch das bedeutet nicht, dass die Vereinsfußball-Fans ruhen. Mehr als 100 Anhänger von Crystal Palace haben das freie Wochenende genutzt, um an einem Fußmarsch durch London teilzunehmen. Die Strecke führte vom Selhurst Park, dem Stadion des Klubs im Süden der Stadt, über mehr als 42 Kilometer bis zum Trafalgar Square. Das Ganze fand für einen guten Zweck statt, durch den Spaziergang kamen umgerechnet mehr als 56.000 Euro für die Stiftung des Vereins zusammen, die Jugendarbeit in Süden Londons macht.

Roy Hodgson ist der Neue an der Seitenlinie.

Roy Hodgson ist der Neue an der Seitenlinie.

(Foto: Action Images via Reuters)

Andy Johnson, ehemaliger Angreifer von Crystal Palace und zwischen 2005 und 2007 sogar acht Mal für die englische Nationalmannschaft im Einsatz, machte den Marsch mit, um der Aktion Glanz zu verleihen, und er war voller Lob für die Fans. Tolle Beteiligung, tolle Stimmung, fantastisch, sagte er. Ein Fußmarsch über diese Distanz sei gar nicht so leicht.

Vermutlich aber immer noch leichter als das, was die Anhänger des Klubs durchmachen müssen, wenn nicht gerade Länderspielpause ist.

Die Fans von Crystal Palace sind zu bemitleiden. In den ersten sieben Spielen der Saison kassierte der Verein nicht einfach nur sieben Niederlagen. Er blieb auch sieben Mal ohne Treffer. Null Punkte und null Tore zu diesem Zeitpunkt, das war in der 129 Jahre langen Geschichte des Liga-Fußballs in England noch überhaupt keiner Mannschaft passiert. Die "Daily Mail" hat weitere Rekorde des Schreckens zusammengetragen, zum Beispiel diesen: Crystal Palace ist der einzige Klub aus den 20 besten Ligen Europas, der in dieser Saison noch kein Tor geschossen hat. Zwar ist nicht ganz klar, nach welchen Kriterien die 20 besten Ligen ausgewählt wurden, doch es ist durchaus beeindruckend, dass die Mannschaft schlechter ist als der Tabellenletzte der Ukraine (Chornomorets Odessa), aus der Türkei (Genclerbirligi Ankara) und von Zypern (Ethnikos Achnas).

Zu Recht Schlusslicht

Hendrik Buchheister, Jahrgang 1986, ist freier Journalist, schreibt nicht nur über Fußball und berichtet seit dieser Saison aus Manchester über das sportliche Geschehen in England. Im Oktober erscheint sein Buch "Choreo" über Fan-Choreografien im deutschen Fußball.

Hendrik Buchheister, Jahrgang 1986, ist freier Journalist, schreibt nicht nur über Fußball und berichtet seit dieser Saison aus Manchester über das sportliche Geschehen in England. Im Oktober erscheint sein Buch "Choreo" über Fan-Choreografien im deutschen Fußball.

(Foto: Verena Knemeyer)

Mag sein, dass die Premier League die beste Liga des Kontinents ist, weil die Spitze so dicht besiedelt ist, dass fünf bis sechs Mannschaften als Kandidaten auf die Meisterschaft gelten (auch wenn sich das Rennen in dieser Saison wohl zwischen den beiden Klubs aus Manchester entscheiden wird). Am anderen Ende der Rangliste sieht es allerdings finster aus. Crystal Palace ist, etwas überspitzt, der schlechteste Letzte Europas.

Und das zu Recht. Der Mannschaft fehlen Qualität, Ordnung, auch Einsatz. Das war vor der Länderspielpause beim 0:4 bei Manchester United exemplarisch zu besichtigen. Marouane Fellaini gelangen zwei Treffer aus dem Fünf-Meter-Raum, weil die Zuordnung nicht stimmte (beziehungsweise: es keine gab). Romelu Lukaku wurde vor dem Tor alleine gelassen, als hätten die Verteidiger von Crystal Palace noch nie von ihm gehört. Dabei ist Lukaku, im Sommer für rund 100 Millionen von Everton nach Manchester transferiert, mit sieben Treffern aus sieben Spielen der Toptorjäger der Liga. Man hätte ihn durchaus kennen können.

Nadelstiche setzen dem Klub zu

Auch sonst geht schief, was schiefgehen kann für Crystal Palace. Die beiden besten Schützen der vergangenen Saison (Wilfried Zaha und Christian Benteke) sind verletzt, der Spielplan wurde offenkundig von jemandem gestaltet, der es schlecht mit dem Klub meint. Es ging in dieser Saison schon gegen Liverpool und zuletzt gegen die beiden Klubs aus Manchester. Nächster Gegner ist Meister Chelsea. Es ist ein bisschen wie beim Voodoo. Noch eine Nadel. Und noch eine.

Dass der Trainer den bösen Zauber vertreibt, ist unwahrscheinlich. Nach dem vierten Spieltag trennte sich der Klub von Frank de Boer und engagierte Roy Hodgson. Der Mann ist seit Mitte der 1970er-Jahre im Job, hat von Halmstads BK über Grasshoppers Zürich bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten schon fast überall gearbeitet, doch eigentlich sah es im vergangenen Sommer aus, als sei seine Karriere vorbei. Er war mit England bei der EM an Island gescheitert und noch in der Stunde der Niederlage zurückgetreten. Immerhin hat er seine Karriere als Spieler einst bei Crystal Palace begonnen. Bisher ist nicht ersichtlich geworden, was ihn darüber hinaus für den Posten beim schlechtesten Letzten Europas qualifiziert.

Quelle: ntv.de

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