Fußball

DFB-Team siegt souverän in England Wembley ist deutsches Fußball-Wohnzimmer

Machtlos: Joe Hart streckt sich vergeblich nach dem Kopfball von Per Mertesacker.

Machtlos: Joe Hart streckt sich vergeblich nach dem Kopfball von Per Mertesacker.

(Foto: AP)

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft erobert wieder einmal das Wembley-Stadion und bleibt für England daheim ein echter Albtraum. Dank Per Mertesacker siegt das Team von Bundestrainer Joachim Löw verdient. Pech hat Dortmunds Mats Hummels, der sich vor dem Liga-Topspiel gegen den FC Bayern verletzt.

England - Deutschland 0:1 (0:1)

Tor: 0:1 Mertesacker (39.)

England: Hart - Walker, Smalling, Jagielka, Cole (53. Gibbs) - Lallana (76. Lambert), Cleverley (64. Wilshere), Gerrard (56. Henderson), Townsend - Rooney (71. Barkley), Sturridge
Deutschland: Weidenfeller - Westermann (67. Draxler), Boateng (46. Hummels/ 65. Höwedes), Mertesacker, Schmelzer (46. Jansen) - Lars Bender, Sven Bender - Götze, Kroos, Reus (82. Schürrle) - Kruse (56. Sam)
Referee: Lannoy (Frankreich) Zus: 85.934

Angeführt von Wahl-Engländer Per Mertesacker hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft auch mit einer Zweitbesetzung wieder einen Sieg im Wembley-Stadion eingefahren. Der Ersatz-Kapitän sorgte vor 85.934 Zuschauern mit einem platzierten Kopfball in der 39. Minute für den 1:0 (1:0)-Erfolg des DFB-Teams gegen England, der allerdings nicht als Glanzlicht in die lange Geschichte des Länderspiel-Klassikers eingehen wird. Für Bundestrainer Joachim Löw, der viel mit seinen WM-Kandidaten experimentierte, war es auf dem Weg zur Titelmission in Brasilien dennoch ein erfreulicher Abschluss des Länderspieljahres mit insgesamt neun Siegen, zwei Unentschieden und nur einer Niederlage im Mai beim 3:4 gegen die USA.

Zum sechsten Mal in Serie verließ Deutschland gegen die "Three Lions" in Wembley als Sieger den Platz. England konnte daheim gegen Deutschland zuletzt vor 38 Jahren gewinnen. Glück hatte der Dortmunder Torwart-Debütant Roman Weidenfeller, dass ein Distanzschuss des besten Engländers, Andros Townsend, in der 57. Minute an den Pfosten klatschte. Ansonsten hatte der Dortmunder praktisch keine Gelegenheit, sich auszuzeichnen.

Löw experimentiert

Mertesacker hatte Englands Sturmstar Wayne Rooney im Griff.

Mertesacker hatte Englands Sturmstar Wayne Rooney im Griff.

(Foto: AP)

Ohne geschonte Stammkräfte wie Kapitän Philipp Lahm, Torwart Manuel Neuer, Mesut Özil oder den nach seinem Kreuzbandriss lange fehlenden Sami Khedira setzte Löw auf eine extrem unerfahrene Mannschaft. Arsenal-Verteidiger Mertesacker war im 95. Länderspiel der mit Abstand Erfahrenste. Bei nur noch einem Test vor der WM-Nominierung am 5. März in Stuttgart gegen Chile machte der Bundestrainer den Klassiker bewusst zum Experimentierfeld.

Ein halbes Jahr nach dem deutschen Champions-League-Finale zwischen dem FC Bayern und Dortmund war Wembley wieder in deutscher Hand. Löw setzte trotz aller Rotation auch fast paritätisch auf Kräfte aus München und vom BVB. Vier Tage vor dem Topduell in der Bundesliga standen drei Bayern- und vier Dortmund-Spieler in der Startelf. Da konnte sich niemand beschweren. Für Dortmunder Sorgenfalten sorgte aber Mats Hummels, der nur 20 Minuten nach seiner Einwechslung in der zweiten Halbzeit offenbar mit einer Muskelverletzung wieder ausgewechselt werden musste. Auch Marcel Schmelzer klagte zur Halbzeit über Probleme in der Wade und blieb draußen.

Viel Stückwerk in der Anfangsphase

Auch wenn Löw nicht von einem B-Team sprechen wollte, wurde schnell deutlich, dass da eine zweite Besetzung auf dem Wembley-Rasen stand. In der Offensive konnten Mario Götze und Marco Reus ihre technische Überlegenheit zu selten nutzen. Vieles wirkte gerade anfangs zaghaft, vieles blieb Stückwerk. Auf der rechten Seite war der Qualitätsverlust deutlich, wo Götze und Heiko Westermann längst nicht das Niveau von Lahm und Thomas Müller erreichen konnten.

Immerhin stand die Defensive um Mertesacker gut, gerade auch Jérôme Boateng agierte routiniert und gewann praktisch jeden Zweikampf. So war Weidenfeller bei seinem Debüt quasi gar nicht gefordert. Zweimal musste der BVB-Schlussmann per Fußabwehr klären.

Kroos übernimmt die Chefrolle

Die Verantwortung war grundsätzlich neu verteilt im DFB-Ensemble. Toni Kroos war in der zentralen Mittelfeldfunktion zunächst eher zurückhaltend, übernahm nach dem Wechsel aber klar die Chefrolle. Max Kruse fehlte als einzige Spitze die Bindung zum Spiel. Die Zwillinge Lars und Sven Bender agierten erstmals gemeinsam von Anpfiff an als Doppelsechs mit viel Kampfkraft, das Spiel entwickeln konnten sie aber nicht. Sven Bender gewann aber zahlreiche Zweikämpfe und schloss viele Lücken.

Das Spiel lief lange jenseits des Anspruchs eines Top-Duells zweier Teams mit großen WM-Ambitionen dahin - und dann kam Mertesacker und sorgte für einen großen Glücksmoment. Erst scheiterte er nach einer Ecke per Kopfball noch am gut reagierenden Torwart Joe Hart. Nach der nächsten Ecke folgte eine Flanke von Kroos. Die setzte der Arsenal-Verteidiger zu seinem vierten Länderspieltreffer - dem ersten per Kopfball - wuchtig ins Netz. Wie schon bei Hummels' Führungstor in Italien (1:1) sorgte die Kopfarbeit eines Defensivmannes für deutschen Jubel.

England nicht mit Kick and Rush

Die Engländer bemühten sich, nicht mit konservativem Kick and Rush zu agieren und machten besonders über Townsend Druck. Mehr als einen Kopfball von Wayne Rooney aufs obere Tornetz hatten sie vor der deutschen Führung aber auch nicht produziert. Kurz vor dem Pausenpfiff versuchte sich Steven Gerrard (44.) mit einem wuchtigen Distanzschuss. Der Ball flog aber knapp über Weidenfellers Kasten.

Hummels zeigte bis zu seiner Verletzung wie Boateng eine starke Leistung. Und auch bei Götze lief es nach dem Wechsel deutlich besser. Mit einem guten Dribbling spielte er Reus (49.) für eine Chance frei. In der 65. Minute scheiterte Reus per Flachschuss am gut aufgelegten Hart. Löw setzte nun mit Sidney Sam, Julian Draxler und André Schürrle auf schnelle Konterspieler. Gefährliche Angriffe wurden aber kaum noch gesetzt. Das fiel nicht ins Gewicht, denn die Engländer fanden gegen die gute deutsche Defensive kein Mittel.

Quelle: ntv.de, Von Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa

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