Fußball

Norwich statt Köpenick Wie Harry Kane fast bei Union Berlin landete

Heute ist Harry Kane ein Weltstar.

Heute ist Harry Kane ein Weltstar.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Union Berlin war im Jahr 2012 ein guter Zweitligist. Sie hatten Ambitionen. Sie wollten hoch hinaus. Und schauten dazu immer auch in Scouting-Tool namens "Wyscout". Dort entdeckten sie einen gewissen Harry Kane. Fast hätten sie ihn verpflichtet.

Die Geschichte des Fußballs ist voller "what ifs", also der großen Was-wäre-wenn-Frage. Was wäre passiert, hätte der Vulkan Eyjafjallajökull im März 2010 nicht den Flugverkehr in ganz Europa lahmgelegt und somit Robert Lewandowskis Wechsel zu den Blackburn Rovers verhindert? Stattdessen unterschrieb der Pole bei Borussia Dortmund, katapultiere den Ruhrgebietsverein mit Trainer Jürgen Klopp in die Umlaufbahn und wurde mit seinem Wechsel in den Süden ein Symbol für Bayerns Dominanz im deutschen Fußball.

Oder blicken wir weiter zurück, was wäre passiert hätten die Bayern im Jahr 1999 nicht in letzter Minute zwei Treffer in der Nachspielzeit des Champions-League-Finalspiels gegen Manchester United kassiert? Hätten sie überhaupt diesen unbedingten Siegeshunger nach dieser ultimativen Demütigung entwickelt? Wären sie trotzdem im Jahr 2001 Champions-League-Sieger und Deutscher Meister geworden oder hätte der FC Schalke 04 sich den Titel sicher können und wären sie, befreit von der Last des Immer-Gewinnen-Müssens, der große Verein des neuen Jahrtausends geworden?

Eine eher ungewöhnliche Ergänzung zu dieser großen Erzählung liefert nun der ehemalige Klub-Manager von Union Berlin, Nico Schäfer, in der "Sport Bild". Die Geschichte spielt vor knapp zehn Jahren. Die Spielzeit 2011/2012 schlossen die Köpenicker unter Trainer Uwe Neuhaus auf einem soliden siebten Rang in der zweiten Liga, fernab der Aufstiegsränge und noch weiter entfernt vom Sturz in die Drittklassigkeit. Im Sturmzentrum der Eisernen hatte es sich Simon Terodde eingerichtet, der es später zu bescheidenem Ruhm bringen sollte und Jahr für Jahr bei einem neuen abgestürzten Traditionsklub seinen Dienst antritt: In der kommenden Saison wird er für den FC Schalke 04 auf Torejagd gehen, um seiner Ausbeute von 142 Zweitliga-Toren in 253 Spielen genug für den Wiederaufstieg der Königsblauen hinzuzufügen. Er kommt ablösefrei vom Hamburger SV.

Kane sollte Unions englischer Terodde werden

In ganz anderen Sphären bewegt sich da Harry Kane. Der 27-Jährige ist der Kapitän der englischen Nationalmannschaft, die heute bei der Europameisterschaft im Spiel gegen Dänemark ihr erstes großes Finale seit 55 Jahren erreichen kann. Doch einmal, im bereits oben erwähnten Jahr 2012, hätte das Schicksal Terodde und Kane beinahe zusammengebracht. "Über das System Wyscout entdeckten wir Harry Kane", verrät der frühere Union-Manager Nico Schäfer in der "Sport Bild" und wird poetisch: "Er war noch jung, ein Talent." Das Interesse an dem an Millwall ausgeliehenen Stürmer war geweckt, nicht zuletzt aufgrund seiner "auffallenden Kopfballstärke". Gespräche wurden geführt, mit Tottenham Hotspur, Kanes Verein, und dem Agenten des Spielers. Union war auf der Suche nach genau so einem Spieler. "Er war ein Stürmer, der sehr oft in die Tiefe ging", erzählt Schäfer. "Er hätte sehr gut zu Union gepasst."

Union, so berichtet die "Sport Bild", soll sich richtig ins Zeug gelegt haben. Der Verein brachte seine Fankultur, sein Stadion, seine Nähe zum englischen Fußball mit ein. Vergebens. All das Werben war umsonst. Kane ging zu Norwich, spielte kurz auch für Leicester City und machte sich dann auf den Weg zur Weltkarriere, die er am Sonntag im Finale im Wembley-Stadion vor 60.000 Zuschauern vorerst krönen will. Er ist nun 175 Millionen Euro wert. Doch für einen kurzen Moment im ersten Halbjahr 2012 schien alles möglich.

Was wäre passiert, wenn Harry Kane 2012 zu Union Berlin gewechselt wäre? Hätte seine Karriere einen ähnlichen Verlauf genommen oder hätte dieser Schritt eventuell sogar Joachim Löws vorzeitiges DFB-Ende verhindert? Mit seinem Tor zum 2:0 raube er der deutschen Elf im Achtelfinale jede Hoffnung und Joachim Löw ging. Hätte Union Berlin diese Niederlage verhindern können? Wir werden es nie erfahren. Ohne Kane beendeten die Eisernen die Spielzeit 2012/2013 erneut auf dem siebten Platz. Simon Terodde erzielte nur zehn Treffer. Im Jahr 2019 stieg Union Berlin in die Bundesliga auf. Im Sommer 2021 qualifizierten sie sich für die neue UEFA Conference League. Nach einer enttäuschenden Premier-League-Saison muss sich Tottenham auch mit diesem Wettbewerb begnügen. Vielleicht bringt das Los Kane und den 1. FC Union ja doch noch zusammen.

Quelle: ntv.de, sue

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