Fußball

Bester Trainer aller Zeiten? Wie Löw sich und die DFB-Elf antreibt

"Jeder will uns vom Thron stoßen": Joachim Löw.

"Jeder will uns vom Thron stoßen": Joachim Löw.

(Foto: dpa)

Spricht er über die Fußball-WM, wird Joachim Löw pathetisch: Unmenschliches warte dort auf ihn und sein Team. Ziel ist trotzdem, den Titel zu behalten. Und er strebt danach, der erfolgreichste Bundestrainer der Geschichte zu werden.

Der Rekord war kein Thema. Seit 21 Spielen ist die deutsche Fußballnationalmannschaft ungeschlagen. Und übersteht sie auch die beiden Länderspiele an diesem Freitag (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) in Düsseldorf gegen Spanien und dann am Dienstag in Berlin gegen Brasilien, ist die Bestmarke egalisiert. Von Oktober 1978 bis Dezember 1980 hatte die DFB-Elf unter Bundestrainer Jupp Derwall 23 Mal nacheinander nicht verloren. In dieser Zeit schoss ein Mann namens Joachim Löw für den SC Freiburg in der zweiten Liga seine Tore.

Joachim Löw am Donnerstag in Düsseldorf? Nein, im Mai 1980 in Freiburg.

Joachim Löw am Donnerstag in Düsseldorf? Nein, im Mai 1980 in Freiburg.

(Foto: imago sportfotodienst)

An diesem Donnerstag nun sitzt dieser Joachim Löw in Düsseldorf vor den Journalisten und hat sofort das Große und Ganze im Blick. Er spricht davon, dass auf ihn, den Bundestrainer, und sein Team etwas warte, das "uns Unmenschliches abverlangen wird". Dabei geht es ihm nicht um die Testspiele, sondern um die Weltmeisterschaft im Sommer in Russland. "Etwas Größeres gibt es nicht." Ein Turnier, das ist seine Welt. Er leitet und lenkt, viele Millionen an den Fernsehern schauen zu. Und am Ende gewinnt Deutschland.

Aber auch dem Mann, der noch 2012 dem Magazin "11 Freunde" sagte, nur wer schönen Fußball spiele, der könne auch gewinnen, geht es in erster Linie darum, Titel zu holen. Das ist sein Job. So wie 2014, als seine Mannschaft bei der WM in Brasilien mit vier Innenverteidigern zum Titel losmarschierte. Nun will er in Russland diesen Erfolg wiederholen und sich damit, wenn nicht zum besten, so doch zum erfolgreichsten Bundestrainer der Geschichte krönen. Er geht dieses Vorhaben mit demonstrativ zur Schau gestellter Gelassenheit an. Schon im November 2017 hatte sich Löw in Köln als ein Mann präsentiert, der mit sich, seiner Mannschaft und der Welt sehr zufrieden ist. "Mich macht nichts mehr nervös", hatte er nach dem 2:2 im Testspiel gegen Frankreich gesagt. "Warum sollte ich mir Sorgen machen?" Und weil er nicht erwartet hatte, dass einer antwortet, sagte er noch: "Ich bin völlig entspannt, vor allem nach diesem Jahr."

Ein ganzes Jahr ohne Niederlage

Die Nationalelf hat 2017 kein einziges Spiel verloren, auch ohne ihre großen Stars den Confed Cup gewonnen und sich mit zehn Siegen aus zehn Partien souverän für die WM qualifiziert. Die beginnt für das DFB-Team am 17. Juni 2018 in Moskau mit dem ersten Gruppenspiel gegen Mexiko. Am 23. Juni geht es in Sotschi gegen Schweden, und am 27. Juni in Kasan gegen Südkorea. Falls alles so läuft, wie sie sich das der Bundestrainer vorstellt, steht am 3. Juli als Sieger der Gruppe F das Achtelfinale in Sankt Petersburg an. Der weitere Weg würde dann über das Viertelfinale in Samara am 7. Juli und das Halbfinale in Moskau am 11. Juli bis ins Endspiel führen, das am 15. Juli in Moskau stattfindet.

"Die Emotionen dieses Triumphs": Löw am 13. Juli 2014 im Maracanã.

"Die Emotionen dieses Triumphs": Löw am 13. Juli 2014 im Maracanã.

(Foto: imago/Sven Simon)

So weit ist es noch lange nicht, aber das Ziel aber ist nach dem Titelgewinn 2014 in Brasilien klar und von Löw klar formuliert: "Das ist jetzt die große Herausforderung und der Reiz: den WM-Titel zu bestätigen, die Emotionen dieses Triumphs noch einmal zu haben." Ist das auch realistisch? Ja, sagt der Bundestrainer. Er wisse um die gute Basis, "die wir uns in den vergangenen Jahren erarbeitet haben. Wir wissen, was wir können - aber wir müssen uns auch ein bisschen weiterentwickeln". Sein Kernthema ist dabei das Umschaltspiel: "Die Räume, die man in kurzen Phasen des Spiels hat, muss man nutzen." Schließlich sei es so: "Wenn wir das gut machen, sind wir nach vorne kaum zu bremsen." Ansonsten hält es der Bundestrainer wie vor jedem Turnier, wie vor der Europameisterschaft 2016 in Frankreich, wie vor der WM 2014, wie vor der EM 2012 in Polen und der Ukraine, wie vor der WM 2010 in Südafrika und wie vor der EM 2008 in Österreich und der Schweiz, seinem ersten Turnier als Chef: Er baut auf das Trainingslager.

Das findet ab dem 23. Mai nach 2010 und 2014 erneut in Südtirol statt. Dort will er seine Spieler für die erfolgreiche Titelverteidigung fit machen und sein Team formen. "Dort werden wir den Feinschliff machen, das wird die entscheidende Phase", sagt Löw. Wann auch sonst? Nach den beiden Tests trifft sich die Nationalmannschaft eben erst wieder am 23. Mai. Zuvor, am 15. Mai, benennt er im Dortmunder Fußballmuseum seinen vorläufigen Kader für die WM.

Erfolgreichster Bundestrainer aller Zeiten?

Die DFB-Elf vor der WM

seit Mittwoch, 23. Mai
Trainingslager in Südtirol (bis 7. Juni)

Samstag, 2. Juni, 18 Uhr
Österreich - Deutschland in Klagenfurt

Montag, 4. Juni
DFB meldet Fifa endgültigen WM-Kader

Freitag, 8. Juni, 19.30 Uhr
Deutschland - Saudi-Arabien in Leverkusen

Dienstag, 12. Juni: Abflug nach Moskau

WM in Russland vom 14. Juni bis 15. Juli

Sonntag, 17. Juni
Deutschland - Mexiko in Moskau, 17 Uhr

Samstag, 23. Juni
Deutschland - Schweden in Sotschi, 20 Uhr

Mittwoch, 27. Juni
Deutschland - Südkorea in Kasan, 16 Uhr

Nun sollte aber niemand glauben, die demonstrierte Gelassenheit des Bundestrainers bedeute, dass dieser Mann keine beruflichen Ziele mehr hat. Sein Ansinnen dürfte es sein, mit einem Erfolg in Russland der auch gemessen an WM-Titeln erfolgreichste DFB-Trainer zu werden. Besser zu sein als Sepp Herberger, Helmut Schön, Jupp Derwall und Franz Beckenbauer - den Ehrgeiz hat er. Und geht sein Plan nicht auf, erträgt er das nur schwer. Wenn seine Mannschaft verliert, liegt es an ihr - nicht daran, dass der Gegner besser war.

So wie am 7. Juli 2016, als er mit seiner Mannschaft das Halbfinale der EM gegen Gastgeber Frankreich verlor. Da wirkte er, als fühle er sich vom Schicksal beleidigt. Der "Spiegel" schrieb nach der bis dato letzten Niederlage der deutschen Mannschaft: "Der coole Löw ist das Ergebnis von zehn Jahren harter Arbeit. Er hat sich lange Zeit einen persönlichen Kommunikationscoach geleistet, Marketingfachleute verpassten ihm das Image des schönen, gepflegten Mannes, der trotz der nationalen Verantwortung immer super aussieht." Und dann zitierte das Magazin einen DFB-Funktionär, anonym allerdings: Löw sei getrieben von dem Wunsch, der erfolgreichste Bundestrainer aller Zeiten zu werden. Er sei so besessen von diesem Ziel, dass er bisweilen in Gesprächen völlig ausklinke. "Er hat dann fast autistische Züge."

Da passt so gar nicht zu dem Löw, der sich nun nach diesen 21 Spielen ohne Niederlage so cool und frei von Sorgen präsentiert. Aber ob Strategie oder Überzeugung, er sagt: "Wir wissen genau, was wir können." Nun gehe es um Leistung. "Wir  beobachten jetzt ganz genau, wer uns mit Leistung  überzeugt, wer in der Lage ist, nach einer kräftezehrenden Saison noch eine Topleistung abzurufen. Wir erwarten absolut, dass sie auf diese WM, das größte Turnier, das es überhaupt gibt im sportlichen Leben, komplett den Fokus lenken und sich präparieren."

Von daher kämen die anstehenden Partien gegen die Spanier und Brasilianer zum "exakt richtigen Zeitpunkt". Aber, weiß Löw: Richtig wichtig wird es erst bei der WM. "Wir sind Weltmeister, wir sind Confed-Cup-Sieger - es ist klar, dass wir die Gejagten sind. Es wird wahnsinnige Widerstände geben. Jeder will uns vom Thron stoßen." Es ist genau das, was Löw antreibt.

Quelle: ntv.de

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