Polizei warnt vor Ausschreitungen Wie ernst ist der Schalker Derby-Boykott?
08.11.2015, 09:33 Uhr
Das ist auch in Dortmund verboten: Fans des FC Schalke 04 zündeln bei der Europaligapartie in Prag.
(Foto: imago/CTK Photo)
Der BVB bekommt ungewohnte Post. Schalke schickt 900 Karten des bereits reduzierten Kontingents fürs Revierderby zurück. Bis zu 1000 Karteninhaber wollen das Spiel boykottieren. Der S04 versteht's, die Dortmunder Polizei sorgt sich.
Im Fußball-Ruhrgebiet gibt es eine schöne Tradition. Egal wie bescheiden deine Saison läuft, wenn das Revierderby ansteht und du dem verhassten Rivalen - je nach Perspektive Borussia Dortmund oder der FC Schalke 04 - eine Niederlage beibringst, dann sieht die Welt doch gleich besser aus. Dann hellt sich die Stimmung zwischen Mannschaft und Fans sofort wieder auf. Ein Derbysieg ist wie ein Strauß Blumen: er sorgt vorerst für ein gutes Gefühl. Doch wo Gewinner sind, da gibt es auch Verlierer. Und sind in der Regel nicht bloß traurig. Denn die extremen Emotionen die dieses Spiel auslöst, entladen sich nicht nur in Euphorie sondern auch in Gewalt und Aggression. Allein beim letzten Aufeinandertreffen der beiden Klubs Ende Februar gab's 119 Straftaten, davon 51 Gewaltdelikte und schwere Sachbeschädigungen.
Um eine neuerliche Eskalation zu vermeiden, haben sich die Verantwortlichen des BVB vorbereitet und statt des in der Bundesliga üblichen Ticketkontingents von zehn Prozent nur 7,5 Prozent nach Gelsenkirchen geschickt. Sehr zum Ärger der Fans, vor allem der Ultras, von S04. Deren größte Gruppierung, die Ultras GE, rufen daher zum Boykott des Spiels am Sonntagnachmittag auf und haben damit zumindest teilweise Erfolg. Von den nur 6500 zur Verfügung gestellten Tickets, was die Ultras auf ihrer Homepage als "faulen Kompromiss" bezeichnen, wurden 900 zurückgegeben. Rund 1000 Karteninhaber sollen verschiedenen Medienberichten zu Folge überlegen, die kurze Reise nach Dortmund gar nicht erst anzutreten. Von den Ultras heißt es auf ihrer Homepage zum Boykott: "Ein Schritt, welcher für jeden einzelnen von uns sehr schmerzhaft, jedoch zum aktuellen Zeitpunkt unumgänglich ist. An dieser Stelle sei nochmals betont, dass dieser Schritt sich absolut nicht gegen unseren Verein oder unsere Mannschaft richtet." Eine Gesprächsanfrage unserer Redaktion blieb unbeantwortet.
"Wir wissen nicht, was die Schalke Ultras vorhaben"
Horst Heldt, Sportvorstand des FC Schalke 04, zeigte Verständnis für die Anhänger. Zwar bedauere er den Boykott, der Protest sei jedoch nachvollziehbar. "Wir empfinden es als nicht gerechtfertigt, was da vorgegeben wird. Wir stehen zu unseren Fans, die das nicht gutheißen." Der Boykott ist indes keine Kurzschluss-Reaktion der Schalke-Anhänger. Er hat eine längere Vorgeschichte. Bereits seit einigen Jahren bekommen die Blau-Weißen in Dortmund nur 8,5 statt der bereits erwähnten zehn Prozent des Karten-Kontingents zur Verfügung gestellt. Das verringerte Angebot an Tickets sei auf der Basis einer entsprechenden Sicherheitsrichtlinie des Deutschen Fußball-Bundes eingeführt worden, teilte der BVB Ende Oktober in einer Stellungnahme mit. Im heimischen Signal-Iduna-Park könne so eine Pufferzone geschaffen werden, um die verhassten Lager trennen zu können. Das nun, vor dem 147. Derby, erneut reduziert wird, begründet der Klub so: "Es gibt Kapazitätsengpässe der DSW (Anmerk.: Busse und U-Bahnen der Stadt Dortmund) am Dortmunder Bahnhof. Um die Sicherheit bei der Anreise zu gewährleisten, mussten wir weiter reduzieren."
Der Polizei in Dortmund reicht das nicht. Sie hatte vor dem Derby gefordert, dass Kartenkontingent für Fans des FC Schalke 04 um 2600 Karten zu reduzieren, wie Polizei-Sprecherin Cornelia Weigandt im Gespräch mit n-tv.de erklärte. "Dies entspricht der Anzahl an Störern und Gewalttätern, die beim letzten Derby für die Sicherheitsstörungen verantwortlich waren beziehungsweise diese billigend in Kauf genommen haben." Außerdem hatte die Polizei eine organisierte Anreise der Gästefans gefordert, ebenso wie den Ausschluss von Problem-Ultras unter anderem durch personalisierte Karten oder ein Voucher-System zur Kartenausgabe direkt am Stadion.
"Diese Kernforderungen wurden seitens der Polizei den Vereinen im Arbeitskreis Derby bekannt gegeben und besprochen. Bis auf die Zusage des FC Schalke 04, ein erhöhtes Buskontingent für die An- und Abreise der Gästefans zu stellen, sind die Vereine den Forderungen der Polizei nicht nachgekommen. Eine Einigung oder einen in den Medien genannten Kompromiss hat es nicht gegeben", erklärte die Polizeisprecherin. Was das nun für das Derby bedeutet? Nun, die Polizei bereitet sich auf verschiedene Szenarien vor. Vom friedlichen Verlauf bis zur Randale. Was den Einsatzkräften aber offenbar besondere Sorge bereitet: Etwa 1000 Tickets sollen den "Ruhr Nachrichten" zufolge trotz des angekündigten Protests unter den Schalker Ultragruppen im Umlauf seien. Und ob die Kartenbesitzer sich wirklich nicht auf den Weg machen, sondern zum angekündigten Public-Viewing in Gelsenkirchen, ist derzeit völlig unklar. "Das wird sich zeigen", wird ein ratlose Sprecherin des FC Schalke in dem Bericht zitiert. Und die Polizei bestätigt: "Wir wissen nicht, was die Schalke Ultras vorhaben."
Quelle: ntv.de