Aufarbeitung der WM-Affäre Wie unabhängig waren die Kontrolleure?
22.02.2019, 03:29 Uhr
Die WM-Organisatoren von 2006 holten sich im Vorfeld Hilfe von außen. Unter anderem von der Kanzlei Freshfields.
(Foto: picture alliance / Marcel Mettel)
Die Kanzlei Freshfields sollte als unabhängige Instanz die Affäre um Unregelmäßigkeiten bei der Organisation des sogenannten "Sommermärchens" durchleuchten. Nun stellt sich heraus: Vor dem Turnier war sie selbst mit den deutschen WM-Organisatoren im Geschäft.
Seit 2016 ermittelt die Schweizer Bundesanwaltschaft gegen die Organisatoren der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006. Es geht unter anderem um undurchsichtige Millionen-Zahlungen. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet in diesem Zusammenhang nun von einem weiteren irritierenden Vorgang: Die vermeintlich unabhängigen Aufklärer der "Sommermärchen"-Affäre hatten zuvor auch schon bei der WM-Organisation mitgemischt. Im Herbst 2015 hatte der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Kanzlei Freshfields mit der Aufklärung von undurchsichtigen Millionen-Zahlungen sowie weiteren Verdachtsmomenten rund um das WM-Turnier beauftragt. Wie sich nun herausstellt, war die Kanzlei allerdings in den Monaten vor dem WM-Turnier selbst intensiv für das damalige Organisationskomitee im Einsatz gewesen – also für das Gremium, dessen Tätigkeit die Kanzlei später prüfen sollte.
Nach SZ-Informationen gab es dabei insbesondere eine Zusammenarbeit im Ticketbereich, also in einem Geschäftsfeld, in dem es rund um große internationale Turniere schon des Öfteren zu unsauberen Geschäften kam. Die Kanzlei soll seinerzeit Honorare im sechsstelligen Bereich erhalten haben. Zum Umfang der Zusammenarbeit und der Höhe der Entlohnung wollten sich weder die Kanzlei noch der DFB äußern. Bei dem Auftrag im Herbst 2015 sei die Kanzlei nicht wegen der früheren Zusammenarbeit für befangen erklärt worden, schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Die Kooperation sei auch nicht öffentlich gemacht worden.
DFB-Führung wusste von nichts
Auf Anfrage der Zeitung teilte der DFB mit, der aktuellen Verbandsführung um Präsident Reinhard Grindel und seinen Vize Rainer Koch sei "bei der Beauftragung nicht bekannt" gewesen, "dass Freshfields auch ein Mandat für das OK der WM 2006 hatte". Im Übrigen liege die Beurteilung einer möglichen Befangenheit bei Freshfields: "Kanzleien prüfen vor Annahme eines neuen Mandats etwaige Interessenskonflikte, die einer Beauftragung entgegenstehen." Ein Freshfields-Sprecher wies ein mögliches Fehlverhalten zurück. Es habe keine anderen Mandate gegeben, "die den Gegenstand unserer Untersuchung betroffen hätten", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Deshalb liege auch keine Befangenheit vor.
Der sogenannte Freshfields-Report hatte im März 2016 zwar diverse Unregelmäßigkeiten offengelegt, war aber letztlich zu dem Schluss gekommen, dass es bei der Vergabe der WM 2006 an Deutschland zu keinen Stimmkäufen gekommen war. Die Kanzlei kassierte für den Report einen hohen einstelligen Millionenbetrag vom DFB.
Quelle: ntv.de, ino