"Grüße an den Flyerservice Hahn" Zweitligist ärgert live die AfD
04.10.2021, 09:33 Uhr
Der FC St. Pauli findet den "Flyerservice Hahn" gut.
(Foto: picture alliance / nordphoto GmbH)
Der "Flyerservice Hahn" sammelt große Mengen an Werbematerialien der AfD für den Bundestagswahlkampf an - und entsorgt sie, anstatt sie zu verteilen. Bei der Partei sorgt die Aktion für Empörung, Fußball-Zweitligist FC St. Pauli zeigt seine Solidarität mit der Aktion vor großem Publikum.
Der Fußball-Zweitligist FC St. Pauli hat während der Partie gegen Dynamo Dresden (3:0) seine Schadenfreude gegenüber der AfD demonstriert. "St. Pauli grüßt den Flyerservice Hahn" konnten die Zuschauer im Stadion und im TV lesen - weiß auf blau auf mehreren Banden rund ums Spielfeld. Die Bandenwerbung ist Teil der Vermarktung der Profiklubs, für die Präsentation an den Spieltagen zahlen Werbepartner der Klubs viel Geld. Geld verdient haben dürfte der Klub mit dem Gruß allerdings nicht, denn der "Flyerservice Hahn" ist keiner der regulären Werbepartner des Klubs. Er ist noch nicht mal ein reguläres Unternehmen.
Das Künstlerkollektiv "Zentrum für politische Schönheit" (ZPS) hatte am vergangenen Dienstag mitgeteilt, es habe den (fiktiven) "Flyerservice Hahn" gegründet und der AfD angeboten, als Dienstleister Werbematerial für sie zu verteilen. Anstatt das Material zu verteilen, habe das ZPS die fünf Millionen Flyer von verschiedenen Kreisverbänden der Partei gesammelt, um sie später zu entsorgen. Die Partei habe das Angebot "dankbar" angenommen und fünf Millionen Flyer "in die Logistikkette des ZPS" geliefert. "Ohne Auftragsbestätigung oder rechtsgültigen Vertrag kamen Woche für Woche ganze Lkw-Ladungen der AfD an", erklärte das Künstlerkollektiv. Die AfD hatte zuvor von einer Million Flyern gesprochen.
Dafür sei "eine Website fingiert und illegal die Umsatzsteuernummer eines völlig unwissenden Unternehmers benutzt worden". Am Dienstagabend vor der Bundestagswahl seien die betreffenden Kreisverbände und Bundestagskandidaten der AfD per E-Mail darüber informiert worden, dass die Flyer "aus organisatorischen Gründen" nicht verteilt werden können. Parteichef Tino Chrupalla sprach von einem "massiven Eingriff in den demokratischen Wahlkampf". "Ziel war es, der AfD finanziell, politisch und medial zu schaden und so unter anderem Einfluss auf den laufenden Bundestagswahlkampf zu nehmen - was den Tatverdächtigen auch gelungen ist", heißt es in der Strafanzeige, die die Partei gegen das Künstlerkollektiv stellte.
Schon 2018 sorgte Klub für Empörung
Ende 2018 hatte der FC St. Pauli schon einmal die Empörung der AfD auf sich gezogen, als der Klub ein Duschgel mit dem Namen "Anti-Fa" auf den Markt brachte. "Das ist inakzeptabel. Ein gemeinnütziger Verein darf Antifa nicht als Kultmarke etablieren! Jedes Wochenende sorgen Tausende von Polizisten bei Profi-Fußballspielen für Sicherheit. Mit dem Antifa-Duschgel verhöhnt der FC St. Pauli all jene Kollegen. Der Verein solidarisiert sich mit einer links-extremistischen Gruppierung", schimpfte der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hess.
"In Zeiten, in denen Nazis auf ihren Demos ungehindert und unbehelligt rechtsextreme Parolen schreien dürfen und in denen geflüchtete Menschen bedroht und gejagt werden, ist es wichtiger denn je, Haltung zu zeigen", schrieb der Verein in einer Pressemitteilung zur Bekanntgabe des Verkaufs des Shampoos. Allerdings gehe es eindeutig um eine antifaschistische Haltung - und nicht um die Unterstützung von Gewalttätern. Die Reaktion aus der AfD freuten Andreas Rettig, damals Geschäftsführer des Zweitligisten: "Lob an unsere kreative Marketing- und Merchandising-Abteilung. Wenn sich solche Leute aus dieser Partei aufregen, haben wir etwas richtig gemacht", sagte er laut "Bild"-Zeitung.
Das ZPS hatte bereits in der Vergangenheit mit Aktionen gegen die AfD auf sich aufmerksam gemacht. So hatte die Künstlergruppe Ende 2017 in der Nachbarschaft des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke im thüringischen Bornhagen eine Installation errichtet, die an das Berliner Holocaustmahnmal erinnerte.
Quelle: ntv.de, ter