Letztes Kapitel im Abstiegskrimi Gladbach lauert auf das Wunder
13.05.2011, 15:13 UhrAm 34. Spieltag geht es für die drei Abstiegskandidaten Wolfsburg, Gladbach und Frankfurt um um alles oder nichts, und deshalb greifen sie nach jedem Strohhalm: Felix Magath opfert seinen Bentley, Gladbachs will Dante seine Lockenpracht hergeben und Christoph Daum macht in Frankfurt den Mourinho. Bloß: Eintracht Frankfurt ist nicht Real Madrid.
Wolfsburg: Magath opfert Bentley
Als der VfL Wolfsburg vor zwei Jahren Deutscher Meister wurde, dachte man bei den Niedersachsen wohl, man könnte lange von diesem Erfolg zehren. Grob verschätzt haben sich da die Wölfe, denn nur zwei Jahre später droht der erste Bundesliga-Abstieg der Vereinsgeschichte. Der Trainer ist heute derselbe wie damals, nur dass Felix Magath jetzt den Feuerwehrmann statt den Meistermacher geben muss.
Um seine Mission zu erfüllen, greift er schon mal zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Am Dienstag verhängten der VfL Wolfsburg und Hauptsponsor VW für alle Profis ein Wechselverbot im Falle des Abstiegs. "Die Spieler, die uns die Suppe dann eingebrockt hätten, sollten diese auch auslöffeln müssen", sagt der Trainer. Auch seine vermeintliche Nicht-Abstiegsprämie, eine Luxuslimousine der Marke Bentley, opfert Magath für den Klassenerhalt. Statt der Nobelkarosse soll sein Team in Hoffenheim sechs Kleinbusse im Wert von 250.000 Euro freispielen, die dann an drei Kinderhilfsorganisationen gespendet werden sollen.
In der Startformation der Wolfsburger deuten sich Veränderungen an. Dem zuletzt verunsicherten Torwart Diego Benaglio droht die Bank, genauso wie Innenverteidiger Arne Friedrich. Und auch Spielmacher Diego, der von muskulären Problemen geplagt wird, trainierte unter der Woche nur mit der B-Mannschaft. Die Alternativen hießen André Lenz, Alexander Madlung und Thomas Kahlenberg – drei Spieler, die in dieser Saison nicht unbedingt zu den - ohnehin wenigen - Leistungsträgern des VfL gehörten und nun die Kastanien aus dem Feuer holen sollen. Obwohl Wolfsburg im Abstiegskampf die beste Ausgangsposition hat, wirken Magaths Bemühungen eher verzweifelt.
Gladbach: Fohlen trotzen Effenberg-Revolution

Will das Wunder schaffen: Gladbach-Coach Favre.
(Foto: picture alliance / dpa)
Auf den Klassenerhalt von Borussia Mönchengladbach hätten nach dem 22. Spieltag die Wenigsten auch nur einen Pfifferling gesetzt. Doch dann kam Lucien Favre und reanimierte die Elf vom Niederrhein, die aus 11 Spielen unter dem Schweizer 19 Punkte holte und vor dem Abstiegsfinale gute Karten hat, zumindest den Relegationsplatz zu sichern. Der direkte Klassenerhalt käme einem Wunder gleich.
Hinter den Kulissen geht es bei der Borussia im Moment heiß her. Stefan Effenberg will mit seiner "Initiative Borussia" den Traditionsverein umkrempeln, selbst Sportdirektor werden und Horst Köppel ins Präsidentenamt hieven. Äußerst günstiger Zeitpunkt für einen Verein, der mitten im Abstiegskampf steckt, Herr Effenberg! Die Spieler selbst lässt das Aufbegehren des "Tigers" aber tatsächlich kalt, mit dem Sieg gegen den SC Freiburg verließ das Team erstmals seit Oktober die Abstiegsplätze. Vom Relegationsplatz schielt man nun sogar auf den 15. Platz, der den direkten Klassenerhalt bedeutet.
Eines steht bereits fest: Hält die Borussia tatsächlich die Klasse, ist Verteidiger Dante seine üppige Lockenpracht los. Der Brasilianer, der unter anderem vom kommenden Gegner, dem HSV umworben wird, hat angekündigt, sich die Haare abrasieren zu lassen, falls die Fohlen in der Bundesliga bleiben. "Und dann, ja dann sind meine Haare fällig – denn ich halte meine Versprechen", sagt der 27-Jährige der Eurosport-Online. In der Hansestadt kann Favre aus dem Vollen schöpfen und wird seine Erfolgself mit dem Angriffsduo Marco Reus und Mike Hanke, sowie dem erst 19-jährigen Keeper Marc-André ter Stegen auf den Platz schicken.
Frankfurt: Eintracht ist nicht Real

Bei Christoph Daum liegen die Nerven blank.
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In Frankfurt brennt der Baum, und zwar lichterloh. Nach einer starken Hinrunde hatten die Hessen noch berechtigte Ambitionen, in die Europa League einzuziehen. In der Rückserie ging es steil bergab, Michael Skibbe musste gehen, Christoph Daum kam. Der 57-Jährige blieb in sechs Spielen ohne Sieg, holte nur drei Punkte und steht mit der Eintracht nun vor dem vierten Abstieg der Vereinsgeschichte. Die Fans randalierten nach dem letzten Heimspiel gegen Köln, der Vorstand rangelt im Hinblick auf die nächste Saison um Kompetenzen und nun ist auch Trainer Daum der Kragen geplatzt.
Selbst im Abstiegskampf findet die Diva vom Main offenbar nicht die nötige Ruhe, um sich auf das Wesentliche zu besinnen. Die vergangene Woche beherrschten die Personalplanungen für die kommende Saison: Heribert Bruchhagen soll zwar bleiben, allerdings soll dem bisherigen Alleinverantwortlichen ein Sportdirektor zur Seite gestellt werden. Ein Reporter bezeichnete ihn deshalb als künftigen Frühstücksdirektor. Diese Aussage und nicht zuletzt die Berichterstattung über die Fanausschreitungen am vergangenen Wochenende veranlassten Daum zu einer Wutrede: "Wir sind hier die Angreifbaren, wir liegen am Boden, alles klar, vernichten Sie uns. Aber wir kommen wieder, verlassen Sie sich darauf", giftete der Trainer. Christoph Daum legt sich vor dem entscheidenden Spiel mit den Medien an – wie Jose Mourinho das immer tut. Aber Vorsicht: Bei Real war diese Taktik zuletzt nicht sonderlich erfolgreich. Und Eintracht Frankfurt ist nicht Real Madrid.
Borussia Dortmund will am Samstag gebührend die Meisterschaft feiern. Die beste Voraussetzung wäre dafür natürlich ein Sieg im letzten Heimspiel der Saison – gegen Eintracht Frankfurt. Es spricht eigentlich alles gegen die Hessen: Endspiel gegen den Meister, seit Wochen großes Verletzungspech, sechs Spiele ohne Sieg. Hoffnungsträger ist ausgerechnet Ioannis Amanatidis, der unter Skibbe eigentlich schon aussortiert war und beim BVB von Anfang an ran darf.
Holzschuh glaubt an Wunder
Die Ausgangslage könnte prekärer nicht sein: Wolfsburg steht mit einem besseren Torverhältnis und gleicher Punktzahl auf Rang 15 vor Borussia Mönchengladbach, das derzeit den Relegationsplatz belegt. Einen Punkt dahinter wäre Frankfurt als 17. momentan direkt abgestiegen. Sollten Wolfsburg und Gladbach bei einer Niederlage der Eintracht beide unentschieden spielen oder gewinnen, wäre Wolfsburg gerettet und die Borussia müsste in die Relegation.
Bei einer Wolfsburger Niederlage würden die Fohlen mit einem Dreier in Hamburg an den Wölfen vorbeiziehen, Frankfurt würde mit einem Sieg auf Platz 16 klettern. Der Relegationsplatz wäre für das Team von Christoph Daum auch dann drin, wenn Gladbach verliert und Frankfurt mindestens einen Punkt aus Dortmund entführen kann. Gladbach könnte wiederum mit einem Sieg an den Wölfen vorbeiziehen, falls diese nicht über ein Remis im Kraichgau hinauskommen.
Auf dieses Szenario tippt auch Rainer Holzschuh, Herausgeber des "Kicker", der schon vor der Saison kräftig orakelt hatte und es damals lieber bleiben gelassen hätte: Gladbach bleibt mit einem Sieg in der Hansestadt (2:1) bei einem Remis des VfL Wolfsburg in Hoffenheim (2:2) erstklassig. Der VfL muss in die Relegation, weil Frankfurt in Dortmund verliert (1:3).
Angesichts des Aufschwungs der Borussia in den letzten Wochen ist ein solches Ende im Abstiegskrimi nicht unwahrscheinlich. Doch ob sich Profis wie Friedrich, Grafite und Diego tatsächlich die Blöße geben, nächstes Jahr zweitklassig zu spielen? Wobei: Sie haben es ja in dieser Saison über weite Strecken auch schon getan.
Quelle: ntv.de, mit sid und dpa