
Uli Hoeneß, BVB-Edel-Unterstützer.
(Foto: imago sportfotodienst)
Saison 2004/05: Der BVB weiß sich nicht mehr anders zu helfen, als in seiner größten Not ausgerechnet Uli Hoeneß um Hilfe zu bitten. Und tatsächlich: Das Geld der Bayern rettet die Borussia vor dem Untergang - und dann kommt Aki Watzke und arbeitet kostenlos!
In Dortmund gingen in der Saison 2004/05 fast alle Lichter aus. Und was für eingefleischte BVB-Anhänger im Nachhinein besonders schlimm war: Die fortdauernde Geldverbrennung hatte die Borussia in die Arme des FC Bayern getrieben. Die Münchner halfen dem BVB mit Geld aus der tiefsten Patsche. Uli Hoeneß erinnert sich: "Als die Dortmunder mal gar nicht mehr weiter wussten und Gehälter nicht mehr zahlen konnten, haben wir ihnen ohne Sicherheiten zwei Millionen gegeben für einige Monate."
Sicherlich ein Akt von höchster Peinlichkeit für den BVB-Vorstand. Was allerdings kaum mehr einer weiß: Anfang der 1980er Jahre griff die Borussia den strauchelnden Revierklubs FC Schalke 04 und VfL Bochum finanziell in höchster Not unter die Arme. 1,1 Millionen Mark überwies der BVB zur Saison 1980/81 für Rüdiger Abramczik an den S04 und rettete den Schalkern so die Lizenz. Nur ein Jahr später wechselte Jupp Tenhagen unter Tränen vom VfL nach Dortmund. Der ehemalige VfL-Präsident Ottokar Wüst erinnert sich: "Und dann hat der Reinhard Rauball gesagt: 'Schick uns den Tenhagen und wir schicken euch eine Million Mark.' Andernfalls hätte es uns am nächsten Tag nicht mehr gegeben."
"Im Keller ist es dunkel, macht das Licht an!"
Viele Jahre später ging in Dortmund die Zeit von Präsident Gerd Niebaum und Manager Michael Meier dann schließlich doch noch zu Ende. Die Verbindlichkeiten wuchsen jeden Tag um unglaubliche 72.000 Euro. Und sportlich lief es in der Hinrunde ebenfalls überhaupt nicht. Nach dem 17. Spieltag war der BVB nur 14. Ein Fan-Plakat drückte die Stimmung in Dortmund am besten aus: "Im Keller ist es dunkel, macht das Licht an!"
In Deutschland wurde mittlerweile gelacht über den BVB. Comedian Michael Mittermeier spottete: "Was haben der BVB und Karstadt gemeinsam? Beide sind pleite. Aber Karstadt hat die bessere Sportabteilung." Neuer Geschäftsführer bei der Borussia wurde Hans-Joachim Watzke. Der übte einen Fulltimejob beim BVB aus, verdiente damit aber nichts. Watzke verzichtete nach eigenen Angaben wegen der leeren Kassen bei seinem Arbeitgeber auf sein komplettes Gehalt. Und nicht nur das. Auch alle anfallenden Kosten für Benzin, Telefon und Übernachtungen bezahlte er aus der eigenen Tasche: "Ich bringe im Moment jeden Monat knapp 2.000 Euro mit!"
"Wird systematisch aus dem Land getrieben"
Ansonsten war es die Spielzeit der Persönlichkeiten. Die Saison hatte noch nicht begonnen, da drohte einer der ganz großen Bundesligastars bereits mit seinem Abgang. Bayern-Torwart Oliver Kahn reichte es. Die Berichterstattung über sein Privatleben ging seiner Meinung nach "ins Groteske". Die "Bild"-Zeitung fragte gar: "Zerbricht Olli Kahn?". Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge war sauer und versuchte - an das nationale Wohl appellierend - deeskalierend zu wirken: "Wenn das so weitergeht, wird er systematisch aus dem Land getrieben. Oliver Kahn ist ein großer Kämpfer. Aber er ist auch nur ein Mensch, der einen sensiblen Punkt hat. Man treibt ihn, einen der wenigen Hoffnungsträger für die WM 2006, langsam, aber sicher fort." Doch Kahn blieb!
Ein anderer hingegen ging. Reiner Calmund trat im Juni zurück: "Ich habe 27 Jahre immer an vorderster Front gestanden, immer auf dem Bock, immer in der Verantwortung, ob Jugend-, Marketing- oder Profibereich. So habe ich für den Verein gelebt. Ich muss nun sagen: Ich bin platt! Ich kann nicht mehr 100 Prozent geben. Diese Belastung halte ich nicht mehr aus." Sein Fazit nach dieser langen Zeit als Angestellter von Bayer 04: "Wir haben im Kaninchenstall Haberland-Stadion angefangen, haben es vom Abstiegskandidaten bis zur internationalen Adresse geschafft. Bayer war ein Teil von mir. Von der Bezahlung her habe ich immer auf einem Abstiegsplatz gestanden. Als wir 1993 den Pokal geholt haben, habe ich 150.000 Mark verdient. Ich habe auch Sprünge gemacht, das endete aber bei 350.000 Euro. Das ist weniger als die Nummer 20, aber so bekloppt bin ich. Ich bin aber auch in Zukunft finanziell abgesichert. Dafür möchte ich Bayer danken."
"Okay, ich war mal 69 Kilo schwer"
- Ben Redelings ist ein Bestseller-Autor und Komödiant aus dem Ruhrgebiet.
Jüngst ist das Buch "Ein Tor würde dem Spiel guttun. Das ultimative Buch der Fußball-Wahrheiten" frisch in einer aktualisierten und erweiterten Neuauflage erschienen!
Mit seinen Fußballprogrammen ist er deutschlandweit unterwegs. Infos & Termine auf www.scudetto.de.
Und wieder ein anderer ging und kam schnell wieder zurück. Nach sieben Jahren hatte Bixente Lizarazu die Bayern im Sommer gen Marseille verlassen. Endlich wieder in den dauersonnigen Süden, endlich wieder nahe der Heimat leben - alles schien perfekt. Doch nach nicht einmal sechs Monaten stand Lizarazu erneut für die Bayern auf dem Platz. Als es nicht hinhaute in Marseille, erinnerte er sich an das Versprechen von Uli Hoeneß, dass er jederzeit gerne zurückkommen könne. Alte Liebe rostet eben nicht. Jetzt war er wieder zu Hause, beim FC Bayern. Nur seine frühere Trikotnummer, die 3, hatten sie bereits an Lucio vergeben. Egal, wie Lizarazu erklärte: "Jetzt habe ich die ›69‹, weil ich 1969 geboren bin, 1,69 Meter groß bin und 69 Kilo schwer. Okay, ich war mal 69 Kilo schwer. Um ehrlich zu sein: Das ist schon ein paar Jährchen her."
Das Zitat der Saison kam von Leverkusens Trainer Klaus Augenthaler: "Wenn heute ein Spieler zehn Mal den Ball hochhalten kann, hat er mit seiner ersten Vertragsunterschrift ausgesorgt." Ach, Bayern München wurde übrigens Meister. 14 Punkte vor dem FC Schalke 04 waren es am Ende der Saison 2004/05. Die Feierlichkeiten am 31. Spieltag in Kaiserslautern (4:0-Sieg für die Bayern) fanden ohne Oliver Kahn statt. Der Torwart war in München geblieben und wurde von Michael Rensing vertreten. Nach dieser - vor allem auch privat - so stressigen Saison für den Nationalkeeper eine willkommene Ruhepause. Schließlich sollte das dicke Ende für Oliver Kahn ja noch kommen!
(Dieser Artikel wurde am Samstag, 24. Dezember 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de