Redelings Nachspielzeit

José Mourinho wird 60 Der "Feind des Fußballs" zeigt viele Gesichter

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Mourinho im Jahr 2005 als Trainer des FC Chelsea.

José Mourinho hat (fast) alles gewonnen. Seit er vor 23 Jahren bei Benfica Lissabon als Cheftrainer startete, eilt er von Erfolg zu Erfolg. Doch nicht nur seine Triumphe sind legendär - auch seine Sprüche und Aktionen. Viele lieben ihn dafür, einige mögen ihn deshalb gar nicht. Heute wird der Portugiese 60.

Es gibt da diese Story über José Mourinho, die sein Leben und seine Karriere ziemlich genau auf den Punkt bringt. Der englische Nationalspieler Joe Cole hat sie einmal über seinen ehemaligen Trainer erzählt: "Ein paar Chelsea-Spieler versuchten, einen etwa 30 Meter entfernten Ball zu treffen. Alle versagten. Bis sich Mourinho einschaltete, schoss, in die komplett falsche Richtung und auf einmal wie aus dem Nichts ein anderer Ball kam und seine Kugel genau auf den Ball am Boden lenkte." Der Portugiese steht zumeist auf der Sonnenseite des Lebens - gar keine Frage.

Bobby Robson, unter dem Mourinho einst bei Sporting Lissabon als Dolmetscher und Co-Trainer des ehemaligen Nationaltrainers der "Three Lions" startete, sagte rückblickend über seine Zeit mit dem Portugiesen: "Er sprach perfekt Englisch. Und er sah verdammt gut aus. Etwas zu gut für mein Gefühl." Und vermutlich wusste das José Mourinho auch schon frühzeitig selbst, denn er meinte einmal: "Gott denkt bestimmt, dass ich ein geiler Typ bin, deswegen hat er mir so viel gegeben."

Ohne Zweifel ist der Portugiese eine der selbstbewusstesten Gestalten im Weltfußball. Und er ist jemand, der sein Mundwerk und seine Emotionen entweder richtig schlecht unter Kontrolle hat oder ganz bewusst einsetzt - mit allen Konsequenzen, die sein Handeln zur Folge hat.

"Alles hängt von der Qualität der Eier ab"

José Mourinho ist immer noch gefürchtet für seine knallharten Ansagen und Sprüche. Als er im vorigen Jahr mit der AS Rom vor seinem größten persönlichen Triumph stand - als erster Trainer die Champions League, Europa League und Conference League zu gewinnen -, blaffte er wieder einmal einen Journalisten an, dass dieser sich doch vor ihm in die Hose scheißen würde. Medienmenschen standen ohnehin schon immer ganz oben auf seiner Abschussliste. Einem TV-Reporter sagte der Portugiese einmal ins Gesicht: "Wahrscheinlich wollten Sie Trainer werden, aber dann hat es nur zum Journalisten gereicht."

Zum Autor
  • Ben Redelings ist ein Bestseller-Autor und Komödiant aus dem Ruhrgebiet.
  • Sein aktuelles Buch "60 Jahre Bundesliga. Das Jubiläumsalbum" ist ein moderner Klassiker aus dem Verlag "Die Werkstatt"

  • Mit seinen Fußballprogrammen ist er deutschlandweit unterwegs. Infos & Termine auf www.scudetto.de.

Eine bewusste Provokation eines Mannes, der weiß, wie das Geschäft läuft. Als er damals zu Inter Mailand kam, verkündete er sogleich: "Ich glaube, für die Journalisten könnte es sehr unterhaltsam werden." Und so kam es auch. Wie eigentlich an allen Orten, an denen der kontrovers betrachtete heutige Coach der Roma in den letzten knapp dreißig Jahren arbeitete.

Legendär sind die sprachgewaltigen, häufig etwas irren Vergleiche, mit denen Mourinho den Profifußball erklären will. Als er einmal gefragt wurde, wie entscheidend gute Spieler für seinen Erfolg sind, antwortete er: "Es geht um Omeletts und Eier. Keine Eier, kein Omelett. Alles hängt von der Qualität der Eier ab. Im Supermarkt gibt es Eier der Klasse A, B oder C und manche sind teurer als andere und machen ein besseres Omelett. Also wenn es die A-Klasse-Eier im Supermarkt gibt und man dort nicht hingehen kann, hat man ein Problem." Nun würde man denken, dass er deshalb die vermeintlichen "A-Klasse"-Spieler besonders umhegen und pflegen würde, doch das war noch nie Mourinhos Art.

Seinen ersten Titel verpasst Mourinho gesperrt

Er kann auch ihnen gegenüber richtig fies sein. Über einen der absoluten Superstars der letzten Jahre, Karim Benzema, meinte der Portugiese einmal: "Er spielt, weil ich keinen anderen habe. Wenn man keinen Hund zum Jagen hat, muss man eine Katze nehmen." Und zu Pedro Leon sagte er: "Du würdest im nächsten Spiel nicht mal dann spielen, wenn das Flugzeug von Real Madrid abstürzen würde und du als Einziger zu Hause säßest." Das ist natürlich harter Tobak - aber ganz genau so tickt José Mourinho.

Der portugiesische Startrainer wirkt smart, doch für den Erfolg seiner Mannschaften würde er alles tun - besonders auch dann, wenn er mit einem Ablenkungsmanöver auf sich den Druck von seinem Team nehmen kann. So wie 2010 beim Spiel seines Klubs Inter Mailand gegen Sampdoria Genua, als er seine Hände überkreuzte und wie Fesseln in die TV-Kameras hielt. An diesem Tag war Mourinho mal wieder mit der Leistung des Schiedsrichtergespanns überhaupt nicht einverstanden und wollte die drei Unparteiischen lieber im Knast als auf dem Platz sehen. José Mourinho wurde anschließend zwar für drei Spiele gesperrt - aber sein Trick funktionierte: Mit nur neun Mann konnte seine Mannschaft ein Unentschieden über die Zeit bringen.

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Es war übrigens nicht die einzige Sperre, die der Portugiese in seiner langen Karriere wegen einer Unbeherrschtheit kassierte. Auch seinen ersten Titel im Jahr 2005 mit Chelsea hatte Mourinho bereits an der Seitenlinie verpasst, weil er gesperrt war. Wegen seiner Attacken auf die Unparteiischen hat der deutsche Schiedsrichter-Obmann Volker Roth übrigens einmal über Mourinho gesagt: "Er ist ein Feind des Fußballs."

Ibrahimović beleidigt ihn, aber lieb gemeint

Man kann Roth schon verstehen, schließlich meinte der Portugiese auch einmal wenig fein nach einem Spiel, das ein Schiedsrichter aus Luxemburg geleitet hatte: "Es ist eine Tatsache, dass der Referee aus einem Land kommt, in dem es keinen Fußball gibt." Aber Mourinho dachte nach Roths Aussage nur kurz über eine Klage gegen den deutschen Schiedsrichter-Obmann nach - und ließ es dann im Sinne seines selbstbewussten Lebensmottos - "Auch Jesus wurde nicht von allen geliebt" - auf sich beruhen.

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Wie sehr der portugiesische Starcoach den Fußball liebt und verehrt, hat er in vielen herrlichen, oftmals fast schon poetischen Sätzen wie diesem gesagt: "Junge Spieler sind ein bisschen wie Melonen. Nur wenn du sie öffnest und probierst, bist du dir 100 Prozent sicher, ob die Melone gut ist. Manchmal hat man wunderschöne Melonen, aber sie schmecken nicht sehr gut, und andere Melonen sind ein bisschen hässlich, aber wenn man sie öffnet, schmecken sie fantastisch." Seine Spieler, die mit ihm in all den Jahren so viele Meisterschaften und Triumphe erringen durften, wissen, wovon ihr Coach da redet.

Am heutigen Donnerstag feiert einer der erfolgreichsten, aber auch fiesesten Trainer des Weltfußballs seinen 60. Geburtstag. Viel zu erreichen gibt es für José Mourinho schon lange nicht mehr. Schließlich meinte er bereits vor vielen Jahren gewohnt pointiert: "Wenn man mein Niveau erreicht hat, ist es schwierig, von anderen zu lernen, man muss von sich selbst lernen." Einer seiner absoluten Lieblingsspieler, Zlatan Ibrahimović, sagte einst über ihn: "Mou ist ein schrecklicher Typ." Der extrovertierte Schwede hat diesen Satz durchweg positiv gemeint. In diesem Sinne, alles Gute zum Geburtstag, lieber José Mourinho!

Quelle: ntv.de

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