US-Boys legen Ghana lahm Klinsmann im Rausch, Boateng am Boden
17.06.2014, 13:53 Uhr
Vollkommen außer sich vor Freude kennt Jürgen Klinsmann an der Seitenlinie kein Halten mehr.
(Foto: dpa)
Die USA gewinnen ihr erstes WM-Spiel gegen Ghana. Bei US-Coach Jürgen Klinsmann keimt die Hoffnung auf ein neues Sommermärchen auf. Für Ghana-Star Kevin-Prince Boateng bringt der Abend dagegen nicht nur die Enttäuschung der Niederlage.
Nach dem zweiten Vorrundenspiel in der Gruppe G zwischen Ghana und den USA könnten die Gefühlslagen der Protagonisten kaum unterschiedlicher sein. Während sich US-Coach Jürgen Klinsmann in einen neuen Sommermärchenrausch redet, spürt ein anderer Bekannter aus Deutschland nichts als Verbitterung: der gebürtige Berliner Kevin-Prince Boateng, der für das Heimatland seines Vaters aufläuft.
Boateng hat allen Grund dazu: Nicht nur, dass er mit seinem Team das erste Spiel der WM mit einem späten Gegentor mit 1:2 verloren geben musste. Er saß einen Großteil der Partie auch noch auf der Ersatzbank. Und redete im Anschluss gar nicht um den heißen Brei herum: "Ja, ich war überrascht, dass ich nicht von Beginn an gespielt habe. Anscheinend hatte der Trainer eine andere Idee." Erst in der 59. Minute kam Boateng auf den Platz, setzte durchaus Akzente, vergab mit zwei Schüssen weit über das Tor seine besten Chancen aber kläglich.
"Das erste Spiel ist immer das schwerste und irgendwie auch immer das wichtigste. Das haben wir verloren, das haben wir verpennt", sagte der 27-Jährige, der die späte Niederlage gegen das US-Team möglichst schnell aus dem Kopf bekommen will: "Wir dürfen jetzt nicht den Kopf hängen lassen, wir haben in drei Tagen wieder ein Spiel."
Sogar Obama hilft mit
US-Coach Jürgen Klinsmann kommt dagegen gar nicht mehr heraus aus dem Schwärmen über den Erfolg seiner Mannschaft. "Das war ein Genussmoment, sehr besonders", kommentierte Klinsmann im Anschluss. Tatsächlich schien der frühere Bundestrainer so etwas wie Sommermärchen-Stimmung zu spüren: Adrenalingeladen bis zum Maximum wirbelte der Hauptdarsteller von 2006 auch bei seinem Comeback auf der ganz großen Fußball-Bühne wieder herum wie ein nimmermüder Hamster im Laufrad.
Sein erstes WM-Spiel seit 2006, damals noch als Trainer der deutschen Nationalmannschaft, wurde gleich zu einem Erfolgserlebnis - wenngleich noch längst nicht alles klappte. Dem US-Coach war's ziemlich egal. "Das ist ein großartiger Start, wie wir ihn wollten. Dafür haben wir hart gearbeitet", sagte Klinsmann, der nach der Partie erschöpft fast den Eindruck vermittelte, als sei er selbst 90 Minuten lang in der Arena das Dunas von Natal auf- und abgerannt.
Die Unterstützung hatte schon im Vorfeld weltmeisterliche Züge - sogar von ganz oben kamen die besten Wünsche. "Auf geht's, Team USA. Zeigt der Welt, aus welchem Holz wir geschnitzt sind", bekannte US-Präsident Barack Obama in einer Videobotschaft und twitterte zugleich: "Elf auf dem Platz, mehr als 300 Millionen feuern sie an." Auch im Stadion selbst waren die Amerikaner klar in der Überzahl und sorgten für einen beeindruckenden Lärmpegel.
Endspiel für Ghana
Erst recht, als Clint Dempsey nach nur 32 Sekunden zum fünftschnellsten Treffer bei einem Fußball-Weltturnier überhaupt eingeschossen hatte. Zum entscheidenden Mann schwang sich allerdings der Berliner Bundesligaprofi John Brooks auf, der nur vier Minuten nach dem ghanaischen Ausgleich durch André Ayew (82.) die USA zum Sieg köpfte.
Das Siegtor im ersten WM-Spiel unter anderem vor den Augen von US-Vizepräsident Joe Biden trage eine "ganz besondere Note" für Brooks, stellte Klinsmann heraus. "Das ist ein großer Moment für Brooks, etwas ganz Spezielles für den Jungen. Er hat sein Talent gezeigt", lobte der Trainer.
Gegen Portugal könnten die US-Amerikaner am kommenden Sonntag im Optimalfall schon den Achtelfinal-Einzug klarmachen. "Aber sie werden nach dem 0:4 gegen Deutschland noch gefährlicher sein als zuvor", warnte Klinsmann. Am Samstag schon kommt es dagegen zum Duell Ghanas mit Deutschland. Und für Ghana geht es dann schon ums nackte Überleben, es droht das vorzeitige Aus. "Wir wissen, dass wir jetzt gewinnen müssen, und wir wissen auch, dass es keine einfache Aufgabe wird gegen Deutschland. Aber wir werden uns dafür vorbereiten und probieren, wieder alles zu geben", sagte Boateng.
Quelle: ntv.de, jog/sid/dpa