Fußball-WM 2018

Wieder "högschde" Konzentration Gefährten loben Löw vor Karrierehöhepunkt

"Das Tolle ist, dass er sich eigentlich von 2004 bis heute nicht verändert hat", sagt Löws längster Nationalmannschafts-Mitstreiter Miroslav Klose.

"Das Tolle ist, dass er sich eigentlich von 2004 bis heute nicht verändert hat", sagt Löws längster Nationalmannschafts-Mitstreiter Miroslav Klose.

(Foto: picture alliance / dpa)

Egal, ob Deutschland morgen abend Weltmeister wird: Für Spieler und Betreuer der deutschen Mannschaft ist der Bundestrainer schon jetzt "vielleicht sogar der beste", den es gibt. Doch der Hochgelobte bleibt bescheiden. Denn noch ist ein Spiel zu spielen.

Umarmung mit Scolari: Den Moment seines bislang größten Sieges als Bundestrainer ließ sich Löw kaum anmerken.

Umarmung mit Scolari: Den Moment seines bislang größten Sieges als Bundestrainer ließ sich Löw kaum anmerken.

(Foto: REUTERS)

Es sah so aus, als spielten zwei Kinder am Strand. Joachim Löw und Urs Siegenthaler spazierten vor dem letzten Training der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Santo André am idyllischen Küstenstreifen vor ihrem WM-Quartier Campo Bahia entlang, da knieten sich plötzlich beide hin. Chefscout Siegenthaler malte irgendwelche Figuren in den Sand, und der Bundestrainer schaute wie ein Tourist in dunkelblauer Badeshorts und hellblauem T-Shirt gekleidet interessiert zu.

Am traumhaften Atlantikstrand hatte Löw vor der Abreise nach Rio de Janeiro nahezu jeden Morgen verbracht. Kurz nach fünf joggte er schon, egal bei welchem Wetter, rund eine halbe Stunde und ordnete seine Gedanken. Auch an der Copacabana, wo am Sonntag das große WM-Finale gegen Argentinien (ab 21.00 Uhr im n-tv.de-Liveticker) steigt, wird sich der 54-Jährige in der Nähe des Teamhotels wieder eine Joggingstrecke suchen, um in aller Herrgottsfrühe einen "klaren Kopf" zu bekommen, wie Löw es selbst formuliert.

Dass am Sonntag das wichtigste Spiel seiner achtjährigen Karriere als Bundestrainer ansteht, merkt man ihm nicht an. "Er ist wie immer, ganz ruhig und sachlich, aber natürlich auf das große Ziel fokussiert", sagte Löws Assistent Hansi Flick kurz vor dem Abflug Richtung Zuckerhut.

Note 1+ vom Kapitän

"Meinen Chef kann man nicht aus der Ruhe bringen", erklärte auch Chefscout Siegenthaler. "Joachim bleibt immer ruhig und sachlich - selbst nach einem 7:1 gegen Brasilien", sagte der 66-jährige Schweizer. Siegenthaler hat Löw bereits als Assistent von Jürgen Klinsmann in den Jahren 2004 bis 2006 kennen- und schätzen gelernt."Er ist keiner von den Trainern, die immer wieder betonen, wie toll sie sind. Er bleibt immer bescheiden und weist lediglich darauf hin, dass er ein guter Trainer sein will. Dabei ist er vielleicht sogar der beste. Denn alles, was er macht, hat Hand und Fuß", sagte der Chef-Analyst geradezu schwärmerisch über seinen Vorgesetzten.

Und auch WM-Rekordtorjäger Miroslav Klose, der Löws Entwicklung bei der Nationalmannschaft von Anfang an mitgemacht hat, lobte seinen Coach über den grünen Klee. "Das Tolle ist, dass er sich eigentlich von 2004 bis heute nicht verändert hat. Er hat uns schon immer seine Ideen vermittelt und weiter gebracht. Er ist ein fantastischer Trainer", sagte der 36-Jährige. Besonders imponiert Klose aber Löws menschliche Seite: "Er sieht immer das gesamte Team, spricht mit jedem Spieler und hat für jeden ein offenes Ohr. Das zeichnet ihn als Trainer, aber vor allem auch als Menschen aus."

Das sieht der Kapitän genauso. "Er findet immer den richtigen Ton und auch immer die richtige Lösung. Einen besseren Trainer kann man sich nicht vorstellen", hatte Philipp Lahm noch vor Löws Vertragsverlängerung im vergangenen Herbst bis 2016 gesagt und damit seinem Boss die Note 1+ gegeben. Lahm schätzt ebenso wie Klose Löws sachlichen, ruhigen Stil und seine menschliche Art.

Udo Jürgens und Zigaretten

Dass Löw, der gerne Udo Jürgens hört und hin und wieder mal eine Zigarette pafft, manchmal etwas zu distanziert rüberkommt, hat möglicherweise etwas mit dem Naturell des gebürtigen Schwarzwälders zu tun. "Ich komme aus bescheidenden Verhältnissen und brauche keine große Show", sagte der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann mal über sich selbst.

Deshalb taucht der frühere Ministrant und Ehrenspielführer des SC Freiburg so gut wie gar nicht in den Klatschspalten auf. Große Töne spucken, ist nicht sein Ding, wie auch nach dem historischen Halbfinal-Match gegen Brasilien deutlich wurde. "Es geht weiter, ein bisschen Demut tut jetzt auch gut", sagte er ganz cool und zeigte dabei keine Regung. Dass er vor Stolz fast geplatzt wäre, konnte man nur erahnen.

"Jogi ist eben, wie er ist", sagte Teammanager Oliver Bierhoff am Freitag. Er geht deshalb auch nicht davon aus, dass Löw im Falle des WM-Triumphes "wild über den Platz rennt. Er wird sich freuen, aber nicht verrücktspielen."

Für das Finale hat Löw deshalb seinen Männern eigentlich wie immer nur eines mit auf den Weg gegeben: Es gilt "högschde" Konzentration.

Quelle: ntv.de, Jürgen Zelsutek, Thomas Niklaus, sid

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