Mit Soja-Latte zum WM-Titel? Hummels macht souverän auf seriös
05.07.2014, 11:24 Uhr
Mats Hummels schoss die DFB-Elf ins Halbfinale.
(Foto: REUTERS)
Lange Pässe, wilde Dribblings? Nicht mit Mats Hummels, nicht in der Nationalelf, nicht bei dieser WM. Beim Sieg gegen Frankreich überragt er, fürs Halbfinale gegen Brasilien ist er gesetzt. Und er weiß, wie der ganz große Coup gelingen kann.
Er hat’s versprochen, weil es der Bundestrainer so wollte. Und er hält sich dran: Keine langen Pässe mehr, nicht in der Nationalelf. Dabei liebt Mats Hummels das Risiko. Und damit ist nicht gemeint, dass er sich von seiner Freundin Cathy Fischer mit Soja-Latte aufpäppeln lässt. Das ist völlig ungefährlich. Aber wenn er für die Dortmunder Borussia auf Geheiß von Jürgen Klopp Fußball spielt, ist der 25 Jahre alte Innenverteidiger der Mann, der das Spiel eröffnet, indem er den Ball auch schon mal zu einem weiter entfernten Kollegen spielt.
Er ist normalerweise auch einer, der seine Gegenspieler gerne ausspielt. Aber nicht bei dieser Weltmeisterschaft. Wenn er für die deutsche Nationalmannschaft spielt, wandelt er sich zum seriösen Abräumer. Und steht damit sinnbildlich für den neuen Pragmatismus der Löw’schen Eleven, die in Brasilien ein Ziel mehr zu einen scheint als je zuvor: Der Titel soll es sein. Hauptsache gewinnen, erst kommt der Erfolg, dann die Ästhetik. Was das betrifft, sind sie auf einem guten Weg. Auch dank Mats Hummels.
"Die Art Fußball, um erfolgreich zu sein"
Es gab nicht wenige, die nach dem mühsamen Achtelfinale gegen Algerien gesagt haben, er sei der wahre Gewinner. Dabei war er gar nicht dabei, Mats Hummels lag von einer Erkältung geplagt im Bett. Beim Sieg im Viertelfinale an diesem Freitag gegen Frankreich nun wurde in Rio de Janeiro klar, dass diese überspitze Einschätzung viel Wahres enthält. Die Mannschaft braucht jemanden wie ihn, der sich wie im Viertelfinale einem Starstürmer wie Karim Benzema in den Weg stellt, im Zweifelsfall reingrätscht, dennoch die Übersicht behält und souverän nahezu jedes Kopfballduell gewinnt.
"Ich glaube schon, dass wir die Art Fußball spielen, um hier erfolgreich sein." Mats Hummels hat das offensichtlich verinnerlicht. Die neue Kompaktheit in der deutschen Abwehr hält er für absolut grundlegend, denn: "Mit zwei Gegentoren pro Spiel wirst du nicht Weltmeister." An ihm geht bei der WM kein Weg mehr vorbei. Dafür ist gar nicht so entscheidend, dass er bereits zweimal den Ball ins Tor geköpft hat. Aber es schadet seiner Reputation in der Mannschaft und bei seinem Trainer gewiss nicht.
Schlechte Nachricht für Per Mertesacker
Löw soll ja in der Vergangenheit so seine Probleme mit dem bisweilen arg selbstbewussten Dortmunder gehabt haben, was beide allerdings bestreiten. Jedenfalls traf Mats Hummels beim Auftakt gegen Portugal zum wegweisenden 2:0 und erzielte nun in seinem 34. Länderspiel im Maracanã den Siegtreffer gegen Frankreich, der seiner Mannschaft den Einzug ins Halbfinale bescherte. In Belo Horizonte geht es am Dienstag gegen die Gastgeber. "Der nächste Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Es ist unglaublich, was hier bei der WM alles klappt." Mats Hummels wird gegen Brasilien dabei sein, mutmaßlich mit Jérôme Boateng an seiner Seite, einfach weil es gegen Frankreich so gut funktioniert hat. Was eine schlechte Nachricht für Per Mertesacker ist, der in Rio erstmals auf der Bank saß. Löw jedenfalls lobe den 103-maligen Nationalspieler, er habe sich "absolut vorbildlich" verhalten. Der sagte hinterher: "Ich war schon überrascht, dass ich nicht gespielt habe." Aber: "Egal ob man Wasserträger ist oder Aufmunterer, man muss diese Rolle ernsthaft annehmen."
Mats Hummels aber spielt das Turnier seines Lebens. Er ist nach der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine zwar erst zum zweiten Mal dabei, aber das hört sich doch gut an. Nun aber könnte er das ganz große Ding drehen. Dafür müsste es allerdings besser laufen als bei seinem ersten Halbfinale. Nach dem Spiel gegen Italien vor zwei Jahren in Warschau bei der Europameisterschaft haben sie ihm ein Gegentor angekreidet - weil er mit zu viel Risiko in einen Zweikampf ging.
Er erinnert sich noch gut daran: "Ich weiß nicht erst seit 2012, dass ein Spiel den gesamten Eindruck relativ schnell schmälern oder korrigieren kann." Aber er hat’s ja versprochen: Höchstens mal 'ne Soja-Latte. Und keine langen Pässe. Dann klappt’s vielleicht auch mit dem Titel. Nach dem Sieg gegen Frankreich jedenfalls sagte er: "Ich glaube, dass wir das so durchziehen können."
Quelle: ntv.de