Fußball-WM 2018

WM-Test gegen Mickinochwas Löw charmiert, Klose quält sich nicht

Gestatten: Prinz Charming, formerly known as Joachim Löw, und seine 23 WM-Eleven.

Gestatten: Prinz Charming, formerly known as Joachim Löw, und seine 23 WM-Eleven.

(Foto: dpa)

Beim letzten Test vor der WM lächelt Bundestrainer Löw die Probleme weg und setzt auf ein Schützenfest gegen Sparringspartner Armenien. Ansonsten dominiert das Prinzip Hoffnung, aber es gibt positive Signale.

Worum geht's?

Joachim Löw plant eine Charmeoffensive. Demnach dürfen sich heute nicht nur die 27.000 Zuschauer im ausverkauften Mainzer Stadion, sondern auch die Millionen zu Hause beim letzten Testspiel der deutschen Fußball-Nationalelf vor der Weltmeisterschaft (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) auf Einiges gefasst machen. Schließlich hat der Bundestrainer demonstrativ gelassen versprochen: "Mit dem Spiel gegen Armenien wollen wir uns mit einem Sieg und mit einem Lächeln aus Deutschland von unseren Fans verabschieden. Ich glaube, ein gutes Spiel wird uns Rückenwind für die WM geben."

Deutschland - Armenien, 20.45 Uhr

Deutschland: Weidenfeller - Lahm, Mertesacker, Boateng, Durm - Khedira, Kroos - Müller, Özil, Reus - Klose. Trainer: Löw

Armenien: Beresowski - Mkojan, Garojan, Arsumanjan, Hajrapetjan - Jedigarjan, Hovsepjan - Manutscharjan, Mkhitaryan, Ghasarjan - Mowsisjan. - Trainer: Challandes

Schiedsrichter: Lechner (Österreich)

Klingt alles in allem nach einem guten Plan - der aufgehen könnte, wenn die deutschen Spieler die landesweite Skepsis nicht nur weglächeln, sondern am besten drei oder vier Tore schießen. Dann klappt’s zwar nicht zwingend mit dem ersehnten Titelgewinn in Brasilien, der Stimmung aber dürfte das nicht abträglich sein. Am besten, sie machen es wie die Mannschaft von 1996. Die gewann ihr letztes Spiel vor der EM vor fast auf den Tag genau 18 Jahren in Mannheim gegen Liechtenstein nach Treffern von Andreas Möller (2), Stefan Kuntz (2), Oliver Bierhoff, Christian Ziege, Matthias Sammer, Jürgen Kohler und Jürgen Klinsmann mit 9:1 (4:0), flog nach England und wurde Europameister. Seitdem hat ein deutsches Team bei großen Turnieren nichts mehr gewonnen. Andererseits: Beim bisher letzten Triumph bei einer WM 1990 mühte sich die DFB-Elf am 30. Mai vor 42.000 Zuschauern in Gelsenkirchen zu einem 1:0 gegen Dänemark, Rudi Völler schoss das Tor. Das Turnier in Italien lief dann trotzdem prima. Wir halten fest: Die Sache mit den Omen ist doch nur bedingt ergiebig.

Wie stehen die Vorzeichen?

Manuel Neuer soll bei der WM die Nr. 1 im DFB-Tor sein, ist aber im Moment noch Sorgenkind Nr. 1.

Manuel Neuer soll bei der WM die Nr. 1 im DFB-Tor sein, ist aber im Moment noch Sorgenkind Nr. 1.

(Foto: dpa)

Das Problem vor einem großen Turnier ist ja, dass im Grunde nichts passiert. Die Spieler, die können, trainieren. Andere sind verletzt, ruhen sich aus und versuchen dann alles, um wieder fit zu werden. Der Trainer spricht mit den Ärzten und verkündet, wer wann wieder gesund sein soll. Das ist spannend, weil niemand weiß, wie’s wirklich kommt. Häufig kommt es dann anders, als es der amtliche Genesungsplan des DFB vorgesehen hatte. Und über allen Spekulationen schwebt in diesen Tagen die Frage, ob’s denn in Brasilien nun für den Titel reicht oder gar ein historisch frühes Aus droht. Für den Fall hat Löw knallhart analysiert: "Jeder weiß, auch ich, dass ein Bundestrainer an einem Abschneiden an einem Turnier gemessen wird. Wenn wir in der Vorrunde ausscheiden, denke ich, ist klar, wird es wahrscheinlich notwendig sein, dass es eine Veränderung gibt." Doch niemand weiß, was wird. Das ist auch gut so ist, sonst wär’s ja nicht mehr spannend.

Der Kenntnisstand aber stagniert, ob jetzt vor dem Testspiel gegen Kamerun am vergangenen Sonntag in Mönchengladbach oder nach dem 2:2: Es ist schwer zu beurteilen, ob die deutsche Mannschaft zum WM-Auftakt tatsächlich exakt auf den Punkt so bereit ist, wie es der Bundestrainer ständig beteuert. Und es steht zu befürchten, dass das auch für die Partie gegen Armenien gilt. Die gute Nachricht ist, dass knapp 24 Stunden nach dem Abpfiff dann tatsächlich etwas passiert. Am Samstag um 22 Uhr nämlich machen sich die Mannschaft und alle, die dazugehören, von Frankfurt aus mit dem Flugzeug auf den Weg nach Brasilien. Nach elf Stunden ist die Landung in Salvador de Bahia geplant. Es folgen der Flug nach Porto Seguro und eine sonntägliche Busfahrt ins Teamquartier, ins Campo Bahia. Und dann sind es nur noch acht Tage, bis mit der Partie gegen Portugal tatsächlich die WM für die deutsche Mannschaft beginnt. Endlich, werden viele sagen. Und doch gibt es einige, die lieber etwas mehr Zeit hätten.

Wie ist die DFB-Elf drauf?

Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger zum Beispiel. Die beiden sind, wie es heißt, willens und in der Lage, heute Abend in Mainz ein wenig Fußball zu spielen. Wollen würde auch Manuel Neuer, aber er kann halt immer noch nicht, weil seine verletzte Schulter nicht so will, wie er sich das vorstellt. Für ihn steht heute wieder der Dortmunder Roman Weidenfeller im Tor, es ist sein drittes Länderspiel. Die drei genannten Münchner aber könnten durchaus noch ein wenig mehr Zeit brauchen. Auch hier dominiert der Glaube daran, dass es irgendwie klappt. Mittelfeldspieler Toni Kroos drückt das so aus: "Vom individuellen Können waren wir noch nie so gut besetzt bei einer WM. Die Hoffnung ist, dass alle fit sind bis zum Start." Das gilt auch für Miroslav Klose. Der Herbergsvater des DFB-Teams feiert am Montag seinen 36. Geburtstag und fehlte jüngst beim Freundschaftsspiel gegen Kamerun, weil er, wie Löw sagte, nach dem Trainingslager in Südtirol in ein Loch gefallen sei - also bildlich gesprochen. Heute gegen Armenien soll er spielen, der "Frankfurter Rundschau" sagte er: "Ich bin echt guter Dinge und komme gut voran. Ich erhole mich auch gut. Die Blutwerte lügen auch nicht." Und überhaupt: "Ganz ehrlich: Es ist nicht mühsam. Ich muss mich nicht quälen."

Wie läuft's bei Armenien?

Wenn die DFB-Elf zum dritten Mal in ihrer 106 Jahre währenden Länderspielgeschichte gegen Armenien spielt; und wenn aus dieser armenischen Mannschaft ein Spieler namens Henrikh Mkhitaryan herausragt; und wenn dieser Mkhitaryan mittlerweile in Deutschland sehr bekannt ist, weil er seit vergangenen Sommer als teuerster Einkauf der Klubgeschichte bei Borussia Dortmund in der Bundesliga spielt - dann bietet es sich an, ein letztes Mal zu erwähnen, dass der Bundestrainer noch im November von diesem "Mickinochwas" sprach, der das Spiel des BVB präge. In Dortmund haben sie ihm das ein wenig übel genommen, aber sei’s drum. Ansonsten kennt sich Löw bestens aus, über den Gegner sagt er: "Wir haben Armenien bewusst ausgesucht. Sie sind ähnlich wie Portugal und sehr gut im Konterspiel. Diese Mannschaft ist entgegen vieler Erwartungen mit einer großen Stärke ausgestattet." Sie spiele, sagte der Bundestrainer, durchaus schnell und forsch nach vorne. Was er nicht sagt: Armenien belegt zwar in der Weltrangliste der Fifa immerhin Platz 33. Aber im Grunde geht es für seine Mannschaft darum, gegen einen Sparringspartner dem Publikum ein wenig Spaß zu vermitteln und für gute Laune zu sorgen. Um nicht zu sagen: für WM-Stimmung.

War sonst noch was?

Spätestens seit dem Test gegen Kamerun steht Mesut Özil in der Diskussion. Eigentlich ist er für Brasilien als Denker und Lenker in der Kreativzentrale des deutschen Mittelfelds vorgesehen. Sein wenig inspirierter Auftritt in Mönchengladbach nährte allerdings die Zweifel, ob der Mann vom FC Arsenal tatsächlich der Richtige ist, um seiner Mannschaft unter den erwarteten extremen Bedingungen in Brasilien in den entscheidenden Spielen den entscheidenden Schub zu geben. Zumal er unter dem dringenden Verdacht steht, einer zu sein, der sich hängen lässt, wenn’s mal nicht so läuft. Löw hatte das nach der Partie gewohnt diplomatisch ausgedrückt: "Mesut hatte heute nicht seinen besten Tag. Seine Spritzigkeit war nicht so ganz vorhanden." Er sei sich aber sicher, dass auch Özil bis zur WM in Form ist.

Einer, der da überhaupt keine Zweifel hat, ist Brasiliens Pelé. Die "Sportbild" hatte den dreifachen Weltmeister in dieser Woche gefragt, welcher deutsche Spieler ihn begeistert. Sie ahnen, was er geantwortet hat. Der Name fiel im zwar gerade nicht ein, aber: "Der Spieler mit der Nummer 8." Özil? "Richtig. Ein Ausnahmespieler. Er hat eine feine Technik. Er spielt den tödlichen Pass, kreiert überraschende Momente. Er ist noch ein richtiger Spielmacher, er kann den Unterschied ausmachen." Ja, wenn Pelé das sagt. Dann dürfen sich die Fans auf Einiges gefasst machen.

Quelle: ntv.de

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