Gute Nachrichten aus Santo André Löw drückt aufs Tempo
09.06.2014, 17:16 Uhr
Jetzt gehts los: Thomas Müller pumpt ordentlich beim Training.
(Foto: AP)
Nur noch drei Tage bis zum WM-Anpfiff. Nach dem Reus-Schock überwiegen jetzt endlich die guten Nachrichten. Die deutsche Elf lobt das Campo Bahia in höchsten Tönen. Alle sind happy - und auch Manuel Neuer scheint auf den Punkt fit zu werden.
Nach dem herzlichen Empfang in Brasilien drängte Joachim Löw auch beim öffentlichen Training auf hochkonzentrierte Arbeit. Der Bundestrainer will im Endspurt bis zum WM-Start keine Zeit mehr verlieren. Beobachtet von 500 Zuschauern aus Santo André, darunter Indianer vom Stamm Pataxo, trieb Löw seine Pläne für den Ernstfall gegen Portugal auf dem Fußballplatz voran.
Teammanager Oliver Bierhoff lobte indes die Bedingungen im WM-Trainingsquartier in Campo Bahia in den höchsten Tönen. "Wir haben es sehr gut angetroffen. Die Stimmung ist hervorragend gut. Wir hoffen, dass wir dies auch auf dem Platz umsetzen können", sagte Bierhoff auf der DFB-Pressekonferenz im Santo Andre. Assistenztrainer Hansi Flick sprach von "optimalen Bedingungen" für die Mannschaft. Die besondere Atmosphäre habe das Team schon bei der Ankunft am Sonntag gespürt.
Jetzt gehts los!
Löw gönnte seinen 23 Fußballern nach dem Einchecken im abgeschiedenen Campo Bahia keine große Anpassungsphase, um sich nach der 15-Stunden-Anreise mit Flugzeug, Bus und einer Fähre vom Jetlag zu erholen. "Wir alle haben diesen Moment immer herbeigesehnt", sagte Löw zu seiner Freude, endlich im WM-Land zu sein. "Die WM hat für uns jetzt begonnen. Wir freuen uns, dass wir nach langen Planungen, nach vielen Gedanken und Diskussionen in Brasilien sind. Denn jetzt geht's los." Und das mit Torwart Manuel Neuer, der auch scharfe Schüsse von Torwarttrainer Andreas Köpke abwehrte und sich auch auf die zuletzt verletzte rechte Schulter warf.
Der 28 Jahre alte Bayern-Schlussmann trainierte wie alle Spieler und Betreuer in einem weißen Shirt mit der Aufschrift: "Obrigado Bahia" - danke Bahia. "Wir sind glücklich, hier zu sein", stand in der Landessprache auf der Vorderseite der Trikots. Nach einem ersten, kurzen Eintauchen in die unbekannte Welt am Atlantik war Neuers Rückkehr ins Tor nach dem bitteren WM-Aus von Offensivspieler Marco Reus (Löw: "Ein Schock für uns") das lange erhoffte positive Signal.
Löw überrascht beim Training
Für Löw kam Neuers Einstieg planmäßig. Und der Bundestrainer glaubt nicht, dass er mit einem Einsatz von Neuer schon im ersten Spiel ein Wagnis eingehen müsste. "Nach aktuellem Stand wird es dieses Risiko nicht geben. Die klare Aussage der medizinischen Abteilung und auch des Spielers ist, dass er nun torwartspezifisch belastet werden kann", sagte der 54-Jährige. Löw rech net mit einer WM-Punktlandung seiner Nummer 1: "Ich gehe daher davon aus, dass er gegen Portugal spielen kann." Die Trainingseindrücke bestätigten diese Aussage.
Löw treibt seine Pläne für das wichtige Auftaktspiel aber auch auf anderen Positionen voran. Er gewährte bei den ersten Trainingseinheiten einige aufschlussreiche Einblicke. Philipp Lahm agierte im ersten Übungsspiel im Mittelfeld, Jérome Boateng verteidigte rechts - beides so wie beim 6:1-Sieg im Benefiz-Länderspiel gegen Armenien. "Wenn man im letzten Spiel vor einer WM auf einer Position spielt, dann geht man auch davon aus, dass man auf dieser Position eingesetzt wird", hatte Lahm schon nach seinem gelungenen 45-Minuten-Comeback in Mainz drei Wochen nach seiner Fußverletzung erklärt.
Das gegen die Armenier getestete 4-3-3-System könnte tatsächlich die taktische Variante gegen Portugal sein. Die noch um die WM-Fitness ringenden Führungskräfte Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira scheinen dabei um den dritten Mittelfeldplatz neben Lahm und Toni Kroos zu kämpfen. Löw sucht noch intensiv nach Lösungen für seine WM-Startelf, in welcher der Dortmunder Reus bis zu seinem tragischen Verletzungs-Aus ein Fixpunkt war. "Marco war super drauf. Er hat vor Spielfreude gesprüht. In unseren Überlegungen hat er eine zentrale Rolle gespielt", bedauerte Löw den Turnierausfall des 25 Jahre alten Angreifers, der nach der Diagnose - Syndesmoseteilriss am linken Sprunggelenk - am Boden zerstört war. Ein Traum sei für ihn geplatzt, dem Team aber wünschte der große Pechvogel dennoch "alles Gute".
Podolski, Schürrle oder Klose
Den frei gewordenen Kaderplatz vergab Löw an Nachrücker Shkodran Mustafi. Um die vakant gewordene Planstelle von Reus in der Offensive streiten jetzt vor allem die gegen Armenien nicht nur als Torschützen auftrumpfenden André Schürrle und Lukas Podolski. "Es ist ein kleines Plus von uns, dass die Spieler in der Offensive in Schwung kommen", stellte Löw erfreut fest.
Auch Miroslav Klose, der gegen Armenien mit Länderspieltor 69 zum alleinigen deutschen Rekordschützen aufstieg und am Montag in Brasilien seinen 36. Geburtstag feierte, traut der Bundestrainer mehr als nur eine Joker-Rolle bei seiner vierten WM zu. Bei fast 30 Grad hatten singende und klatschende Kinder mit Fähnchen das deutsche Team am Sonntag am WM-Quartier empfangen. Zuvor mussten Spieler und Trainer nach der ersten Fahrt mit dem knallbunten Teambus mit dem Slogan "Ein Land, eine Mannschaft, ein Traum" aber noch über den Fluss Joao da Tiba übersetzen.
Mehrere hundert Einheimische winkten den prominenten Gästen aus Alemanha begeistert zu. Die ersten Eindrücke von Land und Leuten seien sehr positiv gewesen, berichtete Teammanager Oliver Bierhoff in der ARD: "Auch schon der Moment auf der Fähre, wo man gemerkt hat, man taucht ein bisschen in eine andere Welt." Die deutsche Nationalmannschaft ist in Brasilien angekommen - und bleiben will sie bis zum großen Finale am 13. Juli. "Man muss immer das höchste Ziel haben", sagte WM-Debütant Schürrle.
Quelle: ntv.de, dsi/dpa/sid