Fußball-WM 2018

So läuft das Finale gegen Argentinien Löw spickt, Schweinsteiger spürt den DFB-Geist

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(Foto: dpa)

Vor dem WM-Finale gegen Argentinien sind die deutschen Fußballer, wie könnte es anders sein: fokussiert. Stratege Bastian Schweinsteiger freut sich aber auch und bleibt cool, Bundestrainer Joachim Löw ist auf wirklich alles vorbereitet. Oder?

Worum geht's?

Finale halt, Deutschland gegen Argentinien. Wer gewinnt, ist Fußball-Weltmeister. Aber wer gewinnt? Der Bundestrainer glaubt, dass die Partie heute in Rio de Janeiro (ab 21 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) völlig offen ist. Diese Einschätzung hat er nicht exklusiv, schließlich sind die Argentinier keine Laufkundschaft. Aber wer die deutsche Mannschaft beim epochalen 7:1 im Halbfinale gegen Brasilien in Brasilien gesehen hat, der könnte schon auf die Idee kommen, dass die DFB-Elf mit leichten Vorteilen ins Estadio do Maracanã einzieht. Und wer die Argentinier gesehen hat, wie sie sich ihrerseits in einer quälend langweiligen Partie gegen die Niederlande erst im Elfmeterschießen in dieses Endspiel gemogelt haben, der könnte das erst recht glauben. Aber so funktioniert Fußball nun einmal nicht. Ein sehr gutes Spiel garantiert nicht, dass im nächsten alles klappt. Umgekehrt gilt das auch. Diesen Argentiniern ist alles zuzutrauen. Den Deutschen allerdings auch. Wer die Spieler in den vergangenen Wochen gesehen und gehört hat, bekam den Eindruck, dass sie tatsächlich das sind, was sie immer behaupten und was längst zur Lieblingsvokabel dieses Turnieres geworden ist: fokussiert. Oder wie es Bastian Schweinsteiger gestern sagte: "Wir wissen, dass wir sehr guten Fußball spielen können. Wir müssen es aber noch einmal abrufen."

Wie stehen die Vorzeichen?

Schweinsteiger sagte auch: "Der Kopf muss einfach nur ans Fußballspielen denken." Müsste drin sein, oder? Die machen das ja schließlich beruflich. Und bisher ist es ihnen bei dieser WM ja ganz gut gelungen. Die DFB-Elf hat sich in das Turnier hineingespielt und stetig gesteigert. Nur die erste Halbzeit im Achtelfinale gegen Algerien war ein vermeintlicher Rückschritt, der sich im Nachhinein aber ebenfalls so lange positiv deuten lässt, bis er glatt als Fortschritt durchgeht. Zum einen hat das Löwsche Team mit einer ungeheuren Kraftanstrengung und Willensstärke das Spiel in der Verlängerung doch noch gewonnen. Und zum anderen war es die Partie, in der ab der 70. Minute Kapitän Philipp Lahm wieder als rechter Außenverteidiger spielte, weil Sami Khedira in die Partie kam und erstmals in Brasilien gemeinsam mit Schweinsteiger im defensiven Mittelfeld agierte. Seitdem ist es dabei geblieben. Sollte die deutsche Mannschaft tatsächlich heute im Maracanã den Pokal gewinnen, dürfen sich die Exegeten bis in alle Ewigkeit streiten, ob der Bundestrainer sein Team geschickt umgestellt hat - oder ob er zu seinem Glück gezwungen wurde. Jedenfalls ist diese DFB-Elf titelreif wie nie zuvor. Schweinsteiger drückte das so aus: "Wir sind oft auch mal gescheitert kurz vor Schluss. Doch jetzt sind wir gefestigt, der Teamgeist ist zu spüren."

Wie ist die DFB-Elf drauf?   

Fokussiert, das hatten wir schon erwähnt, auch nach dem Jahrhu ndertspiel gegen Brasilien. "Wir wissen das sehr genau einzuordnen", versicherte Schweinsteiger. Und er hat das gesagt, bevor die Gastgeber im Spiel um Platz drei den Niederlanden mit 0:3 unterlagen. Jedenfalls behauptete der Münchner wie sein Trainer, keinen besonderen Druck zu verspüren. "Die Vorfreude auf das Spiel ist sehr gut." Keine verkehrte Geisteshaltung für ein Endspiel, zumal sie der Überzeugung erwächst, zu den Besten der Welt zu gehören. Wer aber darf sich bis 21 Uhr darauf einstellen, in der Startelf zu stehen? Die Spieler wissen das seit gestern Abend. Wir leider nicht. Es spricht aber alles dafür, dass der Bundestrainer nichts ändert und die gleiche Formation beginnen lässt wie beim 1:0 im Viertelfinale gegen Frankreich und beim 7:1 gegen Brasilien im Halbfinale. Das bedeutet, dass vor Torhüter Manuel Neuer in der Viererkette Kapitän Philipp Lahm, Jérôme Boateng und Benedikt Höwedes verteidigen. Vor der Abwehr sollen die Strategen Schweinsteiger und Sami Khedira für Ordnung sorgen, vor ihnen kommt Toni Kroos auf der Position des Spielmachers zum Einsatz, Thomas Müller und Mesut Özil kommen über die Flügel, vorne stürmt bis auf Weiteres Miroslav Klose, während André Schürrle mutmaßlich ungeduldig auf der Bank sitzt. Für ihn gilt das, was Schweinsteiger als Motto für dieses Finale gegen defensivstarke Argentinier ausgab: "Wir müssen die Ruhe bewahren und geduldig sein."

Wie läuft's bei Argentinien?

Gemessen an der Laune der Fans bestens. Halb Argentinien scheint über die Grenze nach Brasilien gepilgert zu sein und hat seit Tagen die Copacabana in Rio fest in der Hand. Mit ihrer Sangesfreude werden sie, das lässt sich unschwer voraussagen, auch heute für eine außergewöhnliche Stimmung sorgen. Die deutschen Fans allerdings dürften sich der Unterstützung der Brasilianer sicher sein, die dem ungeliebten und aus ihrer Sicht arg großkotzigen Nachbarn nicht das Schwarze unter den Fingernägeln - geschweige denn den Weltmeistertitel - gönnen. Einen Lionel Messi den Pokal im Maracanã in die Höhe stemmen zu sehen, wäre eine weitere Demütigung. Und sportlich? Gab Trainer Alejandro Sabella gestern die Losung aus: "Wir müssen die Räume gut und schnell besetzen und keine Ballverluste in Zonen riskieren, wo du nichts riskieren darfst." So heißen: Sicherheit zuerst - so wie im Halbfinale gegen die Niederlande. Auf keinen Fall wollen die Argentinier wieder so Harakiri spielen wie vor vier Jahren in Südafrika, als sie mit offenem Visier in ihr Verderben stürmten und das Viertelfinale gegen die DFB-Elf mit 0:4 verloren. Seinerzeit hieß der Trainer übrigens noch Diego Armando Maradona. Der hat sich nun auch mal wieder gemeldet und ist sich sicher: "Messi wird das Spiel entscheiden." Denn: "Wer den Besten auf dem Spielfeld hat, und das sind wir, wird die Partie gewinnen."

War sonst noch was?

Ob es eine gute Nachricht ist, dass sich die Spieler auf ein Elfmeterschießen vorbereitet haben, wie der Bundestrainer erzählte, sei mal dahingestellt. Das sollte aber kein Hinweis darauf sein, dass die deutsche Mannschaft auf diese besondere Art der Fußball-Lotterie als siegbringendes Mittel setzt. Löw will das Ganze am liebsten in 90 Minuten, zur Not in der Verlängerung regeln. Aber er ist vorbereitet: "Wir haben natürlich eine Kartei oder auch eine Analyse, welche Ecken die Spieler bevorzugen." Sprach's, zückte einen Zettel, hielt ihn in die Höhe und erinnerte an die WM 2006, als Deutschland gegen Argentinien im Viertelfinale gewann, weil Jens Lehmann im Elfmeterschießen die Strafstöße von Esteban Cambiasso und Roberto Ayala parierte - der Legende nach dank eines Spickzettels, den ihm Torwarttrainer Andreas Köpke zugesteckt hatte. Aber wie geht das Finale heute denn nun aus? Die "Frankfurter Allgemeine" hat Ralf Rangnick gefragt, der als Taktikfuchs gilt und seit zwei Jahren als Sportdirektor in Salzburg und Leipzig arbeitet. Er hat sich alles genau angesehen und sagt: "Argentinien wird nicht Weltmeister. Es sei denn durch ein Elfmeterschießen oder eine völlig unerwartete Spielentwicklung, wie sie im Fußball immer mal wieder vorkommt - durch einen Platzverweis oder einen Elfmeterpfiff." Wir fassen zusammen: Wahrscheinlich gewinnt Deutschland, vielleicht aber auch Argentinien. Das ist Fußball.

Quelle: ntv.de

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