Selbstbewusste DFB-Elf Löw will den Pott nach Hause bringen
13.07.2014, 09:58 Uhr
Der WM-Titel wäre die Krönung für die auch so schon erfolgreiche Amtszeit des Bundestrainers Joachim Löw.
(Foto: REUTERS)
Vor dem Endspiel der Fußball-WM gegen Argentinien hält der Bundestrainer den Ball flach, lobt den Gegner, spricht von Respekt, kennt aber keine Angst. Und Joachim Löw weiß auch schon, was passiert, falls die deutsche Mannschaft in Rio verliert.
Das ist schon eine große Sache, so ein Endspiel um die Fußball-Weltmeisterschaft. Immer wieder haben Spieler erzählt, dass heute im Maracanã Kindheitsträume in Erfüllung gehen können. Da ist viel Pathos im Spiel. Aber wann, wenn nicht jetzt, ist die Zeit dafür? Per Mertesacker hat's mit Humor versucht. Es ist ihm gelungen. Er twitterte ein Foto von sich aus dem Sommer 1990. Keine sechs Jahre alt war er da, so lange ist es schon her, dass eine deutsche Mannschaft den Weltmeistertitel gewann. Auf dem Foto sitzt Mertesacker auf einer Rutsche, er trägt ein Trikot. "Schon 1990 war ich stolz darauf, mein DFB-Outfit zu tragen." Die Perspektive habe sich ein bisschen verändert, nicht aber die Emotionen. Das schreibt einer, der heute beim Anpfiff nur auf der Bank sitzt.
Es spricht viel dafür, dass um 21 Uhr in Rio de Janeiro im Finale gegen Argentinien genau die Spieler in der Startelf stehen, die das auch beim 7:1 im Semifinale gegen Brasilien und beim 1:0 im Viertelfinale gegen Frankreich getan haben. Aber so genau weiß das niemand, außer dem Bundestrainer natürlich. Doch Joachim Löw brach auch vor dem siebten und letzten Spiel bei dieser WM in Brasilien nicht mit der Tradition, kein Wort zur Aufstellung zu sagen. Deshalb fragt auch schon keiner mehr. Ansonsten war der Bundestrainer am Tag vor dem Finale bemüht, nicht zu viele Emotionen ins ohnehin schon mit Bedeutung aufgeladene Spiel zu bringen. Der Druck sei nicht höher als vor jedem anderen K.-o.-Spiel auch. Und dann hat er, gefragt nach der Perspektive seines Teams, noch etwas Wichtiges gesagt: "Es wird auch bei einer Niederlage, von der wir nicht ausgehen, nicht alles in Schutt und Asche liegen."
"Gesundes Maß an Selbstbewusstsein"
Deutschland: Neuer - Lahm, Boateng, Hummels, Höwedes - Schweinsteiger - Khedira, Kroos - Müller, Özil - Klose. - Trainer: Löw
Argentinien: Romero - Zabaleta, Demichelis, Garay, Rojo - Mascherano, Biglia - Perez, Lavezzi - Messi - Higuain. - Trainer: Sabella
Schiedsrichter: Nicola Rizzoli (Italien)
Aber auch er ist sich bewusst, dass heute ein besonderer Tag ist. Wie könnte das auch anders sein? Für ihn, den Trainer, der den deutschen Fußball in den vergangenen acht Jahren auf ein neues Niveau gehoben hat. Nach Jahren des Rumpelns spielte die deutsche Mannschaft schön, aufregend, bisweilen sogar spektakulär. Und erfolgreich, seit 2006 erreichte sie stets das Halbfinale, war also zweimal unter den besten vier Mannschaften Europas und einmal, vor vier Jahren in Südafrika, unter den besten vier der Welt. Nur einen Titel hat sie nicht gewonnen. Das könnte sich heute ändern. Löw behauptete gestern: "Für mich persönlich ist das Finale nicht die größte Herausforderung. Es gab schon andere Herausforderungen, die ähnlich waren." Das mag glauben, wer will.
In einem entscheidenden Punkt legte sich der Bundestrainer fest: "Wenn wir unser Spiel durchsetzen können, dann werden wir gewinnen." Das muss Löw gemeint haben, als er zuvor davon gesprochen hatte, seine Mannschaft und er verfügten über "ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein". Und natürlich "wollen wir den Pott mit nach Hause nehmen". Nur eins wollte er klarstellen: Wer nach dem Kantersieg gegen Brasilien glaube, die Partie in Rio werde "wieder so leicht, der hat sich nicht mit dem argentinischen Fußball beschäftigt." Und: "Wenn man diese Mannschaft nur auf Lionel Messi reduzieren würde, dann würde man einen Fehler machen." Argentinien verfüge über ein Weltklasseteam, das extrem flexibel sei. "Sie können kontern, defensiv stehen und sich zurückziehen, aber auch draufgehen." Was er damit sagen wollte: Es wird nicht einfach bei diesem "Duell auf Augenhöhe". Ist ja schließlich auch ein Endspiel. "Wir haben Respekt, aber Angst haben wir nicht."
Nun hat er begonnen, der große Tag. Ein ganzes Land blickt nach Rio und hofft, dass die deutsche Mannschaft dieses eine Spiel noch gewinnt und mit dem Pokal im Gepäck zurück in die Heimat kommt. Das Beste ist: In Argentinien ist es genauso. In den Stunden vor dem entscheidenden Spiel verbindet Fußball mehr denn je. Das klingt zu pathetisch? Es ist aber so. Freunde treffen sich, um gemeinsam zu schauen, Grills werden aufgebaut, Fahnen aufgehängt, die Fanmeilen füllen sich, Kinder dürfen länger aufbleiben. Alle reden vom Finale und stellen sich vor, wie es sein wird, wenn es so ausgeht, wie sie es sich wünschen. Heute ist ein Tag, an dem Träume in Erfüllung gehen. So oder so.
Quelle: ntv.de