Löw konsequent inkonsequent Ohne Gomez zur WM? Gut so!
08.05.2014, 16:21 Uhr
Kein Platz für Mario Gomez: Bundestrainer Joachim Löw verzichtet auf den Stürmer.
(Foto: dpa)
Weil er mit Khedira und Klose zwei Problemfälle mitschleppt, kann Bundestrainer Löw nicht anders: Er nimmt Mario Gomez nicht mit zur Fußball-WM nach Brasilien. Klingt nach Wankelmut, ist aber die richtige Entscheidung.
Es gibt auch eine gute Nachricht für Mario Gomez: Seine Karriere in der deutschen Fußball-Nationalelf ist nicht beendet. Zumindest hat der Bundestrainer das gesagt. Aber die gute wird von einer viel schlechteren Nachricht entwertet: Er darf nicht mit zur Weltmeistschaft nach Brasilien. Weil er ein Pflegefall zu viel wäre und Joachim Löw auch ohne ihn genügend Probleme am Hals hat, ist das auch gut so.
Der Angreifer des AC Florenz hat in dieser Saison in der italienischen Serie A seit September zehn Spiele absolviert, nur eins davon über die vollen 90 Minuten. Ende März hat er sich das Knie verdreht, seitdem nicht mehr gespielt. Vincenzo Montella, sein Trainer, wurde in dieser Woche mit den Worten zitiert: "Ich fürchte, wir sehen ihn bis zum Saisonende nicht mehr." Nun wird Joachim Löw nicht zu Unrecht eine gewisse Treue zu altgedienten Spielern nachgesagt. Aber in diesem Fall konnte er nicht anders entscheiden, als Gomez zu Hause zu lassen. Weil er in anderen Fällen nicht so konsequent war und Spieler eingeladen hat, die in jüngster Zeit häufiger beim Arzt als auf den Rasen waren.
Gemeinschaft der Geplagten und Enttäuschten
Es ist keine Überraschung, dass Sami Khedira zu den 30 Akteuren gehört, die den vorläufigen WM-Kader bilden. Bereits im März hatte der Bundestrainer angekündigt, bei seinem Lieblingskandidaten auf der Position des Sechsers eine Ausnahme von der Regel zu machen, die lautet: Wer mit nach Brasilien will, muss topfit sein. Das kann Khedira wahrlich nicht von sich behaupten, macht er auch nicht. Mitte November war ihm beim 0:0 in Mailand gegen Italien das Kreuzband gerissen, seitdem hat der Mittelfeldspieler von Real Madrid nicht mehr gespielt. Nun hofft er auf einen Einsatz im Finale der Champions League gegen den Stadtrivalen Atlético am 24. Mai in Lissabon. Anschließend reist er ins Trainingslager der DFB-Elf nach Südtirol.
Dort trifft er auf Miroslav Klose. Der Angreifer ist noch so einer, der sich eher schlecht als recht durch die Saison geschleppt hat - aber eben besser als Gomez. Da bleibt dem Bundestrainer nur die konsequente Inkonsequenz und die Hoffnung, dass sich doch noch einiges zum Guten wendet. "Kalkuliertes Risiko", nennt er die Tatsache, dass er doch nicht so stark auf das Leistungsprinzip setzt, wie er es wohl gerne würde. Er macht das, was jeder Trainer in seiner Situation machen würde: Er spielt auf Zeit. Und arbeitet daran, aus dieser Gemeinschaft der Geplagten und Enttäuschten eine Mannschaft zu formen, die in Brasilien um den Titel spielt. Schließlich müssen die sieben Spieler des FC Bayern erst noch die Blamage gegen Real Madrid überwinden.
In Südtirol muss Joachim Löw auch entscheiden, wen er dem Weltverband Fifa am 2. Juni nicht nur als vorläufiges, sondern als endgültiges Mitglied seines WM-Kaders meldet - und welche sieben Spieler zu Hause bleiben müssen. Das wird vor allem die betreffen, die er ein wenig überraschend eingeladen hat, weil sie ein Versprechen auf die Zukunft sind und er ihnen eine Perspektive bieten will: der Dortmunder Erik Durm, die Schalker Maximilian Meyer und Leon Goretzka, der Hoffenheimer Kevin Volland, der Augsburger André Hahn, der Freiburger Matthias Ginter und Shkodran Mustafi von Sampdoria Genua. Aber so wichtig seine Entscheidung für den einzelnen Spieler ist: Ob sie nun mitkommen oder nicht - entscheidend für den Erfolg oder den Misserfolg in Brasilien sind diese Personalien nicht.
Es wird darauf ankommen, ob die Spieler, die als Stammbelegschaft und Leistungsträger durchgehen, in gut fünf Wochen in einer WM-tauglichen Form sind. Und wer dann am 16. Juni in Salvador beim ersten Gruppenspiel in der Startelf steht: Manuel Neuer im Tor, klar. Jeróme Boateng oder Mats Hummels neben Per Mertesacker in der Innenverteidigung? Philipp Lahm als rechter Außenverteidiger oder doch lieber im defensiven Mittelfeld? Mit Bastian Schweinsteiger auf der Doppelsechs? Oder doch neben Khedira? Mesut Özil in der Zentrale? Vielleicht Toni Kroos? Marco Reus links oder André Schürrle? Vielleicht doch besser Lukas Podolski? Thomas Müller rechts und Klose ganz vorne? Falsche Neun, Mario Götze? Fragen über Fragen, Planspiele eben - in denen Mario Gomez keine Rolle spielt, weil der Bundestrainer ihm aus guten Gründen nicht zutraut, dass er der Mannschaft hätte helfen können.
Quelle: ntv.de