Harte Hand vor Fußball-WM Raupen wälzen Favela in Rio platt
12.04.2014, 12:32 Uhr
Ein Polizist vor einem brennenden Bus in Rio.
(Foto: dpa)
Die Fußball-WM naht, und die Behörden in Rio werden nervös. Mehr als 1600 Polizisten vertreiben Tausende aus einer Armensiedlung nahe dem WM-Stadion. Planierraupen reißen die Hütten ein, es kommt zu Festnahmen, Verletzten und schweren Ausschreitungen.
Zwei Monate vor der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien haben Polizisten in der Nähe des legendären Maracaná-Stadions gewaltsam eine Armensiedlung geräumt. Mindestens sieben Menschen wurden den Behörden zufolge verletzt und über zwanzig weitere festgenommen, als die Beamten Tausende von dem 50.000 Quadratmeter großen Areal vertrieben.
Unter den Festgenommenen sind nach offiziellen Angaben auch zehn Menschen, die nicht in dem Armenviertel wohnen. Medien gaben die Zahl der Verletzten mit neunzehn an - darunter zwölf Polizisten und drei Kinder.
Schon am Morgen umstellten mehr als 1600 Polizisten das Areal mit einem Räumungsbefehl im Auftrag des Grundstückseigentümers, der Telefongesellschaft Oi. Zugleich rissen Kräne und Planierraupen die Holzhütten ein, in denen sich zum Teil noch die Habseligkeiten der Bewohner befanden. "Das also geschieht im Land der Weltmeisterschaft", riefen viele empört.
Busse gehen in Flammen auf
Hunderte verzweifelte Bewohner und Nachbarn gingen daraufhin aus Protest auf die Straße. Wütende Jugendliche warfen Steine und Flaschen auf die Polizisten, diese reagierten mit Tränengas und Gummigeschossen. Mehrere Busse und drei Übertragungswagen von örtlichen Radio- und Fernsehsendern gingen in Flammen auf. Die Polizei trieb die meisten Bewohner innerhalb von Minuten auseinander. Etwa hundert Protestierende leisteten aber zunächst stundenlang Widerstand gegen die Beamten und weigerten sich, die Gebäude zu verlassen.
Die Gewalt übertrug sich später auf benachbarte Siedlungen, auch dort wurden Busse und Lastwagen sowie ein Polizeiwagen angezündet. Anwohner plünderten mehrere Supermärkte und drangen in Banken ein.
Die meisten Familien auf dem geräumten Gelände waren obdachlos oder außerstande, die hohen Mieten in anderen Armenvierteln, den sogenannten Favelas, zu bezahlen. Ende März hatten rund 5000 Menschen das seit Jahren leerstehende Gebäude auf dem Gelände besetzt und begonnen, ringsherum Hütten zu errichten. Ganz in der Nähe steht das Maracaná-Stadion, wo bei der Weltmeisterschaft sieben Partien stattfinden - darunter am 13. Juli das Endspiel. 2016 werden in dem Stadion Wettbewerbe der Olympischen Spiele ausgetragen.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP