Achtelfinale gegen Brasilien? Spiel der Ungewissheit
23.06.2014, 10:33 Uhr
Die Holländer (aus Gruppe B) müssen ihr Gruppenfinale vor den Brasilianern (Gruppe A) spielen.
(Foto: AP)
Im Endspiel der Gruppe B spielen Chile und die Niederlande wohl den Gegner von Brasilien aus. Nach sensationellen Siegen und hart erkämpften Erfolgen, wissen beide Teams nicht, wo sie stehen. Und wie sie das Duell angehen sollen.

Louis van Gaal holt auf der offiziellen Fifa-Pressekonferenz zu einem Rundumschlag gegen den Fußball-Weltverband aus.
(Foto: AP)
In Gegenwart von Louis van Gaal sollte man vorsichtig sein. Unachtsamkeiten und Unwissen werden umgehend bestraft. Weil das noch nicht überall bekannt war, kursierten kurz vor Beginn der Weltmeisterschaft zehn Regeln, die man bei Interviews mit dem Bondscoach beachten sollte. Das Problem: Macht man keine Fehler, bleibt das auch nicht zwingend folgenlos. Vor dem Gruppenspiel gegen Chile brach der niederländische Vulkan mal wieder aus. Neben den Journalisten aus der Heimat, die wie üblich den Groll des Bondscoach auf sich zogen, hatte der sich auf die Organisatoren der Endrunde eingeschossen.
So streitbar van Gaal ist, mit einem Punkt sprach er etwas an, was in der Tat für einige Irritationen sorgt. Wenn die Niederlande und Chile (live ab 18 Uhr im n-tv.de-Ticker) den Gruppensieger ausspielen, darf Gastgeber Brasilien zuschauen und seine Schlüsse daraus ziehen, gegen wen man denn lieber im Achtelfinale antritt. Denn die Selecao muss erst am Abend zu ihrem letzten Gruppenspiel gegen Kamerun antreten. Pikant ist das deshalb, weil Brasiliens Gruppe A bislang eigentlich immer vorlegte.
Die beiden möglichen Gegner richten sich nun darauf ein, dass es wohl besser wäre, ihre Gruppe einfach zu gewinnen. Zumal Brasilien sogar ausscheiden könnte. "Dann bekommst du in der Theorie im weiteren Turnierverlauf eine etwas günstigere Auslosung", sagte der gegen Chile gesperrte Kapitän Robin van Persie. Erst Mexiko oder Kroatien, dann eventuell im Viertelfinale Costa Rica oder die Elfenbeinküste - der Weg ins Halbfinale scheint für die Niederländer vorgezeichnet.
"Einfach so weitermachen wie bisher"
Doch personell wird die Aufgabe nicht weniger knifflig. Von einer Sperre bedrohte und angeschlagene Spieler schonen? In den letzten zehn Jahren haben sich die Niederlande den Ruf erarbeitet, nach einem starken Start in die Turniere gerne abrupt nachzulassen. Zweimal scheiterte sie unter Trainer Marco van Basten, nachdem die ersten zwei Spiele gewonnen wurden. Sowohl bei der Weltmeisterschaft 2006 als auch bei der Europameisterschaft 2008 schonte van Basten letztlich zu viele Spieler. Einer der verbliebenen Akteure, Arjen Robben, weiß, weshalb er auch gegen Chile dabei sein möchte: "Ich will auf jeden Fall spielen, wir sollten einfach so weiter machen wie bisher."
Fehlen werden sicher der gesperrte Robin van Persie und der verletzte Bruno Martins Indi. Stefan de Vrij und Jonathan de Guzman sind Gelb vorbelastet, Nigel de Jong, Daley Blind und eben Arjen Robben angeschlagen, wie die niederländische Presse zu van Gaals Missmut schrieb. Immerhin gehen die Niederlande in das Duell gegen Chile mit dem besseren Torverhältnis. Und der Erfahrung, Brasilien vor vier Jahren im Viertelfinale geschlagen zu haben.
Wie gut ist Chile, wie schlecht Spanien?
Die Chilenen haben derweil zum vierten Mal bei einer Weltmeisterschaft die Vorrunde überstanden, danach aber noch nie Brasilien geschlagen. Ganz im Gegenteil: Stets scheiterte "La Roja" an der Selecao. 1962 im Halb-, 1998 und 2010 im Achtelfinale. Mit einer ständig fluiden Abwehrformation, einem enormen Angriffspressing und einer hinreißenden Abschlussschwäche haben sich die Chilenen zu einer der interessantesten Mannschaften des Weltfußballs entwickelt. Auch in Deutschland werden die Südamerikaner spätestens seit einem schmeichelhaften Testspielsieg (1:0) Anfang März respektiert.
Und auch der Sieg gegen Spanien sorgte für weltweite Anerkennung. Wobei immer noch nicht klar ist, auch angesichts der anderen Gruppenergebnisse, wie schlecht nun eigentlich Spanien war und wie gut Australien. Trainer Jorge Sampaoli möchte "von unserem System nicht abweichen, wir brauchen uns nicht zu verstecken". Den mutigen Fußball, den die Mannschaft von Sampaoli spielt, verkörpert kaum ein Spieler besser als Arturo Vidal: "Wenn wir Weltmeister werden wollen, müssen wir eh jeden Gegner schlagen." Am besten auch die Niederlande.
Louis van Gaal würde danach sicher wieder besonders schnell erregbar sein. Zumal vor einem potenziellen Duell gegen Brasilien die Stimmung schon einmal angefeindet wurde. Jedenfalls fand es Luiz Felipe Scolari "respektlos und böswillig", wenn van Gaal glaube, Brasilien suche sich seine Gegner einfach so aus.
Quelle: ntv.de