Fußball-WM 2018

Asiatisches Aus "Wir waren nicht gut genug"

Bitter enttäuscht über das Ausscheiden: Leverkusens Südkoreaner Son.

Bitter enttäuscht über das Ausscheiden: Leverkusens Südkoreaner Son.

(Foto: REUTERS)

Während der WM gab es Abgesänge auf den europäischen und afrikanischen Fußball. Tatsächlich ist aber der asiatische Verband der große Verlierer. Alle vier Starter scheiden in der Vorrunde aus. Auch Südkorea erwischt es.

Auch Myung-Bo Hong konnte Asien diesmal nicht retten. Als der heutige Trainer der südkoreanischen Nationalmannschaft noch selber spielte, war er einer der Schöpfer des asiatischen Fußballmärchens. 2002 war das, da überstanden die Gastgeber Japan und Südkorea überraschend die Vorrunde der Weltmeisterschaft. Südkorea zog nach Siegen über Italien und Spanien sogar sensationell ins Halbfinale ein. Bis heute der größte Erfolg einer nicht-europäischen oder -südamerikanischen Nation. Und eben jener Hong schraubte den entscheidenden Elfmeter gegen Spanien in den rechten Winkel und versetzte den 50-Millionen-Menschen-Tigerstaat in Ekstase.

Es war allerdings wirklich nur ein Märchen. Heute gilt der Siegeszug der Südkoreaner als mindestens fragwürdig, weil gleich beide Siege gegen Italien und Spanien dank größerer Unterstützung der Schiedsrichter zustande kamen. Die Leistung des Ecuadorianers Byron Moreno, später mehrfach wegen Spielmanipulationen gesperrt, gegen Italien, gilt bis heute als eine der schlechtesten der WM-Geschichte. Der Ägypter Gamal Mahmoud Ahmed El-Ghandour erkannte gleich zwei reguläre spanische Treffer ab und seine Linienrichter winkten die klar besseren Iberer in einem halben Dutzend Fällen wegen vermeintlichen Abseits zurück.

Überzahl bleibt ungenutzt

Südkoreanische Fans in Seoul

Südkoreanische Fans in Seoul

(Foto: REUTERS)

Die aktuelle südkoreanische Mannschaft hätte wieder Hilfe gebraucht. Nicht nur der Schiedsrichter. Südkorea scheiterte in Brasilien sang- und klanglos in der Vorrunde. Am Donnerstag verloren die nicht gerade Angst und Schrecken verbreitenden "Taeguk Warriors" zum Abschluss gegen die bereits für das Achtelfinale qualifizierten und zahlreiche Stammspieler schonenden Belgier. "Wir waren nicht gut genug", stellte Trainer Myung-Bo Hong nach der 0:1-Niederlage simpel fest.

Südkorea gelang es nicht einmal, aus einer Halbzeit in Überzahl entscheidend Kapital zu schlagen, nachdem Belgiens Steven Defour für ein hartes Einsteigen zu Recht die Rote Karte sah. Zwar versuchten die Asiaten viel, spielten sich auch immer wieder bis rund um den belgischen Strafraum, aber dort angekommen, fiel ihnen nicht mehr viel ein. Einzelne Weitschüsse des seit Jahren in der englischen Premier League aktiven Sung-Yong Ki, die der vorzügliche belgische Schlussmann Thibaut Courtois sicher entschärfte, sowie eine verunglückte Flanke des Leverkusener Heung-Min Son, die auf der Latte landete, waren die gefährlichsten Aktionen.

"Wir haben dazu gelernt, es war eine Erfahrung", flüsterte der jüngste Südkoreaner, Leverkusens Heung-Min Son, nach dem Spiel mit feuchten Augen und entschuldigte sich fast für das Ausscheiden. In der Tat ist die Mannschaft noch relativ unerfahren, gegen Belgien war die Startelf im Durchschnitt 24,4 Jahre alt.

"In Südafrika lief es ja noch besser"

Kapitän Jae-Cheol Koo von Mainz 05 fand: "Es war für uns asiatische Teams einfach ein schwieriges Turnier. In Südafrika lief es ja noch besser." Damals überstanden Japan und Südkorea erneut die Vorrunde. Doch diesmal war es ein Desaster. Denn die vier asiatischen Starter wurden allesamt Gruppenletzter. Nicht einmal ein Sieg gelang, obwohl sie zum Abschluss gegen Mannschaften antraten, die schon weiter oder ausgeschieden waren. Der größte Kontinent, der die meisten Menschen der Erde repräsentiert, findet bei dieser Fußball-Weltmeisterschaft nicht mehr statt.

Dass es Australien in der Gruppe mit Weltmeister Spanien, Vizeweltmeister Niederlande und Geheimfavorit Chile schwer haben würde, war klar. Dass die "Socceroos", die eigentlich auch nur fußballgeographisch zu Asien zählen, noch den stärksten Eindruck hinterließen, überraschte dann schon. Vor allem ihr Doppeltorschütze Tim Cahill, aber auch Zweitliga-Kicker Matthew Leckie oder Kapitän Mile Jedinak bewiesen immerhin Durchsetzungsvermögen und begegneten den hochgelobten Chilenen und Niederländern auf Augenhöhe.

Iran und der Messi-Moment

Auch der Iran muss sich nicht grämen. Neunzig Minuten lang hielt der absolute Außenseiter ein Unentschieden gegen Argentinien, nur um sich einem Messi-Moment geschlagen zu geben. Trainer Carlos Queiroz verabschiedete sich trotz allem stolz: "Meine Spieler haben nie aufgegeben, alles versucht. Aber sie waren jetzt am Limit, sowohl mental als auch körperlich." Viel schlimmer war, wie chancenlos die vorher stark eingeschätzte japanische Mannschaft mit zahlreichen Bundesliga-Legionären und den Superstars Shinji Kagawa von Manchester United und Keisuke Honda vom AC Mailand in ihrer Gruppe war.

"Ich glaube, dass jede Nation einen anderen Stil spielte, aber insgesamt hatten die asiatischen Mannschaften einfach zu viele Mängel", sagte Hong nach dem allgemeinen Ausscheiden. Der asiatische Fußball sei seiner Meinung nach in einer "Übergangsphase", immerhin würden sich die einzelnen Spieler drastisch verbessern - die Nationalmannschaften würden aber noch nicht mithalten. "Die Weltmeisterschaft war sehr physisch und asiatischer Ligafußball ist das nicht, vielleicht ist das ein Faktor", analysierte Hong.

Zumindest verabschiedete sich seine Mannschaft mit Anstand. In der Ecke vor der Kurve, wo die meisten südkoreanischen Anhänger saßen, versammelten sich die Spieler. Nach einem kurzen Moment, in dem sie traurig verharrten, verneigten sie sich knapp. Dann schlichen sie zur Mittellinie. Fein aufgereiht knickten sie auch vor Trainer Myung-Bo Hong ab und ließen sich in die Arme nehmen. Vielleicht flüsterte er ihnen aufmunternd zu, wie das damals war, mit dem asiatischen Fußballmärchen.

Quelle: ntv.de

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