Kolumnen

Kabale und Liebe Es geht um Fußball - oder?

Wenn heute Deutschlands beste Fußballer gegen Argentinien spielen, dann geht es tatsächlich um Fußball. Wir erwähnen das, weil das beim DFB in jüngster Zeit nicht selbstverständlich war. Zu viele Baustellen, zu viel Ärger - um Verträge und fehlbare Referees, um Kabale und, na ja, war es Liebe?

Bundestrainer Joachim Löw hat sich vor dem Spiel an den Zigarrenvorräten von Diego Maradona bedient.

Bundestrainer Joachim Löw hat sich vor dem Spiel an den Zigarrenvorräten von Diego Maradona bedient.

(Foto: AP)

Diego Maradona hat beim Torwarttraining seiner Argentinier geraucht. Dieser unfassbare Skandal kommt dem DFB nicht ungelegen. Denn dort ist einiges im Argen, Ablenkung tut gut. Die Affäre um den ehemaligen Schieds­richter Manfred Amerell, der junge Kollegen sexuell belästigt haben soll, ist noch lange nicht ausgestanden. Im Gegenteil, fast täglich kommen neue De­tails ans Licht, die auf den DFB und seinen Präsidenten Theo Zwanziger nicht immer ein gutes Licht werfen.

Da ist von Schmutz- und Hetzkampa­gnen die Rede und es geht nicht nur um die Frage, wer was gemacht, son­dern auch, wer was gewusst und zu wem gesagt hat. Das dürfte Bundestrainer Joachim Löw bekannt vorkommen. Er fragt sich noch immer, wer aus dem DFB während der Verhandlungen mit dem DFB der "Bild"-Zeitung gesteckt hat, er würde an den DFB unverschämte Gehaltsforderungen stellen.

Was ist wohl ein großer Gegner?

Aber zurück zum Fußball. Wenn Deutschland heute gegen Argentinien spielt, verspricht das ein tolles Spiel zu werden. Wie immer, wenn es gegen einen großen Gegner geht. Nun ist nicht festgelegt, was genau ein großer Gegner ist. Aber wenn wir dem ehemaligen Bundestrainer Rudi Völler glau­ben - und warum sollten wir das nicht? -, dann gibt es zumindest keine klei­nen Gegner mehr. Andererseits kann das ja kaum bedeuten, dass jeder Geg­ner ein großer ist. Aserbaidschan zum Beispiel ist wohl eher so mittel. Und Argentinien eben groß. So wie Brasilien, Spanien, Frankreich und Italien. England wohl auch.

Einziger Wermutstropfen ist, dass die deutschen Fußballer nicht allzu oft ge­gen große Gegner gewinnen. Also im vergangenen Jahr nicht. Allerdings sollten wir um der Fairness willen erwähnen, dass sie da auch gegen keinen gespielt haben. 2008 auch nicht - es sei denn, wir zählen die Portugiesen zu den Großen, gegen die es im Viertelfinale der Europameisterschaft einen 3:2-Sieg gab. Im August 2007 gewann die Mannschaft von Joachim Löw in England (Mutterland!), eine wahrlich große Mannschaft, ein Mann namens Christian Pander erzielte das Siegtor.

Löw und seine Mannen könnten einen Sieg gegen Argentinien gut gebrauchen, der guten Laune wegen.

Löw und seine Mannen könnten einen Sieg gegen Argentinien gut gebrauchen, der guten Laune wegen.

(Foto: APN)

Und 2006? Wieder ein Sieg gegen Portugal, bei der Weltmeisterschaft im Spiel und Platz drei. Und eben der gegen Argentinien im Viertelfinale. Bes­serwisserische Statistikfüchse, zu denen wir nicht gehören, weisen aller­dings darauf hin, dass der Erfolg erst im Elfmeterschießen (Lehmann!) errungen wurde, das Spiel also eigentlich unentschieden ausging. Und sonst? 2005 - nix. 2004 - nix. 2003 - nix. 2002 - nix. 2001 - nix. Diese Daten durften leider gespeichert werden - so lange der Vorrat reicht. Und 2000? 7. Oktober! Sieg in Wembley. Tor: Dietmar Hamann. Lang ist's her.

Jogi, Olli, Hansi und Andi gegen den Rest

Doch Löw hat ganz andere Probleme. Stichwort: Ka­bale. Es ist uns ja ein wenig unangenehm, aber wir müssen vor diesem tollen Spiel noch einmal kurz auf die geplatzte Vertragsverlängerung eingehen. Löw, Ko-Trainer Hans-Dieter Flick, Torwarttrainer Andreas Köpke und Ma­nager Oliver Bierhoff arbeiten auf Bewährung, ob sie weitermachen dürfen, entscheiden Theo Zwanziger, DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach und wer weiß, wer sonst noch, erst nach der Weltmeisterschaft in Südafrika. Ein schlechtes Ergebnis gegen Argentinien wäre also gar nicht gut für die Stim­mung.

Da hilft es auch nicht, dass alle Beteiligten jüngst auf einer denkwürdigen Pressekonferenz versucht haben, die Wogen zu glätten. Plötzlich waren da wieder der Jogi, der Hansi, der Andi und der Olli, alle hatten sich lieb. Und der Wolfgang erzählte, wie er einst dem Olli das Skatspielen beigebracht hat­te. "Mit mäßigem Erfolg", wie der Wolfgang nicht zu erwähnen vergaß.

DFB-Boss Theo Zwanziger machte zuletzt nicht immer eine gute Figur.

DFB-Boss Theo Zwanziger machte zuletzt nicht immer eine gute Figur.

(Foto: dpa)

Mäßig muss man auch die Aussichten vom Olli auf eine Weiterbeschäftigung nach der WM nennen, die dieser im Gegensatz zum Jogi offenbar weiterhin anstrebt. Denn Olli kann nicht nur mäßig Skat spielen, auch menschlich ist der Theo von ihm bestenfalls mäßig begeistert. Das verriet er am Wochenende der FAZ, neben "Welt" und "Bild"-Zeitung sein bevorzugtes Verlautbarungsorgan. Das ist vor allem deshalb schlecht für den Olli, da die öffentliche Meinung keineswegs für ihn und gegen den DFB gerichtet sei, wie Theo meint. Er glaubt nämlich: "Es ist umgekehrt."

Bei einer Pleite droht Ungemach

Bei so vielen verbalen Nettigkeiten gehört wenig Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass es für Löw und seine Getreuen bei einer herben Niederlage gegen Argentinien ungemütlich wird. Wie im Frühjahr 2006, als die Nationalmannschaft vor der WM (im ei­genen Land!) mit 1:4 in Italien (groß!) verlor, und der Boulevard sowie eini­ge Funktionäre des DFB den Trainer Jürgen Klinsmann am liebsten zurück nach Kalifornien geschickt hätten. Den Boden dafür, dass sich Ähnliches bei einer Niederlage in den nächsten Tagen und Wochen wiederholen kann, haben der DFB und die "Bild"-Zeitung in den vergangenen Wochen vorbildich bereitet.

Aber so weit sind wir noch nicht. Heute Abend geht es erst einmal um Fuß­ball, wir erwarten ein tolles Spiel. Hm. Jetzt ist diese Kolumne zu Ende - und wir haben noch keinen einzigen Witz über Diego Armando Maradona gemacht. Der trainiert die argentinische Nationalmannschaft. Und war ein ganz Großer. Als Fußballer. Jetzt ist er ein großer Raucher.

Quelle: ntv.de

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