"An der Seitenlinie" Hoeneß kippt Bier vom Balkon
02.03.2009, 16:31 UhrUli Hoeneß ist mal wieder sauer. "Ich habe keine Lust, jedes Wochenende über die Tabelle zu reden", sagte er am Sonntag. Sein FC Bayern hatte im Bundesligaspiel beim SV Werder gegen zehn Bremer nur ein 0:0 erreicht. Und die Münchner stehen auf Platz fünf - punktgleich hinter dem VfL Wolfsburg. Reden wir also über die Tabelle.
Seitdem die Wolfsburger, die zu Hause neunmal gewannen und einmal Unentschieden spielten, damit angefangen haben, auch ihre Auswärtsspiele zu gewinnen, stellt sich auf ihrem Weg zum Titelgewinn nur noch ein Problem. Das mit dem Balkon. Denn in Fußballerkreisen gehört es zum guten Ton, drei Dinge bei der Feier einer Meisterschaft unbedingt zu beachten.
Drei Goldene Meisterfeier-Regeln
1. Nach dem entscheidenden Spiel füllen die Spieler ganz viel Bier in ganz große Gläser und gießen sich das Bier gegenseitig über die Köpfe. Der größte Witzbold der Mannschaft schnappt sich den Trainer. Der trägt meist einen Anzug und findet das mit dem Bier weniger lustig, sagt aber nichts, weil er ja gerade Meister geworden ist und weiß, was sich gehört. Früher haben das Typen wie Mario Basler gemacht, die das sehr lustig fanden, weil sie ja gerade Meister geworden waren und wussten, was sich gehört.
2. Danach fährt die Mannschaft in einem Autokorso durch die Stadt, trinkt dabei ganz viel Bier aus ganz großen Gläsern und lässt sich vom Volk feiern, das in großen Teilen den Eindruck macht, als habe es genau das bereits getan.
3. Die Mannschaft stellt sich auf den Balkon des Rathauses und lässt sich vom Volk feiern. Viele Spieler wirken, als hätten sie ganz viel Bier aus ganz großen Gläsern getrunken. Der größte Witzbold der Mannschaft schnappt sich das Mikrophon und singt lustige Lieder. Früher haben das Typen wie Mario Basler gemacht, weil sie ja gerade Meister geworden waren und wussten, was sich gehört.
Keinen Balkon – und keinen Mario Basler
Das mit dem Bier werden sie schon irgendwie hinkriegen, da machen wir uns keine Sorgen. Nun haben sie in Wolfsburg aber keinen Balkon am Rathaus. Und keinen Mario Basler in der Mannschaft. Die Erkenntnis ist nicht neu, das Problem gewinnt aber von Spieltag zu Spieltag an Aktualität. Wolfsburg ist die Mannschaft in der Spitzengruppe, die am konstantesten spielt und zurzeit den besten Lauf hat. Wolfburg ist die Mannschaft, die, seitdem Felix Magath das Sagen hat, der übrigens einen Anzug trägt, in der Rückrunde stetig besser und erfolgreicher wird. Wie im vergangenen Jahr, als der VfL sich im Schlussspurt noch für den Uefa-Pokal qualifizierte. Das mit Mario Basler können sie sportlich also verschmerzen. Brauchen aber immer noch einen Witzbold und einen Balkon.
Nun ist über das Witzboldpotenzial in Wolfburg bisher nicht viel nach außen gedrungen. Wir können das gut verstehen, wer möchte schon Felix Magath ein großes Glas mit Bier über den Kopf schütten? Noch nicht mal ein kleines! Aber da haben sie ja noch ein wenig Zeit. Aber wahrscheinlich bestimmt Felix Magath eh einen, der es dann tun muss. Oder er macht es selbst.
Und was ist mit dem Balkon? Die Wolfsburger müssen riskieren, sich nachsagen zu lassen, sie wüssten nicht, was sich gehört. Und sie müssen riskieren, dass Uli Hoeneß am Ende der Saison beim Blick auf die Tabelle so richtig sauer ist. Beides dürfte ihnen herzlich egal sein. Obwohl: Da ist ja noch ein Versprechen offen. Im Oktober 2004, als der VfL Wolfsburg zu Beginn der Saison mal kurz an der Tabellenspitze stand, hatte Uli Hoeneß angekündigt: "Wenn Wolfsburg Meister wird, spendieren wir den Rathausbalkon!" Ein Mann, ein Wort? Dann kann er auch gleich die Rolle des Spaßvogels übernehmen, und Felix Magath ein großes Glas mit Bier über den Kopf schütten. Vom Balkon aus.
Stefan Giannakoulis, Sportredakteur bei n-tv.de, schreibt immer zu Wochenbeginn das auf, was ihm im Sport ein wenig komisch vorkommt.
Quelle: ntv.de