Kolumnen

Der bessere FC Bayern Wolfsburgs hohe Spielkunst

Ein Kommentar von
Stefan Giannakoulis


Lässig war die Sache mit dem Torwart. Da nahm Wolfsburgs Trainer Felix Magath eine Minute vor Schluss Diego Benaglio für die Nummer zwei Andr Lenz vom Platz. Einfach so, ging ja um nichts mehr. Stand ja schon 5:1.

Abgesehen davon: Wozu die Aufregung? Was ist schon passiert? Der Favorit hat gewonnen – das kommt im Fußball bisweilen vor. Ja, die Höhe des Sieges lässt aufhorchen. Aber sonst? Wolfsburg schlägt München und führt nach 26 Spieltagen die Tabelle der Bundesliga an. Eine Sensation ist das nicht.

Das ist, zugegeben, etwas scheinheilig argumentiert. Zwar sprach auch vor dem Spiel einiges dafür, dass die Wolfsburger als Sieger vom Platz gehen. Zum Beispiel die Tatsache, dass sie das in den sieben Bundesligaspielen zuvor auch getan hatten. Aber natürlich ist es eine kleine Sensation, wenn die Bayern mit 1:5 verlieren – so hoch wie seit sieben Jahren nicht mehr. Und es ist auch eine Überraschung, wie die Wolfsburger auftrumpften. Oder hätten Sie vor der Saison ihr Geld darauf gesetzt, dass die Herren Dzeko und Grafite sich als bestes Stürmerduo der Liga entpuppen?

Besser als die Bayern. Und besser als der Rest.

Nun ist es bei Niederlagen der Münchner oft so, dass alle Welt darüber redet, wie schlecht die Bayern waren. Und kein Mensch über den Sieger spricht. Dazu gibt es jetzt weniger Anlass denn je. Dafür waren die Wolfsburger zu gut. Sie haben das bestätigt, was sie in den vergangenen Wochen angedeutet haben: Dass sie schlicht und ergreifend besser sind. Besser als die Bayern. Und womöglich besser als der Rest der Liga.

Und das ist wirklich schlimm für die Bayern. Zumal, wenn sie es so deutlich vor Augen geführt bekommen wie am Samstag. Trainer Jürgen Klinsmann hat nach dem Spiel tapfer gesagt: "Wolfsburg ist jetzt dort, wo wir an sich jetzt in der Tabelle stehen wollten." Klinsmann hat Recht. Und zwar mehr, als ihm lieb sein dürfte. Wahrscheinlich ahnt er das und wirkte deshalb so konsterniert wie selten zuvor. Denn Felix Magath und sein VfL sind in vielerlei Hinsicht da, wo der FC Bayern gerne hin will. Nicht nur in der Tabelle. Auch wenn es die Bayern sind, die am Mittwoch im Viertelfinale der Champions League beim FC Barcelona antreten, tja, müssen.

Wolfsburg ist da, wo Bayern gerne wäre. Nicht nur in der Tabelle.

Die Wolfsburger jedenfalls stehen nicht nur auf Platz eins der Tabelle - an Bayern statt, wie sie in München immer noch denken. Die Wolfsburger verfügen, anders als die Bayern, über eine beeindruckend reibungslos funktionierende, clever agierende Mannschaft, die am Samstag in der zweiten Halbzeit wie entfesselt auftrumpfte, mit großer Spielkunst, tollen Tricks und einem Tor von Grafite zum 5:1 - sein 20. in dieser Saison -, mit dem der Brasilianer seinen Trainer in Sachen Lässigkeit um Längen übertraf. Und das will was heißen. Eine Mannschaft, die in der Rückrunde 25 von 27 möglichen Punkten sammelte, die meisten Tore schoss und die wenigsten kassierte.

Eine Mannschaft, die überragende Spieler in ihren Reihen hat, allen voran Ideen- und Passgeber Zvjezdan Misimovic sowie die beiden Angreifer Edin Dzeko und Grafite. Kurz: Sponsor VW kann dem Trainermanager und Sportdirektor Felix Magath nicht vorwerfen, schlecht investiert zu haben. Es soll Menschen geben, die weniger umsichtig mit dem Geld fremder Leute umgehen.

Noch lässiger als die Auswechslung an sich war übrigens Magaths Begründung. "Ich hatte Lenz versprochen, ihn mal einzuwechseln, wenn der Spielstand es erlaubt, weil er seine Situation als Nummer zwei so hervorragend ausfüllt." Da drängt sich ein Spiel gegen den FC Bayern geradezu auf. Der Ersatztorhüter des FC Barcelona heißt übrigens Jos Manuel Pinto Colorado.

Quelle: ntv.de

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