Hamburger SV peinlich, aber im Glück Sammer, der große Verlierer
24.01.2011, 17:34 UhrMatthias Sammer traut sich nicht zum HSV und bleibt Jugendwart beim Deutschen Fußball-Bund. Die Hamburger fühlen sich zwar zurecht düpiert, können am Ende aber froh sein, dass ihr neuer Sportdirektor nicht Sammer heißt. Wankelmütig sind sie schließlich selbst.
Wenn sie doch nur geschwiegen hätten. Ja dann hätten sie jetzt vielleicht einen neuen Sportdirektor. Zumindest aber hätten sich Matthias Sammer und der Hamburger Sportverein nicht dermaßen blamiert. Weil aber die Beteiligten den Mund nicht halten können, weiß nun jeder, wo die größte Quasselbude der Fußballbundesliga steht. Schließlich war es Aussichtsratschef Ernst-Otto Rieckhoff, der verkündet hatte, die Verpflichtung Sammers sei so gut wie perfekt.
War es dann aber nicht. Beim HSV versuchen sie nun, zu retten, was zu retten ist und erklären die Suche nach einem Sportdirektor – vorerst – für beendet. Was insofern konsequent ist, als dass sie seit Ende Mai vergangenen Jahres schon einen haben. Nur hat Bastian Reinhardt das Problem, dass sie ihn im eigenen Verein als Berufsanfänger nicht richtig ernst nehmen. Oder wie Hamburgs Trainer Armin Veh am Wochenende sagte: "Er ist 35 Jahre alt und neu im Job. Das kann er nicht alles bewerkstelligen, das ist ein bisschen viel. Er ist ein guter, intelligenter Junge, aber da muss man erst einmal hineinwachsen.” Auch Veh hätte besser geschwiegen.
Als Beiersdorfer ging, fing alles an
Alles fing damit an, dass Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer im Juni 2009 seiner Entlassung zuvorkam und den Hamburger SV verließ, um Sportdirektor beim österreichischen Erstligisten Red Bull Salzburg zu werden. Seitdem sucht der HSV einen Nachfolger – und lässt die Öffentlichkeit daran teilhaben. Im Gespräch waren: Klubmanager Bernd Wehmeyer, Ex-Bayern-Profi Oliver Kreuzer, Spielerberater Roman Grill, Nürnbergs Sportvorstand Martin Bader, der damalige Stuttgarter Manager Horst Heldt, Ex-Kapitän Nico-Jan Hoogma sowie die früheren Profis Sergej Barbarez und und Stefan Beinlich.
DFB-Chefscout Urs Siegenthaler schließlich hatte schon einen Vertrag unterschrieben, dann gab es Streit um Kompetenzen, Siegenthaler blieb da, wo er heute noch ist. Und der HSV gab Bastian Reinhardt den Job. Der hat sich, wie Vereinschef Bernd Hoffmann verlauten ließ, inzwischen mit Veh ausgesprochen. "Wir haben zudem vereinbart, dass wir ab sofort wieder miteinander und nicht übereinander sprechen. Schon gar nicht in den Medien, wie jüngst geschehen." Nun wollen sie also schweigen. Nicht der schlechteste Vorsatz.
Sammer als ewiger DFB-Jugendwart
Und Matthias Sammer? Hat sich bis auf weiteres für jeden vergleichbaren Job disqualifiziert. Während die Hamburger für ihre ebenso verzweifelte wie peinliche Suche nach einem Sportdirektor nur noch Mitleid verdienen, ist er der große Verlierer dieser Posse. Denn dass Aufsichtsrat Rieckhoff aus welchen Motiven auch immer zu früh und zu viel geplaudert hat, ist der eine Teil der Wahrheit. Der andere Teil ist, dass er es nach wochenlangen Verhandlungen und einem bereits bis in die Details ausgehandelten Vertrag getan hat. Da ist die Hoffnung, dass der Deal kurz vor dem Abschluss steht, nicht völlig abwegig.
Matthias Sammer aber erinnerte sich plötzlich daran, dass er ja noch bis 2013 einen Vertrag beim Deutschen Fußball-Bund und eine Familie in München hat. Und sagte ab. Ein starkes Stück. Seine ohnehin im Kompetenzstreit mit Bundestrainer Joachim Löw geschwächte Position im Verband hat er damit nicht gestärkt. Bereits in den kommenden Tagen droht Sammer eine weitere Schwächung, wenn der DFB den Vertrag seines U-21-Nationaltrainers Rainer Adrion verlängert. So wie es Löw wünscht und gegen den Willen Sammers. Nun bleibt er halt der "ewige DFB-Jugendwart", wie es die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" formulierte. "Ein Mann, der nicht weiß, was er will." Denn, so schreibt die Zeitung weiter: "Wer sich auf Vertragsgespräche einlässt, seinen Anwalt dabei hinzuzieht und sogar sein mögliches Begleitpersonal auf dem Weg zum HSV benannt hat, sollte post festum zumindest nicht die Unschuld vom Lande spielen."
Am Ende können sie in Hamburg sogar froh sein, dass dieser Mann sich gegen sie entschieden hat. Zumal sie ja ab sofort eisern schweigen.
Quelle: ntv.de