Olympia

Gold trotz Quarantäne-Chaos Kombinierer Geiger schüttelt "Riesenscheiß" ab

Dieser Gold-Triumph ist ein ganz spektakulärer: Vinzenz Geiger ist Olympiasieger von der Normalschanze in der Nordischen Kombination. Obwohl er als Kontaktperson des Corona-positiven Eric Frenzel ganz viel Chaos erlebt und nur eingeschränkt trainieren kann. Dieser Sieg könnte der Auftakt für mehr sein.

Einer der ersten Gratulanten ist Eric Frenzel. "Wie geil", schreibt er bei Instagram an Vinzenz Geiger gerichtet. Der war da gerade mit einem lauten Jubelschrei über die Ziellinie gestürmt. "Ich gratuliere dir, was für ein Hammer-Rennen." Dazu postet er ein Bild, das den jubelnden Geiger im chinesischen Fernsehen zeigt. Der Olympiasieger von 2014 und 2018 der Nordischen Kombination von der Normalschanze hat seinen Nachfolger nur im Fernsehen verfolgen können, nicht auf der Loipe von Peking. Ein Drama um den sechsfachen Olympiamedaillen-Gewinner, das auch Geiger zum Verhängnis hätte werden können.

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(Foto: Screenshot: instagram.com/ericfrenzel)

Weil Frenzel und auch Terence Weber bei der Ankunft in Peking positiv auf das Coronavirus getestet werden, müssen sie in Isolation. Als Kontaktperson muss sich auch der in dieser Saison beste Deutsche Geiger in Teil-Quarantäne begeben. Er darf nicht mit dem Team essen, nicht mit dem Team in einen Lift hoch zur Schanze, nicht einmal mit dem Team zum Training fahren.

Immerhin, er darf trainieren - zumindest in der Theorie. Praktisch machen ihm die Organisatoren das Leben schwer. Ein Shuttle soll ihn gesondert zum Training bringen, am Sonntag fährt der Bus aber zum Snowboard, tags darauf wird er viel zu spät am Hotel abgeholt. "Die Organisation hier ist ziemlich miserabel", resümiert er. Geiger verpasst wertvolle Zeit, sich mit der unbekannten Schanze vertraut zu machen.

"So gut gefühlt heute"

Das Chaos zieht sich durch, es kostet Geiger einige Nerven, er macht seinem Ärger auch via Instagram Luft. "Die letzten Tage waren ziemlich psycho", sagt er heute noch einmal. Und: "Das war natürlich alles ein Riesenscheiß, aber viel schlimmer finde ich, dass immer noch Erik und Terence in Isolation sitzen. Da kann ich sehr glücklich sein, dass es mich nicht getroffen hat." Denn er schafft es, all die Widrigkeiten abzuschütteln. So wie seine Konkurrenten in der Loipe.

Nur Elfter ist der 25-Jährige nach dem Springen, 1:25 Minuten Rückstand hat er auf den Sprung-Sieger Ryota Yamamoto. Geigers Teamkollegen Johannes Rydzek und Julian Schmid, die sich als Dritter und Vierter auf die Verfolgung des Japaners machen, sind den Medaillen deutlich näher. Doch Geiger, der zuletzt beim Weltcup in Seefeld siegreich war, wollte sich längst nicht abschreiben lassen: "Mit einem perfekten Lauf ist eine Medaille drin."

Und er liefert ihn, den perfekten Lauf. Rydzek sieht schon wie der Goldmedaillen-Gewinner aus, bevor Geiger und Jörgen Graabak am letzten Anstieg von hinten angestürmt kommen und gnadenlos vorbeiziehen. Geiger schüttelt auch den Norweger entscheidend ab. "Man darf niemals aufgeben, ich habe mich so gut gefühlt heute", sagt der Sieger anschließend im ZDF.

"Besser kann es einfach nicht gehen", rekapituliert er sein Rennen. "Ich habe die zehn Sekunden auf Graabak gleich aufschließen können, konnte ich mich etwas ausruhen. Dann kam das Adrenalin in den Körper rein und dann bin ich einfach nicht blau gegangen." Einen Dank schickt er via ZDF auch an die Techniker: "Das Material war unglaublich gut, ich glaube, wir haben noch nie so gute Ski gehabt."

"Bin sehr skeptisch, leider"

Rydzek, der lange Zeit die kraftraubende Führungsarbeit übernommen hatte, hat der Ski letztlich nicht helfen können. Der Olympiasieger von der Großschanze von 2018 wird noch von drei weiteren Konkurrenten überholt, kommt als Fünfter ins Ziel, Schmid als Achter. Gegen den Turbo von Geiger sind sie machtlos. Trotz dessen kurioser Vorbereitung.

Eine Vorbereitung, die Frenzel und Weber gar nicht erst absolvieren konnten. Genauso wenig wie der Topfavorit Jarl Magnus Riiber und der aufstrebende Este Kristjan Ilves, die ebenfalls infiziert in Isolation geschickt wurden. Vier der Top Sieben im Weltcup fehlten. Schmälert dies Geigers Triumph? Bundestrainer Hermann Weinbuch nannte die Ausfälle "sportlich einen Verlust", aber: "Letztendlich wirst du Olympiasieger - und dann fragt da keiner nach."

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Das isolierte Quartett hofft, doch noch in Peking antreten zu können. In der kommenden Woche stehen der Wettkampf von der Großschanze sowie der Team-Wettbewerb an. "Wir haben ein geniales Team", sagt Geiger. Eins, das nicht nur die beiden Einzel-Goldmedaillen 2018 gewonnen hatte, sondern dominierend auch zum Team-Olympiasieg gestürmt war. Geiger, Rydzek, Frenzel waren da schon dabei, vierter Mann war Fabian Rießle, der nicht für Peking nominiert wurde. Der Team-Wettbewerb wäre ohne weiteren Coronafall im Team gesichert, denn Manuel Faißt ist aus Deutschland nachgereist. Doch erste Wahl wären Frenzel und Weber. Ob sie sich rechtzeitig freitesten können? Da ist Weinbuch unsicher: "Ich bin sehr skeptisch, leider. Einer vielleicht, aber ob alle zwei? Ich weiß es nicht."

Weber hatte sogar schon einen negativen Test, bevor sich die Werte wieder in die falsche Richtung entwickelten. Bei Frenzel immerhin ist die Tendenz positiv, so Teamarzt Stefan Pecher. Positiv sind aber auch seine Tests nach wie vor. Vielleicht aber sorgt das große Happy End von Geiger für den entscheidenden, wundersamen Gesundheitsschub bei Frenzel und Weber. Geiger hat sein Maximum auch dafür gegeben.

Quelle: ntv.de

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