Mit aller Macht zu Olympia Pechstein klagt wieder
15.02.2010, 15:11 UhrSie versucht es immer wieder. Nun stellt die wegen Dopings gesperrte Eisschnellläuferin Claudia Pechstein einen Eilantrag beim Ad-hoc-Gericht des Sportgerichtshofes CAS, um doch noch ihre Teilnahme an den Olympischen Spielen zu erzwingen. Die Bundespolizei, ihr Arbeitgeber, will derweil in Kürze ein Disziplinarverfahren gegen Pechstein eröffnen.
Die Affäre um Claudia Pechstein sorgt auch in Vancouver für Unruhe im deutschen Olympia-Team. Nun hat die fünfmalige Eisschnelllauf-Olympiasiegerin einen Eilantrag beim Ad-hoc-Gericht des Sportgerichtshofes CAS gestellt, um trotz ihrer zweijährigen Doping-Sperre noch den Olympia-Start zu erzwingen. Zudem verschärfte sie ihren Kampf gegen die Internationalen Eisschnelllauf-Union (ISU) mit einer Strafanzeige.
Experten räumen der Berlinerin kaum Chancen auf eine Olympiateilnahme ein. Dennoch meinte ihr Manager Ralf Grengel: "Wenn es eine objektive Beurteilung der vorliegenden Beweise gibt, müssten die CAS-Richter erkennen können, dass Claudia zu Unrecht gesperrt wurde und ihr ein Olympia-Startrecht ermöglichen." Pechstein geht es laut Grengel vor allem um eine Teilnahme im Teamrennen am 26. und 27. Februar.
Unabhängig von der Entscheidung des Ad-hoc-Gerichts muss sich auch die deutsche Teamleitung nach einem Brief Pechsteins nun erneut mit dem ungeliebten Fall beschäftigen. DOSB-Generaldirektor Michael Vesper hatte tags zuvor angekündigt, dass man ihr Schreiben "selbstverständlich beantworten" werde. Jedoch sei "zu dieser Angelegenheit alles gesagt, was es zu sagen gibt". Durch den Ad-hoc-Antrag sehen sich Vesper und Co. nun jedoch erneut zu Statements aufgefordert.
Mit einer Entscheidung des neunköpfigen Ad-hoc-Gerichts ist erst in einigen Tagen zu rechnen. "Es muss jetzt zunächst ein Hearing angesetzt werden, zu dem höchstwahrscheinlich Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees und der Deutschen Olympischen Sportbundes eingeladen werden. Nach diesem Hearing muss die Ad-hoc-Kammer dann innerhalb von 24 Stunden entscheiden", sagte Pechsteins Anwalt Christian Krähe, der den Eilantrag in Vancouver einreichte.
Anzeige wegen Prozessbetrugs
Hintergrund des erneuten juristischen Vorstoßes ist eine angebliche Aussage des Anti-Doping-Experten Pierre-Edouard Sottas, der Pechstein trotz ihres abnormalen Retikulozyten-Profils plötzlich vom Doping-Vorwurf entlastet haben soll. In einer E-Mail an Pechstein-Anwalt Simon Bergmann soll Sottas dargelegt haben, er schätze "die Wahrscheinlichkeit, ein solches Profil aufgrund von Doping zu erhalten, speziell auf den Wettkampf in Hamar bezogen, als gering ein". Die 37-Jährige hat daher ihre Strafanzeige gegen die ISU sowie deren Anwälte Gerhardt Bubnik und James L. Hawkins wegen Prozessbetrugs bereits auf den Weg gebracht.

Die fünfmalige Olympiasiegerin will auch in Vancouver an den Start gehen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Aufgrund der auffälligen Blutwerte bei der Mehrkampf-WM in Hamar am 7. Februar 2009 hatte die ISU Pechstein Ende Juni 2009 mit einer zweijährigen Sperre belegt. Strafrechtlich relevant werden könnte die Aussage von Sottas aus Sicht des Pechstein-Lagers, da dessen Einschätzung dem Weltverband bereits bekanntgewesen sein soll, bevor Pechstein gesperrt wurde. Die ISU hatte ihre Anklage maßgeblich auf ein Gutachten von Sottas gestützt, in dem der Bio-Statistiker der Welt-Anti-Doping-Agentur Pechstein abnormale Retikulozytenwerte bescheinigte.
Wider besseres Wissen?
Sottas soll in seiner Mail behaupten, er habe die ISU bereits im Juni, während der Verhandlung vor dem Schiedsgericht, darauf hingewiesen, dass er eine medizinische Ursache für wahrscheinlicher halte als Doping. "Diese Vorgehensweise erfüllt aus unserer Sicht den Straftatbestand des Prozessbetruges", erläuterte Pechsteins Anwalt Simon Bergmann. "Die ISU-Verantwortlichen haben wider besseres Wissen sowohl ihre eigenen Verbands-Schiedsrichter als auch die CAS- Richter arglistig getäuscht und bis zuletzt in dem Glauben gelassen, Gutachter Sottas sei fest davon überzeugt, meine Mandantin habe gedopt."
Pechstein kommentierte: "Dass der Verband bewusst Beweismaterial unterdrückt, das mich entlastet, macht mich fassungslos". Es sei beschämend und schockierend zugleich, dass die ISU zu solchen Mitteln greife, um ihre Verurteilung zu erwirken.
Disziplinarverfahren der Bundespolizei
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bestätigte derweil in Vancouver, dass das Disziplinar-Verfahren gegen Claudia Pechstein bei der Bundespolizei nun eingeleitet wird: "Das Urteil ist nun rechtskräftig. Wir werden jetzt daran gehen, das Verfahren einzuleiten." Zur Dauer des Verfahrens sagte er: "Dies ist jedoch keine Sache von ein, zwei Tagen. Das kann gut noch einige Wochen dauern."
In der Vorwoche hatte das Schweizer Bundesgericht Pechsteins Beschwerde gegen das Urteil des Sportgerichtshofes CAS abgelehnt und die Zwei-Jahres-Sperre der Berliner Eisschnelllauf-Olympiasiegerin bestätigt.
Quelle: ntv.de, dpa