Demokratiebekenntnis gefordert Sportler sollen sich bekennen
07.08.2012, 19:20 Uhr
Mit der aktuellen Debatte um die Ruderin Drygalla soll die Neuordnung der Förderrichtlinien aber nichts zu tun haben.
(Foto: REUTERS)
Wer sich künftig in Deutschland als Spitzensportler fördern lassen will, sollte sich ausdrücklich zur Demokratie bekennen. Das plant das Bundesinnenministerium. Allerdings werden bei der Umsetzung einer entsprechenden Richtlinie Probleme erwartet. Der Schweriner Innenminister Caffier befürchtet "Gesinnungsschnüffelei", die er nicht dulden werde.
Das Bundesinnenministerium erwägt die Aufnahme eines "Demokratiebekenntnisses" in die Förderrichtlinien für Spitzensportler. Entsprechende Überlegungen gebe es bereits seit Ende 2011, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Der Diskussionsprozess sei aber "noch nicht abgeschlossen", auch seien die Überlegungen keine Reaktion auf den aktuellen Fall der .
Das Ministerium widersprach damit der "Leipziger Volkszeitung", die eine Verbindung zwischen den Plänen und dem Fall Drygalla nahegelegt hatte. Der Sprecher verwies darauf, dass die Richtlinien für die Mittelzuweisungen an die Sport-Spitzenverbände regelmäßig überarbeitet würden. Im Zuge der aktuellen Überarbeitung werde seit Ende vergangenen Jahres über die Aufnahme eines Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nachgedacht.
Umsetzung ist noch unklar
Unklar sei aber unter anderem, wie eine solche mögliche Regelung praktisch umgesetzt werden könnte. Das Ministerium habe Rechtsbeziehungen nur mit den Sportverbänden, sagte der Sprecher. Diese wiederum müssten mit den Sportvereinen entsprechende Regelungen finden. Die Vereine ihrerseits müssten die möglichen Vorgaben dann mit ihren einzelnen Mitgliedern umsetzen.
Der Sprecher erinnerte zugleich an eine vom Innenministerium in Auftrag gegebene Studie von 2009, der zufolge auch der deutsche Sport vom Rechtsextremismus betroffen ist. Als Reaktion habe der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) die Kampagne "Foul von Rechtsaußen - Sport und Politik vereint für Toleranz und Menschenwürde" ins Leben gerufen. Ziel sei, ein Beratungsnetzwerk für die Sportvereine zu schaffen.
Schweriner Landesregierung stützt Drygalla

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Caffier und Regierungschef Sellering in der Schweriner Staatskanzlei.
(Foto: dpa)
Parallel zu der Diskussion hat sich Mecklenburg-Vorpommerns Innen- und Sportminister Lorenz Caffier gegen eine strengere Überprüfung von Spitzensportlern und ihres persönlichem Umfeldes ausgeschlossen. "Ich werde momentan nichts zustimmen, wo wir in das System der Gesinnungsschnüffelei zurückfallen", sagte der CDU-Politiker in Schwerin.
Ministerpräsident Erwin Sellering vertritt zudem die Meinung, "dass eine Beziehung allein nicht reicht, sondern dass es auf den Menschen selbst ankommt, was er getan hat", sagte der SPD-Politiker nach einer Kabinettssitzung in Schwerin. Caffier informierte die Minister des Bundeslandes über den Fall Drygalla. Dabei nahm er sein Ministerium in Schutz, dem Versäumnisse bei der Weitergabe von Informationen über Drygallas Beziehung zu einem Rostocker Rechtsextremisten vorgeworfen worden war.
Sellering: Nominierung vertretber
Nach Ansicht Sellerings war die Olympia-Nominierung vertretbar. "Erkenntnisse, dass sie persönlich aktiv rechtes Gedankengut vertritt, gibt es nicht", hob er hervor. Auf ihre Beziehung zu Fischer angesprochen, hatte Drygalla bereits im vergangenen Jahr ihre Ausbildung bei der Landespolizei abgebrochen und war aus der Sportfördergruppe ausgeschieden. Anschließend hatte sie sich mit deutlichen Worten von der rechten Szene distanziert.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte sich am Montag in London kritisch zum Umgang mit der Ruderin geäußert. "Steht es uns als Öffentlichkeit eigentlich wirklich zu, den Freundeskreis von Sportlerinnen und Sportlern zu screenen, zu gucken, was da los ist?" fragte der CDU-Politiker. Im Fall Drygalla sehe er eine Grenze überschritten.
Das Innenministerium wusste nach eigenen Angaben schon Mitte 2011 über die Beziehung Drygallas Bescheid und hatte das Gespräch mit der 23-Jährigen aus dem Deutschland-Achter der Frauen gesucht. Bei der Nominierung Drygallas für Olympia war den Sportfunktionären der Fall offenbar nicht bekannt.
Die Rudererin hatte in der vergangenen Woche die Olympischen Spiele in London . Zuvor war bekannt geworden, dass ihr Freund der ehemalige Rostocker NPD-Landtagskandidat Michael Fischer ist. Fischer war im Mai aus der rechtsextremen Partei ausgetreten, wie die NPD zwischenzeitlich bestätigte. Drygalla selbst hatte sich vom rechtsextremistischen Gedankengut distanziert. Dennoch hatte der Fall eine Debatte um Rechtsextremismus im Sport ausgelöst.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP