Technik

Netzneutralität in Gefahr Bundesregierung warnt die Telekom

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Rote Ampeln fürs Netz - oder für die Telekom?

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Telekom-Pläne für Daten-Obergrenzen im Festnetz sorgen für Ärger bei Nutzern - und bei der Bundesregierung. Wirtschaftsminister Rösler weist Konzernchef Obermann darauf hin, dass die Behörden das Vorhaben "sehr sorgfältig verfolgen". Die Bundesnetzagentur prüft das Konzept bereits.

Die Bundesregierung hat die Pläne der Deutschen Telekom, Obergrenzen für das Datenvolumen im Festnetz einzuführen, scharf kritisiert. Wirtschaftsminister Philipp Rösler zeigte sich in einem Brief an Telekom-Chef René Obermann besorgt. Der FDP-Chef warnte vor möglichen Einschränkungen für Flatrate-Kunden. Die Telekom sprach von einer "fairen Lösung".

Bundesregierung und Wettbewerbsbehörden würden "die weitere Entwicklung in Bezug auf eine eventuell unterschiedliche Behandlung eigener und fremder Dienste unter dem Aspekt der Netzneutralität sehr sorgfältig verfolgen", zitierte Spiegel Online aus Röslers Schreiben an Obermann. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es, die Bundesnetzagentur prüfe das geplante Modell bereits mit Blick auf die Netzneutralität. Der Begriff bezeichnet den Zugang zu Netzressourcen ohne Diskriminierung.

Ihren eigenen Videodienst Entertain will die Telekom beim Verbrauch des Daten-Kontingents nicht berücksichtigen. Bei Konkurrenten wie Apple oder Amazon wäre das nach aktuellem Stand anders. Ihre Kunden könnten entsprechend früher an die Volumen-Obergrenzen stoßen und eventuell mehr bezahlen müssen.

"Netzneutralität wird mit Gratis-Kultur verwechselt"

Die Deutsche Telekom betonte, sie teile die Ziele der Bundesregierung zur Netzneutralität. "Die Telekom steht für das freie und offene Internet: Netzneutralität wird in der Debatte teilweise mit einer Gratis-Internetkultur verwechselt", sagte ein Sprecher. Er verteidigte ausdrücklich die Pläne angesichts anstehender Milliarden-Investitionen in die Netz-Infrastruktur. "Die Alternative wäre gewesen, die Preise pauschal für alle Kunden zu erhöhen." Nach Vorstellung der Telekom sollten stattdessen nur Kunden, die überdurchschnittlich viel Hochgeschwindigkeits-Internet nutzen, zur Kasse geben werden. "Eine faire Lösung, finden wir."

Am Mittwoch meldete sich der Videodienst Watchever als erster Telekom-Wettbewerber kritisch zu Wort. "Die Entwicklung des Internet ging immer von langsam zu schnell und von der Beschränkung hin zur kundenfreundlichen Flatrate. Komplizierte Volumentarife mit zahlreichen Einschränkungen im Kleingedruckten haben in der Vergangenheit nicht funktioniert", sagte Geschäftsführerin Sabine Anger. Watchever lasse dem Kunden freie Wahl und stelle das Angebot ohne jede Einschränkung bereit - "das ist der Weg für erfolgreiche Geschäftsmodelle im Internet". Bei der im Januar gestarteten Tochter des französischen Vivendi-Konzerns gibt es für 8,99 Euro im Monat eine Streaming-Flatrate für Filme und Serien.

"Unterschiedlicher Datenstrom auf der gleichen Leitung"

Die Telekom sieht das hauseigene Angebot Entertain als Ausnahme, weil es ein "Managed Service" sei, bei dem der Konzern die Qualität garantiere. Auch andere Videodienste könnten gegen extra Bezahlung von der Telekom einen "Managed Service" bekommen und dann würden auch ihre Daten nicht mitgerechnet. "Entertain ist ein unterschiedlicher Datenstrom auf der gleichen Leitung und deshalb ein Managed Service und kein regulärer Internetverkehr", sagte der Telekom-Sprecher. Reguläre Internetdienste würden diskriminierungsfrei behandelt.

Die Telekom hatte am Montag angekündigt, dass für Neukunden vom 2. Mai an Obergrenzen für den monatlichen Datenverkehr bei Festnetz-Flatrates gelten werden. So kann die Telekom bei Leitungen mit einer Geschwindigkeit bis 16 Megabit pro Sekunde die Geschwindigkeit drosseln, wenn das Datenvolumen 75 Gigabyte überschreitet. Die Tempo-Bremse solle nach derzeitigen Planungen aber erst 2016 greifen. Die Ankündigung wurde von vielen Kunden und Netzpolitikern als Verstoß gegen die Netzneutralität kritisiert.

Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner sagte Spiegel Online, in den neuen Tarifen sei kein Fortschritt für die Kunden zu erkennen. "Die Telekom muss aufpassen, dass sie nicht übers Ziel hinausschießt. Flatrates derart zu begrenzen, ist sicher nicht verbraucherfreundlich", kritisierte sie. Die Telekom argumentiert, mit der neuen Regelung müssten nur diejenigen Kunden mehr bezahlen, die tatsächlich ein sehr hohes Datenvolumen nutzen.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa

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